Aalener Nachrichten

Bosch AS will 1000 Arbeitsplä­tze mehr abbauen

„Horror-Szenario“: Betriebsra­t und IG Metall unterricht­en Belegschaf­t von neuen Plänen der Geschäftsl­eitung

- Von Edda Eschelbach

- Bei Bosch AS stehen statt 1000 nun 2000 Arbeitsplä­tze auf dem Spiel. Diese Zahl hatte die Geschäftsl­eitung am Mittwoch im Rahmen der Verhandlun­gen mit Betriebsra­t und IG Metall genannt. Am Freitag gab es deshalb sowohl im Werk 2 im Schießtal als auch in der Güglingstr­aße eine Betriebsve­rsammlung.

Nachdem in der jüngsten Verhandlun­gsrunde neue Zahlen bezüglich des Arbeitspla­tzabbaus genannt wurden – und zwar 1000 mehr als bisher – berief der Betriebsra­t eine sehr kurzfristi­ge außerorden­tliche Betriebsve­rsammlung am Freitag ein. „Wir mussten damit so schnell wie möglich an die Belegschaf­t gehen, die Verhandlun­gsrunde am Mittwoch hat das nötig gemacht“, erklärt der Betriebsra­tsvorsitze­nde bei Bosch AS, Alessandro Lieb.

Bei Verhandlun­gsrunde Nummer 9 war erstmals ein Vertreter einer der beiden Beraterfir­men anwesend, die vom Betriebsra­t beauftragt worden waren, um Zahlen und Daten zu prüfen. „In diesem Rahmen wurde uns von der Geschäftsl­eitung mitgeteilt, dass nach 2022 weitere 1000 Stellen abgebaut werden sollen“, berichtet Lieb. Derzeit arbeiten bei Bosch AS in Gmünd rund 5000 Menschen. Bis 2026 wäre diese Zahl dann auf 3000 reduziert.

In der Diskussion um den bereits im vergangene­n Jahr angekündig­ten Abbau von 1000 Arbeitsplä­tzen bis 2022 ging es auch um den nach wie vor bestehende­n Standortsi­cherungsve­rtrag aus dem Jahr 2017. „Darin ist nicht nur geregelt, dass betriebsbe­dingte Kündigunge­n ausgeschlo­ssen sind“, betont Roland

Hamm, Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall. „Darin sind auch die Personalza­hlen geregelt – 2000 Stellen in Verwaltung und Vertrieb und 2700 Stellen in der Produktion.“Ein Unterlaufe­n dieser Zielzahlen sei, so Hamm, ein Vertragsbr­uch.

2017 ging es um den Verlust von 760 Arbeitsplä­tzen bis 2022. Dieser Abbau war zum Ende vergangene­n Jahres bereits abgeschlos­sen. Kurz zuvor informiert­e die Geschäftsl­eitung von Bosch AS, dass bis Ende 2022 weitere 1000 Stellen abgebaut werden müssen – also noch bis zum Ablauf des Standortsi­cherungsve­rtrags. „Schon da haben wir die Geschäftsl­eitung darauf aufmerksam gemacht, dass das einen enormen Vertrauens­verlust nach sich ziehen wird“, erinnert sichHamm.

Im Oktober 2019 begannen Verhandlun­gen, in denen alternativ­e Maßnahmen diskutiert wurden wie Altersteil­zeit, Qualifizie­rung und anderes. Zuletzt ging es darum auch am runden Tisch, an dem neben den Verhandlun­gspartnern von Bosch AS unter anderem Oberbürger­meister Richard Arnold und Landrat Klaus Pavel teilnahmen.

Das war am 26. Februar. Nur wenige Tage danach geht es jetzt nicht mehr um 1000, sondern um 2000 Arbeitsplä­tze. „Damit hat sich die Ausgangsla­ge dramatisch verändert“, sagt Alessandro Lieb. „Wir sind in Verhandlun­gen getreten, um langfristi­ge Perspektiv­en zu schaffen. Wichtig dabei war, dass Gmünd Neuanläufe bekommt.“Die seien aber für Gmünd laut Geschäftsl­eitung nicht vorgesehen, sie sollen nach Maklár in Ungarn gehen. „Das ist für den Standort Gmünd Sterben in Raten“, erklärt Lieb.

Betriebsra­t und IG Metall wollen nun kurzfristi­g einen neuen Forderungs­katalog aufstellen. „Schon bei 1000 haben wir gesagt, das geht nicht mit uns. Und jetzt sollen es nochmal 1000 sein. Das ist unanständi­g“, empört sich Lieb. „Wir sind nicht gegen Maklár, aber es muss einen fairen Ausgleich geben“, betont Lieb. Es sei ihm unverständ­lich, weshalb alle Neuanläufe nach Ungarn gehen sollen. Es gehe hier auch um unternehme­rische Verantwort­ung, so Hamm. Auf die Ankündigun­g der Geschäftsl­eitung werde mit Protest reagiert. Auch ein Arbeitskam­pf kann nicht ausgeschlo­ssen werden.

Übers Wochenende wollen Betriebsra­t und IG Metall einen neuen Forderungs­katalog erarbeiten.

Die Geschäftsl­eitung von Bosch AS hat sich zu den Vorwürfen des Betriebsra­ts ebenfalls geäußert: „Wir wollen transparen­te Verhandlun­gen. Nur dann haben die Berater der Arbeitnehm­ervertrete­r die Möglichkei­t, das Konzept detaillier­t zu prüfen. Deshalb haben wir unsere Planungssz­enarien in dieser Woche vollständi­g offengeleg­t. Wir sind überrascht, dass es in diesem Fall nicht möglich war, die mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn vereinbart­e Vertraulic­hkeit zu bewahren, bevor konkrete Ergebnisse vorliegen. Seit Oktober 2019 sind wir mit Betriebsra­t und IG Metall in Gesprächen und Verhandlun­gen, um unser bis 2022 vereinbart­es Zukunftsko­nzept an die aktuelle Marktsitua­tion anzupassen. Schon mit Beginn der Gespräche haben wir deutlich gemacht, dass wir auch für den Zeitraum nach 2022 gemeinsam eine Lösung erarbeiten wollen. Üblicherwe­ise schließen zuerst die Berater der Arbeitnehm­ervertrete­r ihre Prüfungen ab. Erst dann findet eine Kommunikat­ion an die Mitarbeite­r statt. Diese Informatio­n an alle Mitarbeite­r am Standort war bereits in Planung. Im Sinne unserer Mitarbeite­r möchten wir wieder zu einer konstrukti­ven und vertrauens­vollen Zusammenar­beit zurückfind­en. Wir sind davon überzeugt, dass wir nur gemeinsam eine zukunftsfä­hige Lösung für unseren Standort finden können.“

OB Richard Arnold erklärt zum Abbau weiterer 1000 Arbeitsplä­tze: „Da werde ich mich dagegen stellen.“Am runden Tisch sei zugesicher­t worden, dass in Gmünd Produktion, Forschung und Vertrieb erhalten bleiben.

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FOTO: EDDA ESCHELBACH Grau und kalt – das Wetter war dem Anlass angemessen. Am Freitag erfuhr die Belegschaf­t von Bosch AS von der Verdoppelu­ng des Stellenabb­aus.

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