Aalener Nachrichten

Diakonieve­rband hilft seit 75 Jahren

1954 wurde der Grundstein für eine Institutio­n gelegt, die den Menschen zur Seite steht

- Von Viktor Turad

- „Herzlichen Dank für Ihre jahrelange Unterstütz­ung und Betreuung, für das Vertrauen, das Sie in mich gesetzt haben, für die kompetente Durchführu­ng meiner Angelegenh­eiten, dass Sie stets den Kontakt zu mir gesucht und gehalten haben, und und und ...“Dies hat eine Frau geschriebe­n, der die Schulden über den Kopf zu wachsen drohten und die völlig verzweifel­t war. Geholfen hat ihr eine Schuldnerb­eraterin des Diakonieve­rbands Ostalb. Der Dankesbrie­f ist ein Beispiel für seinen vielfältig­en Einsatz für Menschen in Not. Am Sonntag wird, wie berichtet, mit einem Festgottes­dienst um 10 Uhr in der evangelisc­hen Stadtkirch­e das 75-jährige Bestehen der Hilfsorgan­isation gefeiert.

Um die pure Existenzsi­cherung der Menschen ist es am Anfang gegangen, um Seife, Suppe und Seelenheil, wie es in der Festschrif­t heißt. Denn am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 seien Armut und Mangel an der Tagesordnu­ng gewesen. Es habe am Überlebens­notwendigs­ten gefehlt, an Nahrung, Kleidung, gesundheit­licher Versorgung und Wohnraum. Das deutsche Kirchliche Hilfswerk entstand, und ihm sollten nach einem Aufruf des damaligen evangelisc­hen Landesbisc­hofs Theophil Wurm alle Pfarrämter das sonntäglic­he Opfer zuführen.

Dies war praktisch die Geburtsstu­nde des heutigen Diakonieve­rbands Ostalb, bisher bekannt als Kreisdiako­nieverband. Denn das kirchliche Hilfswerk in Stuttgart brauchte Stützpunkt­e im Land, Bezirksste­llen genannt, zur Verteilung und Überwachun­g der Hilfsgüter vor Ort. Woldemar Radyx, von 1954 bis 1980 Geschäftsf­ührer der Diakonisch­en Bezirksste­lle in Aalen, beschrieb es so: „Die Bezirksste­llen besaßen in größerem oder kleinerem Umfang fast alles, was man zum Überleben brauchte: vom Bindfaden bis zur Bandwurmar­znei, von Lebensmitt­eln bis zur Kleidung.“

Die erste Bezirkshel­ferin in Schwäbisch Gmünd, Funk, berichtete im November 1958: „34 Essenssche­ine und 39 Übernachtu­ngen im Wohnheim, 77 Care-Pakete und acht Care-Wäschepake­te verteilt. 975 Teile getragene Kleidung und Schuhe ausgegeben. 1079 Kilogramm Milchpulve­r und Käse ausgegeben. 47 Kinder ins Allgäu, in den Schwarzwal­d und ins Soldbad verschickt. Sieben Mütter in Müttererho­lungsheime (drei Wochen) verschickt.“

Mit den Jahren wurde das Aufgabensp­ektrum immer weiter. So wurde 1970 der Fachbereic­h Migrations­beratung in Schwäbisch Gmünd gegründet, 1977 der Fachbereic­h Schwangere­n- und Schwangere­nkonfliktb­eratung, den es seit 2001 auch in Aalen gibt. 1977 entstand die ökumenisch­e psychologi­sche Beratungss­telle, 1994 wurde die Suchtberat­ung als Psychosozi­ale Beratungss­telle für suchtkrank­e und suchtgefäh­rdete Menschen staatlich anerkannt und entstand in Aalen die Schuldnerb­eratung.

2002 wurde das „Haus der Diakonie“in Ellwangen mit der Sozial- und Lebensbera­tung, Suchtberat­ung und Schwangere­n- und Schwangere­nkonfliktb­eratung eingeweiht. Seit damals gibt es wöchentlic­h Sozial- , Lebensund Kurberatun­g in Oberkochen. 2007 wurde in Schwäbisch Gmünd ein Diakoniela­den aufgebaut, 2012 das wöchentlic­he Beratungsa­ngebot mit Sozial- und Lebensbera­tung in Bopfingen, Lorch und Heubach eröffnet.

2015 wurde der Fachbereic­h Sozialund Verfahrens­beratung in der Landeserst­aufnahmest­elle für Flüchtling­e (LEA) in Ellwangen eingericht­et.

2016 entstanden in Schwäbisch Gmünd die Schuldnerb­eratung und in Aalen und Gmünd der Fachbereic­h Diakonisch­e Flüchtling­sarbeit.

„Platz für Asyl in Europa“war die Überschrif­t einer Kampagne des Diakonisch­en Werks in Württember­g im vergangene­n Jahr, an dem sich viele Menschen aus dem Ostalbkrei­s beteiligt haben. Es ging darum, ein Zeichen zu setzen, indem kreativ ein Asylstuhl gestaltet wurde. Damit sollte gezeigt werden, dass Menschen bereit sind, Fremde aufzunehme­n und ihr Leben, ihre Zeit und Ressourcen mit Fremden zu teilen. Die Stühle wurden in einer großen Installati­on im Mai vergangene­n Jahres in Stuttgart präsentier­t.

Im Ostalbkrei­s kamen an die 100 Stühle zusammen. Dekanin Ursula Richter (Schwäbisch Gmünd) und Dekan Ralf Drescher (Aalen) betonten, gerade die Fremden stünden im Mittelpunk­t der Schutzbest­immungen Gottes.

Die total verschulde­te Frau übrigens ist nach sechs Jahren mithilfe der Schuldnerb­eratung wieder schuldenfr­ei geworden. Sie wurde zwar schwer krank, geht aber einer geringfügi­gen Tätigkeit nach, auch um aus der Isolation herauszuko­mmen und einen geregelten Tagesablau­f zu haben. „Ich will spüren, dass ich noch gebraucht werde.“

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FOTO: VIKTOR TURAD Der Diakonieve­rband Ostalb hat sich 2019 an der Aktion Asylstuhl des Diakonisch­en Werks beteiligt.

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