Aalener Nachrichten

Was Söder verstanden hat

- Von Sebastian Heinrich s.heinrich@schwaebisc­he.de

Was ist mit Markus Söder los? Jahrelang hat er – erst als bayerische­r Landesmini­ster, dann als Ministerpr­äsident – mit plumpen Parolen wie „Asyltouris­mus“und „Weltsozial­amt“gezündelt. Seit knapp anderthalb Jahren aber spricht der CSU-Chef unablässig über Umwelt- und Klimaschut­z, betont den Wert von Vielfalt und Toleranz. Was mit Söder los ist? Er hat eine Ahnung davon, wie moderner Konservati­smus aussehen sollte.

Ja, Konservati­smus sollte sich auch im Jahr 2020 vor allem an die Wähler richten, denen Digitalisi­erung, ökologisch­e Transforma­tion oder die Abwanderun­g in die Städte mehr oder minder große Angst machen. Moderner Konservati­smus sollte aber nie vorgaukeln, dass alles bleiben kann, wie es ist – und schon gar nicht ins Reaktionär­e abdriften, in die unerfüllba­re Sehnsucht nach einer mythisch überhöhten Vergangenh­eit. Söder versucht diesen Spagat in Bayern – durch Programme wie die Förderung von Dorfwirtsh­äusern einerseits und eine Digitalisi­erungsoffe­nsive anderersei­ts.

Moderner Konservati­smus muss außerdem integriere­n. Er darf Menschen nie pauschal ausschließ­en: nicht wegen Herkunft, Hautfarbe oder Religion, nicht wegen ihrer sozialen Stellung. Söder scheint auch das begriffen zu haben: Er grenzt sich scharf ab von der zunehmend völkischen AfD, findet klare Worte gegen Antisemiti­smus und Rassismus.

Die andere Frage ist, ob Markus Söder wirklich auf Dauer modernkons­ervative Politik umsetzt. Momentan wirkt er auch deshalb so staatsmänn­isch-gelassen, weil die Umfragewer­te seiner CSU in Ordnung und seine persönlich­en Beliebthei­tswerte gut sind – und seine Partei ihm loyal ist. Wer sich aber daran erinnert, wie Söder damals, als er noch gerne zündelte, seinen Erzrivalen Horst Seehofer aus der Macht bugsiert hat, der weiß: Dieser Mann kann ganz anders.

Immerhin, schon heute beweist Söder, mit Blick auf die Zukunft des Konservati­smus: Ich habe verstanden. Das muss ihm sein künftiger Konterpart an der Spitze der CDU erst mal nachmachen.

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