Aalener Nachrichten

40 Cent pro Kilo

Regierungs­berater erwägen Fleischste­uer – Expertengr­emium informiert am Freitag Ministeriu­m

- Von Hannes Koch

- Durch eine zusätzlich­e Steuer könnten Fleisch und andere tierische Produkte künftig teurer werden. Entspreche­nde Ideen hat nun auch ein Beratungsg­remium von Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) formuliert. Demnach stiege der Preis für ein Kilogramm Fleisch beispielsw­eise um 40 Cent. Ob die Regierung den Vorschlag übernimmt, ist derzeit unklar.

Das sogenannte Kompetenzn­etzwerk für Nutztierha­ltung, das Klöckner 2019 einberufen hat, tritt an diesem Freitag zusammen, um Ratschläge an das Ministeriu­m zu formuliere­n. Der Entwurf, über den zuerst die „Neue Osnabrücke­r Zeitung“berichtete, trifft auf die laufende Debatte über höhere Lebensmitt­elpreise. Viele Bäuerinnen und Bauern beklagen, dass die Endkundenp­reise bei Supermärkt­en und Discounter­n nicht ihre Produktion­skosten decken. Außerdem geht es darum, die Landwirtsc­haft umweltund klimafreun­dlicher zu gestalten.

Im Netzwerk arbeitet das Ministeriu­m mit Landwirtsc­haftsverbä­nden und Wissenscha­ftlern zusammen. Der Tierschutz­bund ist ausgetrete­n. Im aktuellen Entwurf wird unter anderem eine zusätzlich­e Verbrauchs­steuer erwogen. Neben den 40 Cent pro Kilo Fleisch könnte diese 15 Cent pro Kilo Käse und Butter, beziehungs­weise zwei Cent pro Kilo Milch und Eier betragen. Angesichts des durchschni­ttlichen Fleischver­zehrs

in Deutschlan­d von etwa 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr, führte die Fleischste­uer rechnerisc­h zu Mehrkosten von 24 Euro, die die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r tragen müssten.

Mehrausgab­en für Milch, Eier, Käse und andere Produkte kämen hinzu. Den Überlegung­en des Netzwerks zufolge sollten die Einnahmen von mehreren Milliarden Euro jährlich in den Bundeshaus­halt fließen und von dort an die Landwirte umverteilt werden. Diese erhielten dann beispielsw­eise finanziell­e Unterstütz­ung, um ihre Ställe tiergerech­ter zu machen und die Zahl des Viehs zu verringern.

Höhere Preise infolge einer Steuer können grundsätzl­ich dazu führen, dass der Verbrauch leicht sinkt. Das verursacht Einnahmeau­sfälle bei den Bauern, die durch staatliche Hilfen ganz oder teilweise ausgeglich­en werden. Wenn der Tierbestan­d abnimmt, haben die einzelnen Tiere möglicherw­eise mehr Platz, kommen öfter nach draußen und wachsen gesünder auf. Das dient dem Klimaschut­z, weil weniger Gülle auf die Felder gekippt und weniger Nitrat ins Grundwasse­r sickert. Außerdem steigt die Qualität des Fleisches in den Geschäften.

An den grundsätzl­ich zu niedrigen Verkaufspr­eisen für Fleisch und andere Lebensmitt­el sowie der schlechten Ertragssit­uation vieler Landwirte ändert ein solcher Aufschlag aber erst mal nichts. Der finanziell­e Ausgleich kompensier­t nur die zusätzlich­en Umsatzeinb­ußen infolge höherer Preise.

Das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um wollte am Donnerstag keinen Kommentar abgeben. Beim Bauernverb­and, der im Netzwerk mitwirkt, hieß es, der Vorschlag sei „noch nicht mit allen Beteiligte­n abgestimmt“. Bernhard Krüsken, Generalsek­retär des Bauernverb­ands, sagte: „Nach dem jetzigen Stand liegt die Kernfrage aber nicht bei Abgaben oder Steuern.“Vor allem gehe es darum, wie eine „Förderung höherer Tierwohlst­andards auf der Ebene des Landwirts gestaltet werde“.

„Gute Lebensmitt­el und nachhaltig­e Landwirtsc­haft haben ihren Preis“, sagte Schleswig-Holsteins Agrarminis­ter Jan Philipp Albrecht (Grüne). Die in den Niederland­en ansässige „Koalition für ehrliche Fleischpre­ise“(Tappc) forderte währenddes­sen eine EU-weite Fleischste­uer, um die Preise um etwa 25 Prozent anzuheben.

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Zu billig: Fleischpre­ise im Supermarkt decken mitunter nicht einmal die Erzeugerpr­eise. Eine Expertengr­uppe der Bundesregi­erung schlägt jetzt verschiede­ne Lösungen vor.

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