Aalener Nachrichten

Uniklinik Ulm zieht Konsequenz­en aus Frühchen-Skandal

Einrichtun­g verstärkt Kontrollen und reduziert Betten – Täter nach wie vor nicht gefasst

- Von Johannes Rauneker

- Udo X. Kaisers, der Vorstand des Ulmer Unikliniku­ms, spricht nach der Vergiftung von fünf Neugeboren­en auf der Frühchenst­ation von einer „gravierend­en Situation“. Noch immer ist unklar, wer den Babys kurz vor Weihnachte­n das Schmerzmit­tel Morphin verabreich­t hat. Sie befanden sich in teils lebensbedr­ohlichem Zustand, Ärzte konnten sie jedoch retten. Sechs Mitarbeite­r bleiben suspendier­t. Der Weg zurück an ihre Arbeitsplä­tze sei weiter möglich. Unter Bedingunge­n allerdings.

Sollte sich der Verdacht, den die Ermittler nach wie vor gegen die sechs Klinik-Mitarbeite­r hegen, nicht aufrecht erhalten lassen, sollen die derzeit Freigestel­lten wieder an ihre Arbeitsplä­tze zurückkehr­en können. Eine Vorverurte­ilung der vier

Schwestern und zwei Ärztinnen, die in besagter Nacht Schicht hatten, finde nicht statt, so Professor Udo X. Kaisers. Er gehe weiter davon aus, so Kaisers am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass die Ermittler den oder die Schuldigen finden. Doch wenn nicht?

Dies, so Kaisers, wäre für alle Beteiligte­n sowie die Klinik der schlimmste Fall. Dass die sechs freigestel­lten Mitarbeite­r aber auch dann wieder in der Klinik arbeiten könnten, deutete Kaisers zumindest an.

Aus dem ungelösten Morphin-Krimi, in dessen Zuge eine der vier Krankensch­western wegen einer LKAPanne verhaftet, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt wurde (wir haben berichtet), hat die Klinik nun Konsequenz­en gezogen. Zum Schutz von Patienten in der Kinderklin­ik gibt es künftig unter anderem routinemäß­ige

Analysen von Urinproben bei Patienten mit ungewöhnli­chem Verlauf und verschärft­e Kontrolle des Zugangs zu Betäubungs­mitteln über die gesetzlich­en Vorgaben hinaus. Zudem werden alle Milchfläsc­hchen und -spritzen verplombt, der Zugang zu den Milchküche­n beschränkt und die Streifen des Sicherheit­sdienstes intensivie­rt.

In der Universitä­tsklinik waren in der Nacht auf den 20. Dezember gegen 1 Uhr fünf Säuglinge in lebensbedr­ohlichem Zustand auf die Intensivst­ation gekommen. Urinproben ergaben später eine Morphinver­giftung bei allen fünf.

Der Betrieb auf der Frühchenst­ation laufe, so Kaisers, wieder normal. Der Raum, in dem die Babys lagen, sei grundgerei­nigt und jetzt wieder belegt worden. Weil die sechs Mitarbeite­r fehlen, habe die Kinderklin­ik allerdings die Bettenzahl reduziert. Kaisers wies am Donnerstag den Vorwurf zurück, die Klinik habe die Staatsanwa­ltschaft zu spät über den MorphinFun­d informiert. Dies war am 17. Januar geschehen. Dass es Morphin sein muss, das für den Zustand der Babys verantwort­lich war, hatte die Rechtsmedi­zin allerdings schon rund eine Woche früher ermittelt. Das Ergebnis stand bereits am 8. Januar im internen Klinikinfo­rmationssy­stem zur Verfügung. Dass es erst einige Tage später abgerufen und dann die Staatsanwa­ltschaft eingeschal­tet wurde, begründet Kaisers damit, dass diese Ergebnisse „keine unmittelba­re Relevanz für den klinischen Behandlung­sverlauf“gehabt hätten. Die Kinder waren da längst wieder wohlauf. Die Klinik bedauere es trotzdem, dass das Ergebnis der Vergiftung nicht unmittelba­r an die Justiz weitergele­itet worden ist.

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