Grauenhafte Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland
In der Stadtkirche wurde der Internationale Holocaust-Gedenktag mit Texten und Melodien begangen
- Mit einer ebenso beeindruckenden wie bedrückenden Lesung ist der internationale Holocaust-Gedenktag begangen worden. Im Mittelpunkt der zum größten Teil erschütternden Texte stand Griechenland, wo die deutsche Wehrmacht von 1941 bis 1944 grauenhafte Verbrechen begangen hat. Die Überschrift in der Aalener Stadtkirche lautete denn auch „Hakenkreuz über der Akropolis – der lange Schatten der Vergangenheit“.
Trotz des traurigen Anlasses für einen musikalischen Leckerbissen sorgte das Musikensemble Kinisis aus Offenbach mit Melodien des weltbekannten griechischen Komponisten und Widerstandskämpfers Mikis Theodorakis zu Texten des ehemaligen KZ-Häftlings Iakovos Kambanellis.
Die Musik wurde in die Lesung eingestreut und half so mit, das Grauen, von dem hier berichtet wurde, auszuhalten und zu verarbeiten. Insgesamt war es eine würdige Veranstaltung.
Entscheidenden Anteil hatten daran nicht zuletzt Herma Geiß und Rüdiger Walter, in deren Händen die Konzeption lag und die für die Texte verantwortlich waren, die das furchtbare Geschehen vor fast acht Jahrzehnten den tief beeindruckten Zuhörerinnen und Zuhörern vor Augen führte. Veranstalter waren die evangelische Kirchengemeinde Aalen, der Verein „Gegen Vergessen – für Demokratie“und das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“Aalen. Das Wüten der deutschen Wehrmacht in Griechenland schilderten als Sprecherin und Sprecher im Wechsel Philipp Dürschmied und Tonio Kleinknecht vom
Theater der Stadt Aalen und Angela Vogelsang sowie Michael Fitzner vom Bürgerchor.
Bogen in die Gegenwart
Die blutige Bilanz der deutschen Terrorherrschaft: Rund 400 000 Opfer von Kriegsverbrechen auf griechischem Boden, Hungertote, ermordete Juden, Geiseln und Kriegsgefangene, nicht eingerechnet die Griechen, die bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind. Somit 300 Morde an jedem Tag der Besatzung. Die traurige Gegenrechnung: Die deutsche Nachkriegsjustiz hat kein einziges Kriegsverbrechen auf griechischem Boden geahndet, nur ein Fall ist überhaupt vor Gericht gekommen – und hat mit einem Freispruch geendet.
Die Texte blieben aber nicht in der fernen Vergangenheit stehen, sie schlugen einen Bogen in die jüngste Vergangenheit und in die Gegenwart. Denn als Griechenland 2015 am Rande der Zahlungsunfähigkeit stand und Stützungskredite brauchte, habe ein dumpfer Widerhall der alten Nazischmähung vom, wie es damals wörtlich hieß, „Sauvolk der Schieber, Nichtstuer und Korrupteure“die deutsche Gesellschaft eingeholt. Mit der Regierungsübernahme durch die linke Syriza sei ein Trommelfeuer der Griechenland-Beschimpfung in der deutschen Öffentlichkeit losgebrochen. Die Rede sei von den „faulen Griechen“und von den „Betrügern in der EuroFamilie“gewesen. Seither, so die Schlussfolgerung der Verfasser der Texte, sei der Geist aus der Flasche. Die Sprache von Hass und Verachtung habe sich zwar neue Ziele gesucht. Aber Falschmeldungen und Beschimpfungen
von Politikern seien zu allgegenwärtigen Phänomen geworden.
Zu Beginn der rund zweistündigen Veranstaltung, an der OB Thilo Rentschler und Dekan Ralf Drescher teilnahmen, hatte Pfarrer Bernhard Richter an das Wort von Jean Amery erinnert, wonach niemand aus der Geschichte seines Volkes aussteigen könne. Dass viele Jugendliche in Deutschland mit Auschwitz und dem Holocaust nichts anfangen könnten, unterstreiche, wie wichtig eine Kultur des Erinnerns sei. „Wir dürfen nie aufhören, an die Grausamkeiten zu erinnern!“Es gelte, wachsam zu bleiben und aufzustehen, denn es dürfe keinen Schlussstrich geben. Richter: „Stehen wir zusammen für ein Gemeinwesen, das sich der Geschichte stellt, wachsam bleibt und um seine besondere Verantwortung weiß!“