Kämpfen für die Gemeinschaftsschulen
Schulleiter und gymnasiale Lehrkräfte setzen sich gegen Philologenverband zur Wehr
- Diese Kritik hat sie hart getroffen. Sie halten sie für befremdlich, für unnötig und sogar für unterirdisch. Also haben sie sich zuerst in einer gemeinsamen Presseerklärung gegen die Verunglimpfung ihrer Schulart gewehrt. Und anschließend in einem Pressegespräch erläutert, warum die Gemeinschaftsschule sehr wohl leistungsorientiert ist – sozial und erfolgreich.
Die Kritik kam vom baden-württembergischen Philologenverband, der die Gymnasiallehrer vertritt. Dessen Vorsitzender Ralf Scholl meint zum Beispiel, dass an den Gemeinschaftsschulen den Kindern bis Klasse 8 ein „notenfreier Scheinerfolg“bescheinigt wird. „Das dicke Ende kommt dann in den Klassenstufen 9 und 10.“Außerdem seien die Gymnasiallehrer an Gemeinschaftsschulen von Mobbing betroffen.
„Unterstellungen“und „Diffamierungen“wie diese wollen die Schulleiter Monika Hecking-Langner (Propsteischule Westhausen), Ralf Meiser (Alemannenschule Hüttlingen), Harald Rathgeb (Mittelhofschule Ellwangen) und Joseph Ott (Karl-Stirner-Schule Rosenberg) aber nicht stehen lassen. Zumal die Kritik des Philologenverbands kurz vor den Anmeldetagen kam.
Zur Erläuterung: Am kommenden Mittwoch und Donnerstag, 11. und 12. März, können Eltern ihre Kinder an den weiterführenden Schulen anmelden. Schulleiter Ott fragt sich:
„Hat es das Gymnasium wirklich nötig, die Gemeinschaftsschule schlecht zu machen?“
Ott und seine drei Schulleiterkollegen sind sich sicher, dass längst nicht alle gymnasialen Lehrkräfte die Meinung ihres Verbandssprechers teilen. Die drei Gymnasiallehrer, die sie zum Pressetermin mitgebracht haben, tun das jedenfalls nicht. Ganz im Gegenteil.
Katharina Hees ist, als sie von der Kritik erfahren hat, aus allen Wolken gefallen, wie sie sagt. „Ich hatte nie mit Anfeindungen und Mobbing zu kämpfen, nur weil ich Gymnasiallehrerin bin.“
Katharina Hees unterrichtet Spanisch und Französisch in der Propsteischule in Westhausen. Und das schon im sechsten Jahr. Sie fühlt sich, wie sie betont, auch sehr wohl. Das hat sie mit Ariane Grimm gemeinsam. Die Oberstudienrätin gibt an der Mittelhofschule Biologie und Chemie. „Mir gefällt’s hier sehr gut.“
Ariane Grimm ist Bayerin. Das verrät ihr Dialekt. Und das sei der einzige Grund, warum sie manchmal ein bisschen gemobbt werde, scherzt ihr Chef, Schulleiter Rathgeb. Jedenfalls hatte sie sich in Baden-Württemberg für eine Anstellung beworben. Sie kam nach Westhausen und ist jetzt im fünften Jahr dort, obwohl sie sich schon nach dem dritten hätte versetzen lassen können.
Dominik Bieg schließt sich seinen jungen Kolleginnen an. „Ich fühle mich sehr wohl.“Der Gymnasiallehrer
für Spanisch und katholische Religion arbeitete zuerst ein Jahr als Krankheitsvertretung an der Propsteischule und ist jetzt fest dabei. Übrigens: Bieg war auch Krankheitsvertretung an zwei Aalener Gymnasien, hatte mit seiner Fächerkombination aber keine Chance auf einen festen Job – trotz eines sehr guten Abschlusses mit „eins Komma“.
Gymnasiallehrer an der Gemeinschaftsschule sind inzwischen Alltag. Schon deshalb, weil sie das erweiterte Niveau abdecken können. Das Ziel ist nämlich, dass Gemeinschaftsschulen die gymnasiale Oberstufe anbieten. Alle vier Gemeinschaftsschulen beschäftigen gymnasiale Lehrkräfte. „In der Expertise auf allen Ebenen“sieht Schulleiter Meiser eine „große Chance“.
In Schwäbisch Hall ist bereits eine erweiterte Niveaustufe an der Gemeinschaftsschule im Aufbau, wie Schulleiterin Monika Hecking-Langner weiß. Auf der Ostalb nicht. Sie würde sich wünschen, dass das Land die geforderte Mindestzahl von 60 Schülern etwas weniger streng sehen würde.
Aber wie kommt der Philologenverband zum Vorwurf, die Gymnasiallehrer an Gemeinschaftsschulen würden gemobbt? Dominik Bieg kann es sich nur so erklären: Die Gemeinschaftsschule sei eine ganz andere Welt mit einer ganz anderen Herangehensweise. „Ich kämpfe manchmal auch noch.“Ergo könnten einzelne Lehrer unzufrieden und frustriert sein.
Katharina Hees hat sich übrigens auf eine von der Propsteischule ausgeschriebene Stelle beworben. „Ich hätte wahrscheinlich am Gymnasium nichts bekommen“, sagt sie ganz offen. Jetzt an der Gemeinschaftsschule unterrichtet sie auch fachfremd – also Fächer, die sie nicht studiert hat. „Ich empfinde das als Bereicherung.“
Hinzu kommt: Katharina Hees und Ariane Grimm hätten niemals die Chance gehabt, sich so schnell für eine Beförderungsstelle zu bewerben. An den Gymnasien gebe es einen „Riesenkonkurrenzkampf“.
Und wie war das noch mit den schulischen Leistungen? Es stimmt schon: An den Gemeinschaftsschulen gibt es vor allem Verbalbeurteilungen – aber auf Wunsch der Eltern eben auch Noten. Wenngleich Schulleiter Meiser der festen Überzeugung ist, dass man die in den Klassen 5 und 6 nicht braucht.
Ob mit oder ohne Noten: ohne Leistung kein Erfolg. Das gilt auch für die Gemeinschaftsschule, wie Schulleiter Ott betont. Er und seine Kollegen erläutern das mit den Abschlüssen im vergangenen Jahr. Da wurden die Arbeiten der Gemeinschaftsschulen Rosenberg, Hüttlingen und Westhausen in Deutsch, Englisch und Mathematik gemeinsam mit den Arbeiten der Mädchenrealschule Sankt Gertrudis in Ellwangen geprüft.
Ergebnis: Der Unterschied lag, wie Ott sagt, durchweg im Bereich von einem Zehntel.