Abruptes Ende der Skisaison
Paznauntal und St. Anton am Arlberg unter Corona-Quarantäne
(dpa) - Die österreichische Regierung schließt im Kampf gegen das Coronavirus für zunächst eine Woche viele Geschäfte und stellt zudem Gebiete in Tirol unter Quarantäne. „Diese Gebiete werden ab sofort isoliert“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am Freitag in Wien. Ausländische Gäste dürften aber noch ausreisen, ergänzte Innenminister Karl Nehammer. Flugverbote gelten nun auch für den Luftverkehr von und nach Frankreich, Spanien und die Schweiz. Auch Tourismus und Wintersport spüren die Auswirkungen der Corona-Krise – die Wintersaison findet ein vorzeitiges Ende.
Außerdem sollen Lokale und Restaurants ab Montag in Österreich nur noch bis 15 Uhr öffnen dürfen. Lebensmittelmärkte, Apotheken, Banken, Drogeriemärkte, die Post und weitere essenzielle Geschäfte dürfen weiterhin öffnen. Auch an der Grenze zur Schweiz werden künftig Kontrollen durchgeführt ähnlich denen an der österreichisch-italienischen Grenze. Die sozialen Kontakte sollen in der Alpenrepublik so auf ein Minimum reduziert werden.
In Tirol und Salzburg schließen wegen der Corona-Epidemie vorzeitig alle Seilbahnen und beenden die Wintersaison verfrüht. Das teilten die Landesregierungen der beiden österreichischen Bundesländer mit. Das Paznauntal und die Gemeinde St. Anton am Arlberg, beide in Tirol, wurden unter Quarantäne gestellt. Damit soll die Ausbreitung des Coronavirus gebremst werden. Die Seilbahnen seien nur noch bis einschließlich Sonntag geöffnet, die Hotels und andere Beherbungsbetriebe bis einschließlich Montag. Der Montag sei gewählt worden, damit eine „geordnete Rückreise der Gäste“aus den Skigebieten erfolgen könne, hieß es aus Innsbruck und fast wortgleich aus Salzburg. „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, aber wir übernehmen Verantwortung für alle Tirolerinnen und für alle, die sich in Tirol aufhalten“, gab Landeshauptmann und Tourismusreferent Günther Platter bekannt. „Für uns steht die Gesundheit unserer Gäste, Mitarbeiterinnen und der Tiroler Bevölkerung an erster Stelle.“
In der vorigen Saison 2018/2019 hatte Tirol 6,2 Millionen Gäste, die rund zwei Milliarden Dollar für die Unterbringung ausgaben. Salzburg zählte im selben Zeitraum knapp vier
Millionen Gäste. Österreich hatte bereits beschlossen, demnächst die Schulen zu schließen.
„Österreich wird nicht auf Dauer aber doch auf Zeit auf Minimalbetrieb herunterfahren“, sagte Kurz. „Wir sind als Republik Österreich ein Team. Ein Team, in dem jeder seinen Beitrag zu leisten hat – gerade in einer herausfordernden Situation.“Von derzeit 6600 getesteten Menschen sind 432 nach Angaben von Gesundheitsminister Rudolf Anschober mit dem neuen Coronavirus infiziert. In der Nacht auf Donnerstag gab es zudem den ersten Todesfall eines mit dem neuen Coronavirus Infizierten in der Alpenrepublik.
Mit 141 bestätigten Fällen ist vor allem das Bundesland Tirol stark vom Ausbruch des Coronavirus betroffen. Als ein Zentrum der Verbreitung stellte sich zuletzt der beliebte Wintersportort Ischgl im Paznauntal heraus. Die Menschen in diesen Gebieten hätten ein ganz besonderes Risiko, sagte Kurz.
Es ist bereits das dritte Mal innerhalb weniger Tage, dass die österreichische Regierung drastische Maßnahmen zum Kampf gegen das Virus verkündet. Am Dienstag hatte Kurz
Kontrollen an der Grenze zu Italien angeordnet, die seit Mittwoch durchgeführt werden. Seitdem ist die Einreise von Italien aus deutlich erschwert, am Brenner bildeten sich zeitweise kilometerlange Staus. 47 kleinere Grenzübergänge wurden inzwischen komplett geschlossen.
Zudem wurden Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit mehr als 100 Teilnehmern und im Freien mit mehr als 500 Teilnehmern für die kommenden Wochen untersagt. Zahlreiche Konzerte und Aufführungen wurden daher abgesagt, die meisten Museen geschlossen und der Spielbetrieb etwa der FußballBundesliga vorerst ausgesetzt. Spätestens ab Montag findet an Universitäten und Hochschulen kein Lehrbetrieb mehr statt. Am Mittwoch teilte Kurz mit, dass ab kommender Woche sämtliche Schulen den Unterricht einstellen müssen.
„Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Auch für mich persönlich war diese Entscheidung sehr schwer. Aber diese Entscheidungen sind alternativlos“, sagte Tirols Landeschef Günther Platter am Freitag in Innsbruck. „Es geht um die Gesundheit der Menschen in unserem Land. Es braucht jetzt in unserem Land Solidarität, es braucht Zusammenhalt. Das packen wir gemeinsam.“
Auch in Deutschland endet die Skisaison vorzeitig: Im größten und bedeutendsten Wintersportgebiet in Baden-Württemberg, dem Feldberg im Südschwarzwald, laufen die Lifte am Sonntag auf dem 1493 Meter hohen Berg zum letzten Mal in dieser Saison, wie der Liftverbund Feldberg am Freitag mitteilte. Von Montag an seien die Skipisten geschlossen. Auch Bayern reagiert: Die Bergbahnen am Wendelstein kündigten am Freitag die Einstellung ihres Betriebs an. Von Samstag an fahren die Wendelstein-Zahnradbahn in Brannenburg und die Seilbahn in Bayrischzell nicht mehr.
Baden-Württemberg will außerdem die Grenze zu Frankreichstrenger überwachen. „Es gehört jetzt auch dazu, dass wir dort, wo es notwendig ist, den internationalen Grenzverkehr stärker kontrollieren“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Freitag. Es werde Einschränkungen im Grenzverkehr geben – das sei eine „zwingend notwendige Maßnahme“.