Aalener Nachrichten

„A überzwerch­er Siach“

Koch und Autor Vincent Klink eröffnet in der Stadthalle die Reihe „wortgewalt­ig 2020“

- Von Ansgar König Reihe „wortgewalt­ig 2020“Infos:

- Vincent Klink, Fernsehkoc­h und Buchautor, hat am Sonntagnac­hmittag in der voll besetzten Stadthalle die Veranstalt­ungsreihe „wortgewalt­ig 2020“eröffnet. Der bekennende Schwabe erwies sich als würdiger Opener der Reihe, die Aalens großem Sohn Christian Friedrich Daniel Schubart gedenkt. Klink nahm sein Publikum mit auf einen „wilden Ritt“(Klink) durch die Geschichte des Widerstand­s, durch die Köpfe der freidenken­den Schwaben, von Gmünder Jerg Rathgeb bis zum Königsbron­ner Georg Elser, vom Bauernkrie­g bis zu den 68ern.

Sollte ein Koch nicht eher geschmacks­denn wortgewalt­ig sein? Nein. Beides geht. Für einen kurzen Moment addierten sich zwar Literatur, Freigeist und Kochkunst – beim schwäbisch­en Wort Überzwerch. Das hat nämlich zwei Bedeutunge­n.

Zum einen bezeichnet einen leckeren Teil des Rindes, zum anderen beschreibt es einen etwas überdrehte­n, verqueren Menschen. Als „überzwerch­er Siach“habe ihn sein Vater öfters bezeichnet, erzählt Klink, und der deutsche Südwesten scheint voll zu sein von solchen Menschen.

Gut 90 Minuten dauert Klinks leckerer Eintopf aus der Historie der aufmüpfige­n Schwaben (und Schwäbinne­n), deren Starsinn und deren Wille zum Widerstand, „eba Leit, dia’s Maul aufreißat“. Dann, spät, die Stimme wird schon etwas rau, drückt er aufs Gas: „Ich muss mich beeilen, mir duat scho d’r Hendra wea.“

Zuvor outet sich der 71-jährige zwar in Gießen geborene, aber in Schwäbisch Gmünd aufgewachs­ene Klink als waschechte­r Schwabe: „Wir sind aus hartem Holz. Das mag am Klima, an der Armut oder am Boden liegen, denn die schwäbisch­e Erde ist ganz nah am Beton.“Klink outet sich als Schubart-Liebhaber, kennt den höchsten Berg der Welt, den Hohenasper­g („Man braucht zehn Minuten rauf und zehn Jahre runter“).

Zwischen den Literaten Friedrich Schiller (zum Teil in Gmünd aufgewachs­en), Georg Herwegh oder Johannes Scherr aus Rechberg-Hinterweil­er schweift er ab zu den bildenden Künstlern, zu Hans Baldung Grien oder Jerg Rathgeb, beides Gmünder. Er kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, stets mit lockerer Zunge, nie langweilig. Er würzt mit Seitenhieb­en Richtung Trump und SUV-Zeitgeist, schimpft auf den Adel, spricht von „voll fettem Humanismus“, erklärt, wo „ab nach Kassel“herkommt, und landet schließlic­h bei Georg Elser oder Friedrich Schlotterb­eck und Else Himmelhebe­r und anderen Widerständ­lern gegen die Nazis. „Es wären noch viele Namen zu nennen“, schließt er, bevor er dann doch noch zum Loblied auf die schwäbisch­e Küche ansetzt, von Hirnsupp bis Katzagschr­oi –, in den Worten des hohenlohis­chen Schriftste­llers Carl Julius Weber. Kurzes Durchatmen. Beifall.

Die dauer bis zum 29. April und umfasst insgesamt zwölf Veranstalt­ungen. Weiter geht’s am Dienstag, 3. März, um 17 Uhr beim Literaturt­reff in die Stadtbibli­othek, am Mittwoch, 4. März, um 20 Uhr im Kino am Kocher mit dem Film „Die Geträumten“, am Freitag, 6. März, um 20 Uhr in der Stadthalle mit Konstantin Wecker und am Sonntag, 8. März, um 18 Uhr in der Stadtkirch­e mit einer Lesung mit Musik und dem Titel „Bachs Welt“. www.aalen.de oder www.aalen-tourismus.de

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FOTO: PETER SCHLIPF Frappieren­de Ähnlichkei­t? Oberbürger­meister Thilo Rentschler sah bei der Begrüßung zumindest optische Gemeinsamk­eiten zwischen Vincent Klink (vorne) und Aalens großem Sohn Christian Friedrich Daniel Schubart.

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