Städte- und Gemeindetag warnt vor Überforderung
Geschäftsführer Landsberg will minderjährige Flüchtlinge nur bei gesamteuropäischer Aktion aufnehmen
- Der Städte- und Gemeindebund hat davor gewarnt, eine große Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge aufzunehmen. Die Aktionen mehrerer Städte seien zwar „ein Signal der Humanität“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Schwäbischen Zeitung“. „Wichtig wäre es allerdings, eine solche Hilfe in eine gemeinsame europäische Aktion einzubinden.“Auch wenn es in manchen Städten noch Kapazitäten für die Aufnahme von Flüchtlingen gebe, sei „die Anzahl entscheidend“. Landsberg warnte vor dem Signal, das durch die Ankündigungen nach außen gesendet werde. Eine Situation wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen, weil sie Städte und Gemeinden „völlig überfordern“würde. Landsberg reagierte mit seiner Kritik auf die Offerte des
Netzwerks „Städte Sicherer Häfen“, das dazu aufrief, Flüchtlingskinder aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zeigte sich grundsätzlich offen für die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus griechischen Flüchtlingslagern.
Er betonte aber, dass für Aufenthaltsfragen der Bund zuständig sei. Die Kommunen könnten in dieser Frage deshalb nicht selbst entscheiden.
Der Koordinator des bundesweiten Netzwerks, der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), hatte erklärt: „Wir müssen den 500 Flüchtlingskindern unter 14 Jahren, die ohne Eltern in Griechenland untergebracht sind, sofort helfen.“
In Baden-Württemberg gehört unter anderem die Stadt Rottenburg am Neckar dem Netzwerk an. Der dortige Erste Bürgermeister Thomas Weigel teilte mit, man wolle „unverzüglich unbegleitete Kinder“aufnehmen, „etwa fünf bis zehn Personen“. In den Lagern leben derzeit rund 5000 unbegleitete Kinder und Jugendliche. In Deutschland halten sich nach Angaben der Bundesregierung etwa 10 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf, 3461 davon sind in Baden-Württemberg gemeldet.
Damit die Aufnahme koordiniert ablaufen könne, warb Seehofer für eine „Koalition der Willigen“innerhalb der EU. Am Mittwochabend wollte er das Thema mit seinen Ministerkollegen in Brüssel besprechen.
Unionsintern ist das Thema umstritten. So teilte Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer via Twitter mit: „Wenn wir 5000 aufnehmen, machen sich 50 000 zusätzlich auf den Weg. Keine falschen Hoffnungen wecken!“
Auch FDP-Chef Christian Lindner bewertet die Möglichkeit einer Aufnahme von Flüchtlingskindern kritisch. Zunächst müsse es darum gehen, die EU-Außengrenzen zu kontrollieren und auf den griechischen Inseln eine funktionierende Verwaltung aufzubauen, sagte er. „Erst dann kann man über eine Verteilung derjenigen sprechen, denen eine Einreise nach Europa ermöglicht wird.“