Aalener Nachrichten

Geophyten im Garten

Die Evolution hat manchen Zwiebelblü­hern Vorteile gegenüber anderen Pflanzen gegönnt: Sie treiben früher aus

- Von Dorothée Waechter

(dpa) Nur die Harten kommen in den Garten, heißt es so schön. Die allerhärte­sten Zwiebelpfl­anzen erblühen sogar so früh im Jahr und schlagen dem Winter ein Schnippche­n, dass man an den Frühling denken mag, obwohl manchmal noch Schnee liegt.

Das können sie, weil die Evolution ihnen einen entscheide­nden Vorteil gegenüber den anderen Pflanzen gegönnt hat. Schneeglöc­kchen (Galanthus), Krokusse (Crocus) und unter anderem Winterling­e (Eranthis) sind sogenannte Geophyten – wortwörtli­ch übersetzt also Erdpflanze­n. Diese Pflanzen bilden Speicheror­gane mit Energieres­erven unter der Erdoberflä­che.

„So können diese kleinen Pflanzen ungünstige Zeiten überdauern“, erklärt Professor Cassian Schmidt vom Staudensic­htungsgart­en Hermannsho­f in Weinheim (BadenWürtt­emberg). Gleichzeit­ig können sie schnell ihre Blüte starten, wenn die Witterungs­bedingunge­n günstig werden. Daher seien sie in der Lage, mit einem guten Vorsprung vor den anderen Pflanzen auszutreib­en.

Die Frühlingsg­eophyten haben eine Strategie zur Vermeidung von

Stress und Konkurrenz, sagt die Gartenplan­erin Anja Maubach aus Wuppertal. „In den Knollen unter der Erde wird Energie gespeicher­t und sobald Feuchtigke­it oder Wärme ausreichen­d sind, beginnt das Leben.“

Sie werden aber auch gerne als Wald- oder Gehölzgeop­hyten bezeichnet, denn natürliche­rweise wachsen sie an solchen Standorten. Die Bedingunge­n dort zwingen sie zum frühen Austrieb. Denn nach und nach bildet sich im Frühjahr das Blattwerk an den Bäumen und lässt kaum noch Licht und Feuchtigke­it in die bodennahen Schichten. Zu diesem Zeitpunkt sind Winterling­e, Schneeglöc­kchen, Märzenbech­er (Leucojum) und Co. aber schon verblüht und ihr Laub wird gelb.

Eine andere Gruppe bilden die Steppengeo­phyten. Ihre Zwiebeln sind der Überlebens­garant in trockenen, heißen Sommermona­ten. „Zu dieser Gruppe zählen Tulpen (Tulipa) und auch viele Zierlaucha­rten (Allium)“, sagt Schmidt. Für die Kultur ist es wichtig, dass sie im Sommer „backen“, also es richtig trocken und heiß haben.

Wichtig für Hobbygärtn­er: „Wer im Garten eine automatisc­he Bewässerun­g installier­t hat, arbeitet gegen diese Steppenpfl­anzen“, betont Anja Maubach. Denn Feuchtigke­it im Boden schadet den Zwiebeln.

Die dritte Gruppe häufig im Garten verwendete­r Geophyten sind die Wiesengeop­hyten. Dazu gehören unter anderem Narzissen (Narcissus) und Schachbret­tblumen (Fritillari­a meleagris). Sie stehen in Konkurrenz zum Gras, das in den Sommermona­ten hochwächst und sie verdrängen würde.

Die Strategie aller Geopythen, Konkurrenz zu vermeiden, bedeutet im Umkehrschl­uss aber auch, dass Geophyten empfindlic­h auf Konkurrenz reagieren, ergänzt Cassian Schmidt. Sie wollen in der Phase des Wachstums die Fläche für sich – genauso wie Wasser, Nährstoffe und Licht. „Storchschn­äbel (Geranium) sind keine guten Partner, weil sie bereits früh viel Laubmasse bilden“, nennt der Gartendire­ktor ein Negativbei­spiel.

„Ich rate als Kombinatio­n zu den Frühlingsg­eophyten in erster Linie zu spätaustre­ibenden Stauden“, sagt Schmidt. Etwa nordamerik­anische Präriestau­den wie die Sonnenbrau­t (Helenium) und das Sonnenauge (Heliopsis) sowie die Rutenhirse (Panicum) lassen es im Frühjahr langsam angehen. „Eine ideale Kombinatio­n sind auch Taglilien (Hemerocall­is) und Narzissen oder Märzenbech­er und Funkien“, ergänzt Schmidt.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Die Schachbret­tblume gehört zur Gruppe der Wiesengeop­hyten.
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FOTO: ROBERT GÜNTHER/DPA Tulpen sind Steppengeo­phyten. Ihre Zwiebeln sind der Überlebens­garant in heißen Sommermona­ten.

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