Uniklinik Ulm zieht Konsequenzen aus Frühchen-Skandal
Einrichtung verstärkt Kontrollen und reduziert Betten – Täter nach wie vor nicht gefasst
- Udo X. Kaisers, der Vorstand des Ulmer Uniklinikums, spricht nach der Vergiftung von fünf Neugeborenen auf der Frühchenstation von einer „gravierenden Situation“. Noch immer ist unklar, wer den Babys kurz vor Weihnachten das Schmerzmittel Morphin verabreicht hat. Sie befanden sich in teils lebensbedrohlichem Zustand, Ärzte konnten sie jedoch retten. Sechs Mitarbeiter bleiben suspendiert. Der Weg zurück an ihre Arbeitsplätze sei weiter möglich. Unter Bedingungen allerdings.
Sollte sich der Verdacht, den die Ermittler nach wie vor gegen die sechs Klinik-Mitarbeiter hegen, nicht aufrecht erhalten lassen, sollen die derzeit Freigestellten wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren können. Eine Vorverurteilung der vier
Schwestern und zwei Ärztinnen, die in besagter Nacht Schicht hatten, finde nicht statt, so Professor Udo X. Kaisers. Er gehe weiter davon aus, so Kaisers am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, dass die Ermittler den oder die Schuldigen finden. Doch wenn nicht?
Dies, so Kaisers, wäre für alle Beteiligten sowie die Klinik der schlimmste Fall. Dass die sechs freigestellten Mitarbeiter aber auch dann wieder in der Klinik arbeiten könnten, deutete Kaisers zumindest an.
Aus dem ungelösten Morphin-Krimi, in dessen Zuge eine der vier Krankenschwestern wegen einer LKAPanne verhaftet, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt wurde (wir haben berichtet), hat die Klinik nun Konsequenzen gezogen. Zum Schutz von Patienten in der Kinderklinik gibt es künftig unter anderem routinemäßige
Analysen von Urinproben bei Patienten mit ungewöhnlichem Verlauf und verschärfte Kontrolle des Zugangs zu Betäubungsmitteln über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Zudem werden alle Milchfläschchen und -spritzen verplombt, der Zugang zu den Milchküchen beschränkt und die Streifen des Sicherheitsdienstes intensiviert.
In der Universitätsklinik waren in der Nacht auf den 20. Dezember gegen 1 Uhr fünf Säuglinge in lebensbedrohlichem Zustand auf die Intensivstation gekommen. Urinproben ergaben später eine Morphinvergiftung bei allen fünf.
Der Betrieb auf der Frühchenstation laufe, so Kaisers, wieder normal. Der Raum, in dem die Babys lagen, sei grundgereinigt und jetzt wieder belegt worden. Weil die sechs Mitarbeiter fehlen, habe die Kinderklinik allerdings die Bettenzahl reduziert. Kaisers wies am Donnerstag den Vorwurf zurück, die Klinik habe die Staatsanwaltschaft zu spät über den MorphinFund informiert. Dies war am 17. Januar geschehen. Dass es Morphin sein muss, das für den Zustand der Babys verantwortlich war, hatte die Rechtsmedizin allerdings schon rund eine Woche früher ermittelt. Das Ergebnis stand bereits am 8. Januar im internen Klinikinformationssystem zur Verfügung. Dass es erst einige Tage später abgerufen und dann die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde, begründet Kaisers damit, dass diese Ergebnisse „keine unmittelbare Relevanz für den klinischen Behandlungsverlauf“gehabt hätten. Die Kinder waren da längst wieder wohlauf. Die Klinik bedauere es trotzdem, dass das Ergebnis der Vergiftung nicht unmittelbar an die Justiz weitergeleitet worden ist.