Aalener Nachrichten

„Margot war ein Geschenk für mich“

Anna Maria Mühe über ihre Rolle als Unternehme­rtochter in „Unsere wunderbare­n Jahre“

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Das wechselhaf­te Schicksal einer Familie zwischen Nachkriegs­zeit und Wirtschaft­swunder in den 1940er- und 1950erJahr­en – diese Geschichte erzählt das dreiteilig­e TV-Epos „Unsere wunderbare­n Jahre“nach einer Romanvorla­ge von Peter Prange. Anna Maria Mühe, die schon mehrmals in historisch­en Stoffen zu sehen war, spielt darin eine von drei Töchtern eines Unternehme­rs aus dem Sauerland. Im Interview mit Cornelia Wystrichow­ksi spricht sie über die Faszinatio­n für ihre Rolle, Heldinnen der Geschichte und die Beschäftig­ung mit der Nachkriegs­ära in der heutigen Zeit.

Frau Mühe, Sie spielen in der Romanverfi­lmung „Unsere wunderbare­n Jahre“eine von drei Töchtern eines Unternehme­rs in der Nachkriegs­zeit. Kannten Sie Peter Pranges Buch schon vorher?

Ich lese eher selten historisch­e Romane, habe mich dann aber in der Vorbereitu­ng auf meine Rolle mit dem Buch befasst. Peter Prange war übrigens am Set, weil er selber eine kleine Rolle spielen durfte, und seine Augen haben gefunkelt, als er die tollen Kulissen und das namhafte Ensemble gesehen hat. Meine Figur im Film nimmt aber einen anderen Weg als in seinem Roman, deshalb habe ich mich vornehmlic­h am Drehbuch orientiert.

Die Unternehme­rtochter Margot ist eine ambivalent­e Figur, heiratet sogar einen Alt-Nazi …

Margot war mit ihren verschiede­nen Facetten ein absolutes Geschenk für mich, weil ich es als Schauspiel­erin toll finde, wenn ich bei einer Figur eine so große Entwicklun­g spielen darf. Im ersten Teil ist sie noch der politische­n Linie der NS-Zeit treu, in der sie aufgewachs­en ist, im zweiten Teil löst sie sich davon. Sie lernt, sich zu behaupten, stellt sich gegen den Vater und die eigene Familie – und das in den 50er-Jahren. Das finde ich schon sehr mutig, und das hat mich beeindruck­t.

Der Dreiteiler schlägt den Bogen vom Jahr 1948 mit der Währungsre­form bis in die Wirtschaft­swunderzei­t. Es ging um Wohlstand, der sich in einem dicken Bauch, dicken Autos und dicken Zigarren ausdrückte, der Massenkons­um begann …

Und darunter leiden wir bis heute. Man muss sich ja nur den Klimawande­l angucken, um das zu sehen.

Wenn der Mensch nicht das richtige Maß findet, dann geht die Welt unter, das ist eine einfache Rechnung. Wir müssen versuchen, das richtige Maß wieder zu finden, uns neu zu definieren, für uns und auch für unsere Kinder.

In „Unsere wunderbare­n Jahre“verkörpern Sie, wie auch schon in der Bauhaus-Serie „Die neue Zeit“, eine Frau in einer von Männern dominierte­n Gesellscha­ft. Was empfinden Sie bei solchen Rollen?

Ich finde es spannend, solche Epochen aus dem weiblichen Blickwinke­l zu betrachten. Die Frauen, die während des Kriegs selbststän­dig sein mussten, wurden in den 50erJahren plötzlich wieder zurück an den Herd geschickt. Als Schauspiel­erin empfinde ich es als große Chance, auch der kommenden Generation zu zeigen, dass der Weg zur Gleichbere­chtigung keinesfall­s leicht war. Es waren große Kämpfe nötig, damit wir Frauen an dem Punkt ankommen, wo wir heute stehen.

Aber völlige Gleichbere­chtigung gibt es immer noch nicht…

Nein, überhaupt nicht. Mir ist sehr bewusst, dass es uns heute als Frauen viel besser geht als in früheren Zeiten. Dennoch ist die Gleichbere­chtigung noch lange nicht da angekommen, wo sie sein sollte. Dass Frauen im Job für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden als Männer, ist ja zum Beispiel ein solcher Aspekt.

Sie haben schon wiederholt in historisch­en Stoffen mitgespiel­t. Wie erklären Sie das große Interesse an solchen Themen?

Es ist immer wieder spannend, sich in eine solche Zeit reinfallen zu lassen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es damals gewesen sein könnte. Für die Zuschauer, aber auch für die Macher. Wir zeigen ja nicht mit dem Finger drauf und sagen: „So war es!“, aber wir versuchen, den Dingen gerecht zu werden. Und wir Schauspiel­er freuen uns, weil wir dadurch große Geschichte­n erzählen können.

In welche Epoche würden Sie am liebsten reisen, wenn es möglich wäre?

Definitiv in die 20er-Jahre. Das geht los mit der Mode, die finde ich in dieser Epoche am schönsten, für Frau und Mann. Die Zeit war wahnsinnig aufregend und progressiv, da reinzuschn­uppern würde mir enormen Spaß machen.

Und was ist mit der Ära von „Unsere wunderbare­n Jahre“?

Das ist eine sehr schwierige Zeit. Der Krieg war gerade erst zu Ende, niemand wusste, wohin es jetzt geht, die Kinder hatten unter den Altlasten der Eltern zu leiden, die auf sie übertragen wurden – das stelle ich mir alles sehr schwierig vor.

Was kann die Beschäftig­ung mit der Nachkriegs­ära uns heutigen Zuschauern geben?

Der Stoff führt uns vor Augen, wie wichtig es ist, sich gegen die neuen Rechten unserer Republik zu wehren, ihnen kein Podium mehr zu bieten. Weil es ganz schnell nach hinten losgehen kann.

Das dreiteilig­e TV-Epos

läuft am 18., 21. und 25. März jeweils um 20.15 Uhr im Ersten.

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FOTO:WDR/UFA FICTION/STANISLAV HONZIK In „Unsere wunderbare­n Jahre“schlüpft Anna Maria Mühe in die Rolle von Margot – einer von drei Töchtern eines Unternehme­rs.

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