Die Verwirrung ist beträchtlich
Manche Museen im Südwesten bleiben trotz Corona-Krise geöffnet – Bayern macht konsequent zu
Am Freitagvormittag gab man sich in Stuttgart noch ganz zuversichtlich. „Die Museen bleiben geöffnet“, hieß es, nur wolle man auf Führungen und Vorträge oder große Vernissagen verzichten. Doch um die Ausbreitung des Coronavirus in den Griff zu bekommen, wurde gestern die Notbremse gezogen: Neben sämtlichen „Veranstaltungen in Kultur, Sport und Freizeit“werde „mit sofortiger Wirkung“der Betrieb von Clubs, Bars, Museen, Kinos und Bädern“untersagt. Das gab ein Sprecher der Landeshauptstadt bekannt.
Am Kunstmuseum Stuttgart wollte man die für die meisten doch überraschende Nachricht nicht kommentieren. Man habe jetzt mit internen Organisationen und Umstellungen zu tun und wisse ja noch nicht einmal, wie lange geschlossen bleiben soll, sagte ein Mitarbeiter. Sicher ist momentan nur, dass zumindest bis 30. April alle Veranstaltungen abgesagt werden. Die Leitung der Staatsgalerie bezeichnete die Schließung als eine „dem Ernst der Lage angemessene und richtige Entscheidung“.
Im Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg hält man sich derweil mit einer grundsätzlichen Anordnung zurück. Der Pressesprecher des Ministeriums Roland Böhm erklärte, man sei allerdings in engem Kontakt mit den Kommunen und werde je nach Situation gemeinsam entscheiden.
Bei einer Umfrage gab sich das Gros der Museen in der Region Bodensee-Oberschwaben zuversichtlich. Ute Stuffer, die Leiterin des Kunstmuseums Ravensburg, betonte, das Haus bleibe vorerst offen. Auch Führungen und Veranstaltungen bis zu einer Zahl von 50 Personen würden stattfinden. „Wir warten auf neue Bestimmungen der Stadt“, sagte Stuffer. So wird es auch an den meisten anderen Häusern gehandhabt. Sie bleiben geöffnet, aber die Führungsund Rahmenprogramme laufen auf Sparflamme. Das heißt, große Veranstaltungen wie Eröffnungen oder Vorträge werden abgesagt.
Einzige Ausnahme ist bislang das Ulmer Museum unter der Leitung von Stefanie Dathe. Sie hat am Freitagnachmittag erfahren, dass das Haus ab sofort bis einschließlich 19.April für den Publikumsverkehr geschlossen wird. In Bayern wurde dagegen schon am Freitagmorgen beschlossen, alle staatlichen Museen, Sammlungen, Archive und Bibliotheken für den Publikumsverkehr zu schließen – zunächst bis zum Ende der Osterferien. Das gab Bayerns Kunstminister Bernd Sibler in München bekannt.
Entsprechende Entscheidungen wurden auch in Brandenburg, Berlin oder Sachsen getroffen, genauso in Österreich, wo der Ausstellungsbetrieb bis Ende März ruhen soll. In nächster Nähe ist davon das Kunsthaus Bregenz betroffen.
Spät beschlossen gestern Abend auch einzelne Schweizer Museen wie das Kunsthaus Zürich zu schließen. Man entscheide Anfang nächster Woche, „ob eine partielle Öffnung möglich ist“, hieß es in einer Pressemitteilung. Auch die private Fondation Beyeler in Riehen bei Basel hat seit dem heutigen Samstag zu. Dort wurde die bis vor Kurzem bestens besuchte Blockbuster-Schau „Edward Hopper“gezeigt. Im Kunstmuseum Liechtenstein läuft der Museumsbetrieb „unter bestmöglicher Einhaltung der Hygienemaßnahmen weiter“, teilte die Sprecherin des Hauses mit.
Die Verwirrung ist beträchtlich, vor allem in Deutschland, zumal die Ministerien in einigen Bundesländern klare Anweisungen zur Schließung der Museen geben, andere wiederum abwarten. Man darf aber davon ausgehen, dass in den nächsten Tagen weitere Länder dem Beispiel Bayerns und Sachsens folgen werden.
Auch die internationalen Entwicklungen sprechen für eine solche Entscheidung. Große Kunstmessen wie die Tefaf in Maastricht wurden bereits abgebrochen, die Art Cologne oder die Art Dubai werden verschoben. Genauso die Biennale in Venedig. Geschlossen sind mittlerweile das Metropolitan Museum of Art und das Museum of Modern Art in New York, im Louvre und im Musée d’Orsay in Paris dürfen sich nur 1000 Besucher gleichzeitig aufhalten.
Was bleibt, ist das Netz. Viele Institutionen verweisen im Zuge der Schließungen und eingeschränkter Betriebe auf ihre sozialen Medien und die Kunst im digitalen Raum. An den großen Häusern kann man sich eh schon durch die Sammlungen klicken, und zumindest dieses virtuelle Angebot wird in den nächsten Wochen zunehmen.