Corona-Krise erreicht neue Dimension
Mehrere Skifahrer positiv getestet – 25 Busse aus dem Ostalbkreis waren im Skigebiet bei Ischgl – Drive-in-Testzentrum auf dem Greutplatz eingerichtet
- Die Entwicklung der CoronaPandemie im Ostalbkreis hat eine neue Dimension erreicht. Mehrere Skifahrer, die am vergangenen Samstag in Ischgl gewesen sind, wurden positiv auf das Coronavirus getestet, sagte Landrat Klaus Pavel am Freitagmorgen bei einem Pressegespräch im Landratsamt. Wie viele Busunternehmen dorthin eine Skiausfahrt angeboten haben, sei noch unklar. Bislang seien fünf Anbieter identifiziert worden. Es sei allerdings davon auszugehen, dass es mehrere waren. Pavel sprach von 25 Bussen, die Bürger aus dem gesamten Ostalbkreis ins dortige Skigebiet gefahren haben.
Solange die Infektionskette nachvollzogen und festgestellt werden kann, mit welchen Personen der oder die Betroffene Kontakt hatte, könne man reagieren und diese in Quarantäne setzen. Schlimmer werde es erst dann, wenn eine Nachverfolgung nicht mehr lückenlos möglich sei. Das hatte der Vorstandvorsitzende der Kliniken Ostalb, Professor Ulrich Solzbach, bereits beim ersten Pressegespräch am 4. März gesagt. Letzterer Fall ist jetzt eingetreten. Und dieser stellt das Landratsamt vor eine große Herausforderung.
Noch am Dienstag hatte der Landrat in der Kreistagssitzung seine extreme Sorge angesichts des grassierenden Coronavirus und der damit einhergehenden täglich steigenden Fallzahlen geäußert. Seine Einschätzung hat sich jetzt bewahrheitet. Angesichts der in Ischgl gewesenen Skifahrer sprach Pavel am Freitag sogar von einer Krise.
Diese hat das Landratsamt am Donnerstagabend erreicht, als die Ergebnisse von mehreren positiv getesteten Skifahrern dem Gesundheitsamt des Ostalbkreises vorlagen. Um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, hat das Landratsamt sofort einen Aufruf gestartet mit der Bitte, dass alle Teilnehmer einer Ausfahrt nach Ischgl sowie alle Familienangehörigen vorerst zu Hause bleiben und Kontakte meiden. Stand Donnerstagabend davon betroffen sind Ausfahrten mit der Ebnater Firma Beck und Schubert (Dr. Skate) sowie den Ellwanger Unternehmen OK.go und Köppel Reisen. Bis Freitagmorgen seien zwei weitere Veranstalter identifiziert worden, sagte Pavel. Weitere Abfragen sollen ans Tageslicht bringen, welche Busunternehmen oder Anbieter überdies Ausfahrten in das österreichische Skigebiet veranstaltet haben.
Allein 55 Wintersportler seien bei der Skiausfahrt von Dr. Skate gemeinsam mit dem Unternehmen Beck und Schubert am vergangenen Samstag in Ischgl dabei gewesen. Nicht weniger dürften es bei den beiden Ausfahrten der Ellwanger Busunternehmen gewesen sein, so Pavel. Bestätige sich die Mutmaßung, dass 25 Busse dort waren, könne man es an einer Hand abzählen, wie viele Menschen sich infiziert haben und weitere Menschen aus ihrem Familien- oder Bekanntenkreis angesteckt haben könnten.
Noch am Donnerstagabend hätten Mitarbeiter des Landratsamts bis weit nach Mitternacht die Skifahrer angerufen, die mit Dr. Skate in Ischgl waren. Einer davon war Uli Riegel, Inhaber des Unternehmens Dr. Skate, Geschäftsführer der beiden Aalener Läden Dr. Fair Fashion und Dr. Fashion, sowie Mitveranstalter der Skiausfahrt. Noch am Donnerstag habe er dem Landratsamt die Liste der Teilnehmer übergeben. Einige davon hätten bei der Rückkehr coronatypische Symptome gehabt und sich daraufhin beim Gesundheitsamt testen lassen, sagte Riegel. Seither seien diese ebenso wie ihre Familienmitglieder und Kontaktpersonen für zwei Wochen unter häusliche Quarantäne gestellt.
Seit Donnerstagabend zu Hause bleibt auch der Einzelhändler. Er fühle sich zwar angeschlagen, aber er glaube nicht, dass er sich mit dem Virus infiziert hat. Doch glauben heißt nicht wissen. Deshalb habe er auch seinen Mitarbeitern, mit denen er in Kontakt gewesen sei, angeraten, zu Hause zu bleiben. Wie auch andere in Ischgl skifahrende Bürger, die sich aus Sorge beim Gesundheitsamt des Landratsamts gemeldet haben, wurde Riegel am Freitagnachmittag getetest. Allerdings nicht in der Anfang März eingerichteten externen Untersuchungsstelle, sondern auf dem Aalener Greutplatz.
