Arme schlechte Banken!
Die zweite Staffel von „Bad Banks“zieht das Tempo nochmals an, schwächelt aber im Plot
Im Jahr 2018 gelang der TV-Serie „Bad Banks“etwas, was nur wenigen zuvor vergönnt war: Der Sechsteiler lief auf der Berlinale, wurde mehrfach ausgezeichnet und – was heute als wichtiger Gradmesser für den Erfolg gilt – ins Ausland verkauft. Dass es eine zweite Staffel um die vom Ehrgeiz getriebene junge Bankerin Jana Liekam (Paula Beer) und die skrupellose Old Lady des Bankgeschäfts, Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch), geben würde, stand außer Frage. Nach zwei Jahren kommt diese nun ins Fernsehen. Die Banker kämpfen darin mit ungleich härteren Bandagen, das Tempo ist schwindelerregend – nur der Plot schwächelt. Die Welt der Hochfinanz bleibt, wie viele Bankkunden sie von jeher erleben: undurchschaubar.
Die zweite Staffel setzt ein halbes Jahr nach dem fulminanten Ende der ersten ein. Nach der kapitalen Bankenkrise fühlt sich die Deutsche Global Invest (die wohl die Deutsche Bank zum Vorbild hat) von den verschärften Auflagen der Politik gegängelt. Bewegliche Start-ups, die auf neue Formen des Anlagegeschäfts setzen, sind am Markt gefragt. Das erkennt auch die ausgebremste Leiterin des Investmentbankings Leblanc. Das Fintech-Unternehmen GreenWallet, das auf nachhaltiges und soziales Investment setzt, soll sich der Großbank anschließen. Und Jana, die sich vor allem an ihrer Widersacherin Leblanc rächen möchte, spielt das Spiel mit. Sie überredet den charismatischen Chef von GreenWallet, Ben Kaufmann (Noah Saavedra), zur Fusion. Vollbärtige IT-Gurus mit Bambus-to-go-Tasse in der Holzkiste ziehen in den Inkubator ein, die Start-up-Schmiede der Global Invest im hippen Berlin.
Frankfurt ade also, im gar nicht mehr so armen Berlin spielt die neue Musik der Hochfinanz. Das hört sich spannend an, vor allem, weil ein Thema wie nachhaltige Geldanlagen derzeit heiß diskutiert werden. Ebenso wie die FinTech-Start-ups, die – Algorithmus sei Dank – den Bankberater bald überflüssig erscheinen lassen.
„Bad Banks“-Erfinder und Drehbuchautor Oliver Kienle hatte also den richtigen Riecher, als er an der Fortsetzung schrieb. Nur: So richtig will die Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen nicht in Gang kommen. Die Computerfreaks von GreenWallet lockern den Arbeitsalltag mit Yogaübungen auf, pressen sich einen Smoothie an der Theke bevor sie zurück an ihren Arbeitsplatz gehen – um noch einmal was genau zu tun? Wahlweise sitzen sie in Meetings, in denen Jana als neue Chefin Durchhalteparolen in die Runde ruft. Oder hämmern auf die Tastatur ein. Der Einzige, der in diesem Start-up einer nachvollziehbaren Arbeit nachgeht, ist der sogenannte Coder, Shantimay, ein indisch-stämmiger IT-Freak, der innerhalb einer Woche den ultimativen Algorithmus schreiben soll. Mit mehr Details soll der Zuschauer wohl nicht belastet werden. Schade, etwas mehr Wissbegier könnte man schon voraussetzen.
Das Schlachtfeld, auf dem dann auch tatsächlich gemeuchelt wird, findet sich in den persönlichen Beziehungen der Protagonisten. Jeder kämpft mit jedem und jeder gegen jeden. Allianzen werden im Minutentakt geschmiedet und zerbrechen ebenso schnell. Bald mischt neben Jana und Leblanc, dem herrlich schmierigen Quirin Sydow (Tobias Moretti) auch der aus dem Gefängnis entlassene Gabriel Fenger (Barry Atsma), Sündenbock der ersten Staffel, wieder mit. Er ist der Einzige, der noch so etwas wie ein moralisches Gewissen zu besitzen scheint. Die anderen, man ahnt es von Anfang an, lächeln müde bei dem Gedanken an Dinge wie Loyalität oder nachhaltige Fonds. Auch das Dreiergespann der jungen Banker um Jana hat gelernt, wie man im Haifischbecken überlebt. Und so wissen bald weder Thao (Mai Duong Kieu) noch Adam (Albrecht Schuch), ob sie sich gegenseitig trauen können.
Als Thriller funktioniert „Bad Banks“auch in der zweiten Staffel. Regisseur Christian Zübert kreiert den Thrill durch die völlig von der Außenwelt abgeschlossene, fast schon klaustrophobisch anmutende Bankenwelt. Und durch das ständige Überschreiten der Grenzen. Alle handeln wie im Rausch. Der Erhalt der Macht erfordert immer drastischere Maßnahmen, Drogen lassen Hemmungen schneller vergessen. Arme schlechte Bankenwelt!
Wer allerdings einen Einblick in die Welt des Bankgeschäfts und die Herausforderungen an die Branche erwartet, der wird enttäuscht. Was schade ist. Denn auch wenn ein Spielfilm keine Dokumentation sein soll: So ein paar Einsichten hätte man sich nach fünf Stunden „Bad Banks“doch gewünscht – außer der, dass die Welt im Allgemeinen böse, und die der Banker besonders böse ist.