Wenn Pop-Diva und Agent sich verlieben
Die Musical-Fassung des bekannten Films „Bodyguard“begeistert im Bregenzer Festspielhaus
- Mit einem Knall aus dem Off beginnt die Vorstellung des Musicals „Bodyguard“im Bregenzer Festspielhaus. Ohne Vorwarnung schreckt ein ohrenbetäubender Schuss das Publikum auf. Viel Zeit zum Anlegen von Hörschutz bleibt da nicht. Auch die prompt einsetzende Eröffnungsmusik wummert viel zu laut aus der Beschallungsanlage. Auf der Bühne läuft dazu eine PopShow vom Stapel, die von Tabledance-Posen bis zu servilem Getue von Lederdienern kein Klischee eines Madonna-Auftritts auslässt.
Alexander Dinelaris’ MusicalAdaption des amerikanischen Kinohits „Bodyguard“(1992) wurde 2012 in London aus der Taufe gehoben und hat seither rund um den Globus mehr als vier Millionen Besucher angelockt. Jetzt gastiert die Tourneeproduktion noch bis kommenden Sonntag in Bregenz. Die Vorlage von Lawrence Kasdan (Drehbuch) und Mick Jackson (Regie) setzt auf eine Mischung aus Agententhriller und Starkult-Musikfilm. Seinen Welterfolg verdankte der Streifen nicht nur dieser Kombination von Bond-Krimi und Liebesgeschichte, sondern primär dem attraktiven Casting.
Die Rolle der Pop-Diva Rachel Marron sollte im Film ursprünglich mit Madonna besetzt werden, wurde aber dann von Whitney Houston übernommen, was sich als Segen nicht zuletzt für den Soundtrack herausstellen sollte. Houstons Interpretation des von der Country-Sängerin Dolly Parton bereits 1974 kreierten Songs „I Will Always Love You“geriet zum Mega-Hit. Großen Anteil am Siegeslauf von „Bodyguard“in den Kinos hatte zudem Kevin Costner als Rachels Leibwächter Frank Farmer: ein lakonischer, knallharter Westernheld mit weichem Kern.
Die Musical-Fassung enthält 16 englischsprachige Songs. Die Handlung wird dazwischen wie bei einem Singspiel in Dialogen erzählt. Frank, ein ehemaliger Geheimagent, heuert als Bodyguard für Rachel an, die von einem Stalker bedroht wird. Zunächst findet sie den ständigen Aufpasser lästig. In Gefahrensituationen kommt man sich dann näher. Franks Job steht jedoch der großen Liebe im Weg. Als der Stalker bei einer OscarVerleihung Rachel erschießen will, kann Frank sie in letzter Sekunde retten. Die beiden umarmen sich leidenschaftlich, doch „die Show muss weitergehen“.
Mit deutschen Dialogen kam das Musical erstmals 2015 in Köln auf die Bühne. Tobias Rohe ist eine umgangssprachlich authentische, bei Bedarf auch witzige Übersetzung gelungen. Die Gesangsarrangements stammen von Mike Dixon und Richard Beadle, die Orchestrierung der
Songs und ergänzende Musik von Chris Egan, der auch für Paul McCartney, Annie Lennox und andere Pop-Größen gearbeitet hat. In der Realisierung mit einer Band um den Keyboarder Dan Tomkinson klingt das alles professionell, aber auch brav, wie von der Stange.
Als Rachel dominiert die niederländische Sängerin Aisata Blackman in Bregenz das Ensemble vokal und tänzerisch, ohne an die charismatische Bühnenpräsenz von Whitney Houston heranzukommen. Bei manchen Songs erinnert ihre Stimme an Tina Turner. Auch intime balladeske Momente weiß sie anrührend zu gestalten. Dass sie diese Rolle bereits in Stuttgart übernommen hat, ist ihrem schauspielerisch beachtlichen Auftreten
anzumerken. Andrea Del Solar singt als Rachels Schwester Nicki makellos, im hohen Register aber ohne die nötige Power.
Der Schauspieler Jo Weil, manchen Besuchern bekannt aus Fernsehserien („Soko München“), profitiert als Frank von seinen Wiener „Bodyguard“-Vorstellungen und findet die richtige Mitte zwischen nettem Kerl und leicht zynischer Attitüde. Christopher Neris spielt den Stalker als gruslig angeleuchtetes „Phantom des Musicals“, das mal mit Messer, mal mit Pistole aus den Kulissen droht. Für stimmungsvolle Beleuchtung und suggestive Schattenbilder sorgt das raffinierte Lichtdesign von Mark Henderson.
Das brillante Tanzensemble hat sich perfekt eingestellt auf die effektvolle Choreografie von Karen Bruce. Herren mit Waschbrettbäuchen beeindrucken mit Salto- und Spagatnummern, knapp bekleidete Damen schleudern ihre Beine bis zum Himmel und präsentieren zitternde Glitzerhintern, aber es fehlt das zündende Element. Dafür sorgen zwischendurch eher unverwüstliche Hits wie „One Moment in Time“, „I Wanna Dance With Somebody“oder„Where Do Broken Hearts Go“.
Weitere Vorstellungen täglich bis zum 9. Februar