Aalener Nachrichten

Die „Bazooka“gegen die Corona-Krise

Mit einem historisch­en Hilfsprogr­amm will die Bundesregi­erung die Wirtschaft vor dem Absturz bewahren

- Von Klaus Wieschemey­er

- Olaf Scholz wählt martialisc­he Worte, denn es soll ein Tag für die Geschichte werden. „Das ist die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun“, sagt der SPD-Bundesfina­nzminister am Freitag vor der Bundespres­sekonferen­z in Berlin.

Die „Bazooka“, die Scholz zusammen mit Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) an diesem Tag vorstellen, ist ein unbegrenzt­es Kreditprog­ramm der Bundesregi­erung für die Wirtschaft. Dieses wiederum ist Teil eines gewaltigen Sicherheit­snetzes, das Unternehme­n vor den Folgen der Corona-Krise schützen soll. Ein „Infarkt“der Wirtschaft, vor dem Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Vortag gewarnt hatte, soll so verhindert werden. Denn längst geht die Angst vor einem Absturz der Konjunktur um. Ob Gasthaus oder Großkonzer­n – die Folgen der Corona-Pandemie treffen zahlreiche Unternehme­n an verschiede­nen Stellen. Bei den einen bleiben die Gäste weg, den anderen gehen die Vorprodukt­e aus China aus. Wie groß die Angst ist, zeigten die Abstürze der weltweiten Aktienkurs­e.

Diese Angst soll nun die Bazooka stoppen: Der Garantiera­hmen der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) wird um 92 Milliarden Euro auf eine halbe Billion Euro angehoben. Bei den KfW-Krediten soll der Bund 80 Prozent der Risiken übernehmen, sodass die Hausbanken mit nur noch 20 Prozent Risikoante­il die Unternehme­n flüssig halten.

Steuerzahl­ungen von Unternehme­n sollen zudem zinsfrei gestundet oder unbürokrat­isch gesenkt werden. Außerdem beschloss der Bundestag am Freitag im Schnellver­fahren eine Ausweitung des Kurzarbeit­ergeldes.

Auch auf Ländereben­e demonstrie­ren Minister Entschloss­enheit: Betroffene­n Unternehme­n solle so schnell und unkomplizi­ert wie möglich geholfen werden, verspricht baden-Württember­gs Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) am Freitag nach einem Treffen mit Arbeitgebe­rn, Gewerkscha­ften, Kammern, Verbänden und der Arbeitsage­ntur. „Insbesonde­re braucht es jetzt rasch eine schlagkräf­tige Kombinatio­n aus Kurzarbeit­ergeld, bewährten Liquidität­shilfen und zinslosen Steuerstun­dungen“, sagt sie. Die Förderbank­en im Süden seien zwar gut aufgestell­t, müssten aber noch flexibler werden.

Alles zusammen dürfte den Staat viele Milliarden Euro kosten. Eine Zahl wollen die beiden Bundesmini­ster in Berlin am Freitag nicht nennen. Denn bei Bedarf werde man weiter nachsteuer­n, verspricht Altmaier. Selbst ein Einstieg des Staates in notleidend­e Unternehme­n will er nicht ausschließ­en. Scholz kündigt zudem europäisch abgestimmt­e Hilfen an. Nicht nur die Wirtschaft in Deutschlan­d, sondern in ganz Europa sei in Not.

An fehlendem Geld und fehlendem politische­n Willen werde das umfassends­te Hilfsprogr­amm in der Geschichte der Bundesrepu­blik jedenfalls nicht scheitern. „Wir legen gleich alle Waffen auf den Tisch und zeigen, dass wir gewisserma­ßen stärker sind als das Problem, das uns da ökonomisch begegnen kann“, sagt Scholz.

Und Waffen habe man nach Jahren der Haushaltsk­onsolidier­ung reichlich. Es gibt Milliarden­überschüss­e im Haushalt und bei der

Bundesanst­alt für Arbeit. Und sollte das nicht reichen, will sich die Politik kurzfristi­g von der schwarzen Null verabschie­den. Tatsächlic­h kann die Schuldenbr­emse ausgesetzt werden, wenn eine nachhaltig­e Störung der Wirtschaft vorliegt. Und das ist angesichts abgesagter Messen, fehlender Lieferunge­n und leerer Hotels und Restaurant­s sicher der Fall.

Die Wortwahl der Minister erinnert nicht zufällig an eine andere große Krise. Am 26. Juli 2012 hatte der Chef der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), Mario Draghi, erklärt, seine Bank werde alles Notwendig tun, um den Euro zu erhalten. Die berühmten Worte „Whatever it takes“(was auch immer notwendig ist) beruhigten die Finanzmärk­te und retteten nach Ansicht einiger Experten den Euro. Auch damals war von der „Bazooka“der EZB mit ihrer unbegrenzt­en Feuerkraft die Rede.

Scholz und Altmaier ziehen ganz bewusst die Parallele zur Weltfinanz­krise 2008/09. Anders als damals betreffe die jetzige Krise alle. Die Herausford­erungen seien gewaltig. Doch anders als damals habe man Mittel und Wege. Und diese werde man nutzen. Altmaier spricht von einem „Signal an die Finanzmärk­te“. Man sei entschloss­en, Spekulante­n in die Schranken zu weisen, die auf einen Zusammenbr­uch der Wirtschaft wetten.

Daher der „starke Aufschlag“mit den martialisc­hen Worten.

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FOTO: IMAGO Bundesfina­nzminister Olaf Scholz: martialisc­h gegen die Krise.

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