16-Jährige darf voll verschleiert im Unterricht erscheinen
Hamburger Schulbehörde scheitert mit Verbot vor Gericht – Nun wollen alle Parteien schnell die gesetzliche Grundlage ändern
(dpa) - Nachdem das Hamburgische Oberverwaltungsgericht das Tragen eines Gesichtsschleiers in der Schule gestattet hat, drängt Schulsenator Ties Rabe (SPD) auf eine schnelle Änderung des Hamburger Schulgesetzes.
„In der Schule gehört es sich, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler ein offenes freies Gesicht haben, nur so kann Schule und Unterricht funktionieren“, sagte Rabe am Montag in Hamburg. „Und deswegen werden wir jetzt zügig das Schulgesetz ändern, damit das auch in Zukunft gewährleistet ist.“
Auch die Hamburger Grünen unterstützen den Vorstoß der SPD. „Burka und Nikab sind für mich Unterdrückungssymbole“, sagte die Zweite Bürgermeisterin, Katharina Fegebank. Für einen erfolgreichen Schulunterricht brauche es eine gute
Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Schülern und Lehrern. Zuvor hatten bereits die Hamburger CDU, FDP und AfD ein Verbot von Nikabs und Burkas im Unterricht gefordert.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hatte am Montag die
Aufhebung des Vollverschleierungsverbots gegen eine Hamburger Schülerin bestätigt. Eine Beschwerde der Stadt gegen eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts wurde zurückgewiesen, wie das Gericht mitteilte.
Die 16-Jährige besucht laut Medienberichten seit August 2019 eine Berufsschule in Hamburg. Seit etwa einem Jahr legt die Muslima, Tochter eines Ägypters und einer zum Islam konvertierten Deutschen, den Nikab nur zu Hause oder bei Freundinnen ab. Weil für die Schulleitung eine Teilnahme am Unterricht nur mit unverhülltem Gesicht infrage kam, musste sie getrennt von ihren Mitschülern in einem Nebenraum sitzen.
Nach gegenwärtiger Rechtslage könne von der Schülerin nicht verlangt werden, während des Schulbesuchs auf eine Gesichtsverhüllung zu verzichten, urteilte das Oberverwaltungsgericht. Für Eingriffe in dieses Grundrecht bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage. „Eine solche sieht das hamburgische Schulgesetz gegenwärtig nicht vor.“
„Die Verschleierung verletzt die Menschenwürde der Frau und ist
Ausdruck von Sexismus“, meinte die Geschäftsführerin der Organisation Terre des Femmes, Christa Stolle. Insbesondere öffentliche Bildungseinrichtungen müssten ein sicherer und neutraler Ort der freien Entwicklungsund Entfaltungsmöglichkeit sein. Der Deutsche Lehrerverband forderte ein Verbot von Gesichtsschleiern nicht nur in Schulen, sondern in allen Bildungseinrichtungen.
In Schleswig-Holstein löste ein ähnlicher Fall Streit im Landtag aus. Die Universität Kiel hatte einer muslimischen Studentin die Vollverschleierung in Lehrveranstaltungen verboten. Sie kam trotzdem immer wieder verschleiert zu Veranstaltungen. Die Uni bat das Land deshalb, eine Regelung zu schaffen, die ein Verbot möglich machen würde. Dagegen hatten sich jedoch die Grünen im Kieler Landtag in der vergangenen Woche einstimmig ausgesprochen.