Aufgrund der Vielzahl an Skifahrern, die bereits erkrankt sind oder erkrankt sein könnten, hat hier das Landratsamt gemeinsam mit den Maltesern am Freitagmorgen ein
eingerichtet, bei dem mit dem Auto eingefahren wird und die jeweiligen Abstriche aus dem Auto heraus entnommen werden, sagte Pavel. Allein am Freitag war dieses bis Mitternacht geöffnet. Tests würden hier auch am Samstag und Sonntag genommen. Die Auswertung der Ergebnisse werde ein paar Tage dauern, berichtete Pavel. Ein weiteres Drive-in-Testzentrum soll im Laufe der nächsten Woche in Absprache mit der Kreisärzteschaft auch in Schwäbisch Gmünd eingerichtet werden.
Parallel sei das Personal im Landratsamt aufgestockt worden, um Kontaktpersonen der Ischgl-Skifahrer zu ermitteln, sagte Pavel. Er gehe von Hunderten von Bürgern aus, die der Führungsstab nunmehr kontaktieren müsse. Um Anrufe von besorgten Skifahrern entgegenzunehmen, seien weitere zehn Telefone und eine eigens für sie geschaffene eingerichtet worden. Jeder, der sich unsicher ist, solle sich melden und keine Scham haben. „Denn jeden von uns kann eine Infektion treffen.“Das Drive-in-Testzentrum sei derzeit ausschließlich für Skifahrer eingerichtet worden. Alle anderen Bürger könnten sich nach wie vor bei der Hotline des Gesundheitsamtes unter Telefon 07361 / 503-1900 melden und Termine für Tests vereinbaren.
Seinem Test blickt Uli Riegel noch gelassen entgegen. Doch selbst wenn dieser negativ ausfällt, muss er die nächsten zwei Wochen zu Hause bleiben und sich von dort aus um seine Läden
Drive-in-Testzentrum Ischgl-Hotline
in der Innenstadt kümmern. Der Laden Dr. Fair Fashion am Marktplatz laufe weiter, wenn auch möglicherweise mit eingeschränkten Öffnungszeiten, so Riegel. Verschieben müsse er indes die Neueröffnung seine Geschäfts Dr. Fashion in der Radgasse (einst Malibu).
Angesichts der aktuellen Entwicklungen gilt ab sofort auch ein
des Ostalbkreises, sagte Solzbach. Ausnahmen würden nur für die engsten Familienangehörigen gemacht. Dasselbe gelte für Einrichtungen wie Pflegeoder Altenheime, da vor allem ältere und vorerkrankte Menschen zur Risikogruppe zählen. Um Betten für Corona-Patienten freizumachen, seien auch alle planbaren Operationen und Eingriffe in den Krankenhäusern verschoben worden. „Wir müssen schauen, dass das Gesundheitssystem funktionsfähig bleibt“, sagte Solzbach.
Kritik übte Pavel beim Pressegespräch am Kultusministerium. „Schulen hätten bereits nach den Faschingsferien geschlossen werden müssen.“Darüber hinaus appellierte der Landrat, alle verschiebbaren Veranstaltungen abzusagen. Diesbezüglich habe er kein Verständnis mit Blick auf den VfR. Dafür, dass dieser Spiele mit bis zu 999 Personen im Stadtion stattfinden lässt, finde er keine Worte. „Der Schutz der Gesundheit geht derzeit über alles. Das müsste auch dem VfR bewusst sein.“
„Die nächsten drei Wochen werden entscheidend sein“, so Pavel. Ob ansteigende Temperaturen dem Virus den Garaus machen, bleibe abzuwarten. Bislang sei die Hoffnung, dass er mit dem wärmeren Wetter abflacht, nicht eingetreten, bedauerte Solzbach.
in den Kliniken Besucherstopp
Betroffene, die in Ischgl beim Skifahren waren, sollen sich dringend per Mail an ischgl@ostalbkreis.de oder per Telefon unter 07361 / 5031901 beim Gesundheitsamt des Ostalbkreises melden. Eine Anmeldung zur Abstrichnahme im auf dem Aalener Greutplatz ist zwingend erforderlich. Das Gesundheitsamt vergibt dann einen festen Termin, verbunden mit einem Code, der zur Einfahrt ins Testzentrum berechtigt. Bei der Anmeldung zum Termin sind zwingend Name, Vorname, Adresse, Telefonnummer (Erreichbarkeit rund um die Uhr) anzugeben. Zum Testtermin muss neben dem Code auch der Personalausweis mitgebracht werden. Das Drive-inTestzentrum in Aalen ist am Samstag, 14. März, am Sonntag, 15. März, und bis auf Weiteres täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet.