Die „Bazooka“gegen die Corona-Krise
Mit einem historischen Hilfsprogramm will die Bundesregierung die Wirtschaft vor dem Absturz bewahren
- Olaf Scholz wählt martialische Worte, denn es soll ein Tag für die Geschichte werden. „Das ist die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun“, sagt der SPD-Bundesfinanzminister am Freitag vor der Bundespressekonferenz in Berlin.
Die „Bazooka“, die Scholz zusammen mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an diesem Tag vorstellen, ist ein unbegrenztes Kreditprogramm der Bundesregierung für die Wirtschaft. Dieses wiederum ist Teil eines gewaltigen Sicherheitsnetzes, das Unternehmen vor den Folgen der Corona-Krise schützen soll. Ein „Infarkt“der Wirtschaft, vor dem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Vortag gewarnt hatte, soll so verhindert werden. Denn längst geht die Angst vor einem Absturz der Konjunktur um. Ob Gasthaus oder Großkonzern – die Folgen der Corona-Pandemie treffen zahlreiche Unternehmen an verschiedenen Stellen. Bei den einen bleiben die Gäste weg, den anderen gehen die Vorprodukte aus China aus. Wie groß die Angst ist, zeigten die Abstürze der weltweiten Aktienkurse.
Diese Angst soll nun die Bazooka stoppen: Der Garantierahmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird um 92 Milliarden Euro auf eine halbe Billion Euro angehoben. Bei den KfW-Krediten soll der Bund 80 Prozent der Risiken übernehmen, sodass die Hausbanken mit nur noch 20 Prozent Risikoanteil die Unternehmen flüssig halten.
Steuerzahlungen von Unternehmen sollen zudem zinsfrei gestundet oder unbürokratisch gesenkt werden. Außerdem beschloss der Bundestag am Freitag im Schnellverfahren eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes.
Auch auf Länderebene demonstrieren Minister Entschlossenheit: Betroffenen Unternehmen solle so schnell und unkompliziert wie möglich geholfen werden, verspricht baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) am Freitag nach einem Treffen mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Kammern, Verbänden und der Arbeitsagentur. „Insbesondere braucht es jetzt rasch eine schlagkräftige Kombination aus Kurzarbeitergeld, bewährten Liquiditätshilfen und zinslosen Steuerstundungen“, sagt sie. Die Förderbanken im Süden seien zwar gut aufgestellt, müssten aber noch flexibler werden.
Alles zusammen dürfte den Staat viele Milliarden Euro kosten. Eine Zahl wollen die beiden Bundesminister in Berlin am Freitag nicht nennen. Denn bei Bedarf werde man weiter nachsteuern, verspricht Altmaier. Selbst ein Einstieg des Staates in notleidende Unternehmen will er nicht ausschließen. Scholz kündigt zudem europäisch abgestimmte Hilfen an. Nicht nur die Wirtschaft in Deutschland, sondern in ganz Europa sei in Not.
An fehlendem Geld und fehlendem politischen Willen werde das umfassendste Hilfsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik jedenfalls nicht scheitern. „Wir legen gleich alle Waffen auf den Tisch und zeigen, dass wir gewissermaßen stärker sind als das Problem, das uns da ökonomisch begegnen kann“, sagt Scholz.
Und Waffen habe man nach Jahren der Haushaltskonsolidierung reichlich. Es gibt Milliardenüberschüsse im Haushalt und bei der
Bundesanstalt für Arbeit. Und sollte das nicht reichen, will sich die Politik kurzfristig von der schwarzen Null verabschieden. Tatsächlich kann die Schuldenbremse ausgesetzt werden, wenn eine nachhaltige Störung der Wirtschaft vorliegt. Und das ist angesichts abgesagter Messen, fehlender Lieferungen und leerer Hotels und Restaurants sicher der Fall.
Die Wortwahl der Minister erinnert nicht zufällig an eine andere große Krise. Am 26. Juli 2012 hatte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, erklärt, seine Bank werde alles Notwendig tun, um den Euro zu erhalten. Die berühmten Worte „Whatever it takes“(was auch immer notwendig ist) beruhigten die Finanzmärkte und retteten nach Ansicht einiger Experten den Euro. Auch damals war von der „Bazooka“der EZB mit ihrer unbegrenzten Feuerkraft die Rede.
Scholz und Altmaier ziehen ganz bewusst die Parallele zur Weltfinanzkrise 2008/09. Anders als damals betreffe die jetzige Krise alle. Die Herausforderungen seien gewaltig. Doch anders als damals habe man Mittel und Wege. Und diese werde man nutzen. Altmaier spricht von einem „Signal an die Finanzmärkte“. Man sei entschlossen, Spekulanten in die Schranken zu weisen, die auf einen Zusammenbruch der Wirtschaft wetten.
Daher der „starke Aufschlag“mit den martialischen Worten.