40 Cent pro Kilo
Regierungsberater erwägen Fleischsteuer – Expertengremium informiert am Freitag Ministerium
- Durch eine zusätzliche Steuer könnten Fleisch und andere tierische Produkte künftig teurer werden. Entsprechende Ideen hat nun auch ein Beratungsgremium von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) formuliert. Demnach stiege der Preis für ein Kilogramm Fleisch beispielsweise um 40 Cent. Ob die Regierung den Vorschlag übernimmt, ist derzeit unklar.
Das sogenannte Kompetenznetzwerk für Nutztierhaltung, das Klöckner 2019 einberufen hat, tritt an diesem Freitag zusammen, um Ratschläge an das Ministerium zu formulieren. Der Entwurf, über den zuerst die „Neue Osnabrücker Zeitung“berichtete, trifft auf die laufende Debatte über höhere Lebensmittelpreise. Viele Bäuerinnen und Bauern beklagen, dass die Endkundenpreise bei Supermärkten und Discountern nicht ihre Produktionskosten decken. Außerdem geht es darum, die Landwirtschaft umweltund klimafreundlicher zu gestalten.
Im Netzwerk arbeitet das Ministerium mit Landwirtschaftsverbänden und Wissenschaftlern zusammen. Der Tierschutzbund ist ausgetreten. Im aktuellen Entwurf wird unter anderem eine zusätzliche Verbrauchssteuer erwogen. Neben den 40 Cent pro Kilo Fleisch könnte diese 15 Cent pro Kilo Käse und Butter, beziehungsweise zwei Cent pro Kilo Milch und Eier betragen. Angesichts des durchschnittlichen Fleischverzehrs
in Deutschland von etwa 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr, führte die Fleischsteuer rechnerisch zu Mehrkosten von 24 Euro, die die Verbraucherinnen und Verbraucher tragen müssten.
Mehrausgaben für Milch, Eier, Käse und andere Produkte kämen hinzu. Den Überlegungen des Netzwerks zufolge sollten die Einnahmen von mehreren Milliarden Euro jährlich in den Bundeshaushalt fließen und von dort an die Landwirte umverteilt werden. Diese erhielten dann beispielsweise finanzielle Unterstützung, um ihre Ställe tiergerechter zu machen und die Zahl des Viehs zu verringern.
Höhere Preise infolge einer Steuer können grundsätzlich dazu führen, dass der Verbrauch leicht sinkt. Das verursacht Einnahmeausfälle bei den Bauern, die durch staatliche Hilfen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Wenn der Tierbestand abnimmt, haben die einzelnen Tiere möglicherweise mehr Platz, kommen öfter nach draußen und wachsen gesünder auf. Das dient dem Klimaschutz, weil weniger Gülle auf die Felder gekippt und weniger Nitrat ins Grundwasser sickert. Außerdem steigt die Qualität des Fleisches in den Geschäften.
An den grundsätzlich zu niedrigen Verkaufspreisen für Fleisch und andere Lebensmittel sowie der schlechten Ertragssituation vieler Landwirte ändert ein solcher Aufschlag aber erst mal nichts. Der finanzielle Ausgleich kompensiert nur die zusätzlichen Umsatzeinbußen infolge höherer Preise.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium wollte am Donnerstag keinen Kommentar abgeben. Beim Bauernverband, der im Netzwerk mitwirkt, hieß es, der Vorschlag sei „noch nicht mit allen Beteiligten abgestimmt“. Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Bauernverbands, sagte: „Nach dem jetzigen Stand liegt die Kernfrage aber nicht bei Abgaben oder Steuern.“Vor allem gehe es darum, wie eine „Förderung höherer Tierwohlstandards auf der Ebene des Landwirts gestaltet werde“.
„Gute Lebensmittel und nachhaltige Landwirtschaft haben ihren Preis“, sagte Schleswig-Holsteins Agrarminister Jan Philipp Albrecht (Grüne). Die in den Niederlanden ansässige „Koalition für ehrliche Fleischpreise“(Tappc) forderte währenddessen eine EU-weite Fleischsteuer, um die Preise um etwa 25 Prozent anzuheben.