Das Wilde Heer macht Schluss
In diesem Jahr gibt’s in Jagstzell womöglich zum letzten Mal das Schdorraschdupfa
- Der Fasching im Virngrund wird um eine Attraktion ärmer. Das Wilde Heer aus Jagstzell macht tatsächlich ernst und will sich nach der Faschingssaison 2020 endgültig in die Wälder um Keuerstadt zurückziehen. Ab dem kommenden Jahr wird es dann in Jagstzell keinen Narrengottesdienst, kein kultiges Schdorraschdupfa und auch keinen Hollywood-reifen Rathaussturm mehr geben. Zumindest werden diese Veranstaltungen nicht mehr von den Mannen des Wilden Heer.s organisiert werden.
Der Hauptmann der wilden Jagstzeller Truppe, Nikolaus Kurz, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Natürlich sei der Rückzug des Wilden Heeres „ein trauriges Ereignis“für Jagstzell, weshalb man beim Narrengottesdienst am kommenden Samstag in der Sankt-Vitus-Kirche auch Trauerbildchen an die Besucher verteilen wird.
Auf denen ist unter anderem das Folgende nachzulesen; „D’ Fastnacht isch do, s’ wilde Heer ghört drzu, doch lang got des nemme, no geb mr a Ruah. S’isch traurig, ja – s’isch net zom lacha, doch s’will halt koiner meh mitmacha“. Das Sprüchlein bringe das Kernproblem der Wilden Mannen am besten auf den Punkt, sagt Kurz: „Wir sind mit den Jahren halt alle alt geworden.“Das 34-köpfige Wilde Heer sei heute zum großen
Teil eine Ü60-Truppe.“Der eine oder andere habe auch schon die 70 überschritten. „Und da wird das dann doch alles zu viel.“
Nachwuchs für das Wilde Heer zu gewinnen, sei in den vergangenen Jahren gescheitert. Deshalb werde jetzt der Schlusstrich gezogen - ganz konsequent. „Wir können in diesem Jahr 20. Geburtstag feiern. Ein guter Anlass um Aufzuhören“, findet der
Zeremonienmeister des Wilden Heers. Wobei Kurz darauf hofft, dass es 2021 eventuell doch weitergeht mit dem bunten Faschingstreiben in Jagstzell – dann nur mit anderem, deutlich jüngerem Personal.
„Es ist oft leichter, mit neuen Kräften ganz neu anzufangen.“Kurz verweist in diesem Zusammenhang auf die Theatergruppe der Kolpingsfamilie Jagstzell. Da habe der Umbruch genau auf diese Weise perfekt funktioniert. Nachdem sich Kurz zurückgezogen hatte, gründete sich nur wenige Monate später der Verein Kulturgestalten, der sich nun um anspruchsvolles Theater in der Gemeinde verdient macht. So eine ähnliche Entwicklung wünscht sich Kurz auch für den Jagstzeller Fasching. Für ihn macht es keinen Sinn, das Wilde Heer mit aller Gewalt am Leben zu erhalten, um eventuell dann in zwei, drei oder vier Jahren einen Generationenwechsel hinzubekommen. „Man soll aufhören, so lange es uns und den Leuten noch etwas Spaß macht. Wenn den Menschen dann was fehlt, werden sie sich schon bewegen“, ist Kurz überzeugt.
So oder so: Wer das Wilde Heer und seine wilde Show in diesem Jahr nochmals erleben will, sollte sich die folgenden Termine notieren. Am kommenden Samstag, 8. Februar, findet vorläufig zum letzten Mal das schaurig-schöne Schdorraschdupfa auf dem Rathausplatz statt. Und am 24. Februar erfolgt dann der Rathaussturm – der in Jagstzell immer auf ganz besonders originelle Weise inszeniert wird. Ohne Pyrotechnik ging hier in den letzten Jahren nix. Zum Finale wird’s wieder etwas Besonderes geben, verspricht Kurz. Die Show werde etwas anders ausfallen, als es die Jagstzeller Narren gewohnt sind. Es wird politischer. Wie übrigens auch der Narrengottesdienst am Samstagabend.