Starke Zivilgesellschaft
Um Hamburger Politik ging es nicht wirklich. Aber auch die Widrigkeiten der Bundespolitik gaben bei dieser Regionalwahl nicht den Ausschlag, hielten doch etwa die deutschlandweit schwächelnden Sozialdemokraten ihre zwei neuen Bundesvorsitzenden bewusst fern der Hansestadt. Bei dieser Bürgerschaftswahl berührte die Menschen etwas ganz anderes, und deshalb suchten sie in hoher Zahl die Wahllokale auf: die Morde von Hanau und das thüringische Ministerpräsidenten-Debakel.
Die aufwühlende Frage stellte sich, wie es die Bundesrepublik mit dem Terror von rechts und deren geistigen Brandstiftern hält. Demokraten gleich welcher politischen Couleur hatten kurz vor der Wahl mit Verve dafür geworben, zur Abstimmung zu gehen, um über eine hohe Wahlbeteiligung die Rechten in der Bürgerschaft klein zu halten. Das scheint gelungen, auch wenn die AfD den Einzug offenbar knapp geschafft hat.
Nun ist eine Millionen-Metropole kein Gradmesser für das Abstimmungsverhalten von großen Flächenstaaten, aber zumindest in der Abgrenzung zum Rechtsradikalen hat die Hansestadt gezeigt, wie die Zivilgesellschaft auf Hass und Gewalt reagieren kann.
Für das sogenannte bürgerliche Lager brechen indes schwere Zeiten an. CDU und FDP müssen Spezialferngläser bestellen, um gemeinsam die 20Prozent-Marke in Umrissen erkennen zu können. Natürlich ist Hamburg traditionell für die Sozialdemokraten ein gutes Pflaster, doch auch den Grünen, die in der Vergangenheit als Grün-Alternative Liste ausgesprochen links ausgerichtet waren, ist es gelungen, in die Wählerschaft der Christdemokraten einzudringen.
2004 hat die CDU in Hamburg die absolute Mehrheit mit 47,2 Prozent geholt, jetzt ist sie mit Ach und Krach gerade noch zweistellig. Die Wahl zeigt, die CDU hat nach dem Desaster in Thüringen zusätzlich noch ein Großstadtproblem – nicht nur im Norden. Die Debatten bei den Christdemokraten rund um die Ausrichtung der Partei, den Vorsitz und die Kanzlerkandidatur dürften deshalb noch lebhafter werden.