Deutschland schließt Grenzen
Betroffen sind auch Österreich und die Schweiz – Wien verhängt Ausgangssperre
(AFP/epd/klw) - Wegen der Corona-Krise schließt Deutschland ab diesem Montag teilweise seine Grenzen. Von 8.00 Uhr an werden nach Angaben von Innenminister Horst Seehofer (CSU) vorübergehend wieder Kontrollen an den Grenzen zu Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Dänemark und Frankreich eingeführt. Die Ausbreitung des Coronavirus schreite „schnell und aggressiv voran“, sagte Seehofer. Jeden Tag würden viele neue Erkrankungsfälle gemeldet. Man müsse davon ausgehen, dass der Höhepunkt noch nicht erreicht sei. Die Weitergabe
des Virus müsse unterbunden werden. Der Verzicht auf Veranstaltungen reiche hierfür nicht aus. Es müssten auch Reisebewegungen eingeschränkt werden, betonte er.
Die Regelung zu den Binnengrenzen betrifft laut Seehofer vor allem den Reiseverkehr. Der Warenverkehr und die Ein- und Ausreise von Berufspendlern im Grenzgebiet sollen weiter möglich sein. Selbstverständlich könnten auch Bundesbürger wieder nach Deutschland einreisen, sagte Seehofer. Erfreut zeigte sich Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. „Angesichts des Risikogebiets
auf französischer Seite ist diese Maßnahme – die ich dringend gefordert habe – absolut richtig“, sagte der CDU-Politiker am Sonntag.
In verschiedenen Ländern Europas treten am Montag zudem verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie in Kraft. In Tschechien gilt ab Montag ein kompletter Reisebann. In Frankreich bleiben – wie nun auch in allen deutschen Bundesländern – Schulen und Kindertagesstätten geschlossen. In Griechenland werden ab diesem Montag Einlasskontrollen vor Supermärkten vorgenommen: Zugelassen ist nur noch ein Mensch auf zehn Quadratmetern Verkaufsfläche.
Drastische Maßnahmen hat Österreich erlassen. Für das ganze Land wurden am Sonntag „Ausgangsbeschränkungen“angeordnet. Kanzler Sebastian Kurz erklärte in Wien, es gebe fürs Erste nur noch drei Gründe, das Haus zu verlassen: nicht aufschiebbare Arbeit im Beruf, dringende Besorgungen wie der Einkauf von Lebensmitteln sowie die Notwendigkeit, anderen Menschen zu helfen. Die Polizei werde dies kontrollieren. Bei Verstößen drohten „empfindliche Verwaltungsstrafen“.
(dpa/klw/epd) - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat umfassende Kontrollen und Einreiseverbote an den Grenzen zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich, Dänemark und auch Luxemburg angekündigt. „Für Reisende ohne triftigen Reisegrund gilt, dass sie nicht mehr einreisen können“, sagte Seehofer am Sonntagabend in Berlin. Die Entscheidung werde an diesem Montag ab 8 Uhr greifen.
„Die Ausbreitung des Coronavirus schreitet schnell und aggressiv voran“, sagte er. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Höhepunkt dieser Entwicklung noch nicht erreicht ist“, so Seehofer. Am Montag werde im Krisenstab unter dem Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Kabinett über weitere Maßnahmen beraten, dazu zählten auch mögliche Rückholaktionen für deutsche Staatsbürger, die in die Heimat zurückkehren wollten.
„Deutsche Staatsangehörige haben selbstverständlich das Recht, wieder in ihr Heimatland einzureisen“, sagte Seehofer zu den Restriktionen. Das Gleiche gelte auch für Ausländer mit Aufenthaltsberechtigung und Wohnsitz in Deutschland, erklärte Staatssekretär Hans-Georg Engelke. Ausgenommen seien auch der Warenverkehr und der Verkehr von Pendlern. „Wir verbieten ja nicht die Berufstätigkeit“, sagte Seehofer.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versicherte am Abend im ARD-„Bericht aus Berlin“: „Es geht nicht um Grenzschließungen als generelles Mittel.“Der freie Warenverkehr und wirtschaftliche Aktivitäten sollten nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. „Wir versuchen, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten.“
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte bereits am Sonntagvormittag eine Schließung der Grenze zu Frankreich gefordert. Dementsprechend zustimmend nahm er die Ankündigung auf. „Angesichts des Risikogebiets auf französischer Seite ist diese Maßnahme – die ich dringend gefordert habe – absolut richtig. Unnötige Einreisen von ausländischen Hoheitsgebieten haben zu unterbleiben!“, sagte Strobl. Die an Baden-Württemberg grenzende französische Region Grand Est (Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne) gilt als Risikogebiet. „Es ist entscheidend wichtig, die Ausbreitung des Virus bestmöglich zu verlangsamen. Ich habe dem Bundesinnenminister unsere volle Unterstützung und die der Landespolizei zugesagt“, sagte Strobl. Für medizinisches und pflegerisches Personal, Pendler und den Warenverkehr werde es „selbstverständlich“Ausnahmen geben.
Die Vorbereitungen für die Grenzkontrollen laufen bereits. Polizeikräfte seien unterwegs zu den Grenzabschnitten, sagte Dieter Romann, der Präsident der Bundespolizei, bei der Pressekonferenz mit Seehofer in Berlin. Es sei ausreichend Personal vorhanden. Von Corona-Infektionen sei auch die Polizei betroffen. Er nannte vier bestätigte Infektionen und 240 Polizisten, die als Kontaktpersonen in Quarantäne seien. „Die Zahlen steigen ständig“, sagte er. Es stünden noch Ergebnisse von 90 Tests aus. Romann betonte: „Wir schließen keine Grenzen. Nordkorea tut das. Wir kontrollieren an den Grenzen, das ist etwas ganz anderes.“Die Grenzkontrollen seien „eine Sache, für die ich seit
Freitag in der Tat ziemlich gekämpft habe“, sagte Seehofer. Er habe lange auf eine einvernehmliche europäische Lösung in dieser Frage gehofft. In einer Krisensituation könne man aber irgendwann nicht mehr abwarten. „Schuldig macht sich nur, wer nicht handelt“, sagte er. Deutschland werde mit der Covid-19-Krise noch viele Monate zu tun haben. Die Entscheidung zu Grenzschließungen ist
Seehofer zufolge in Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer gefallen, darunter auch mit dem badenwürttembergischen Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Die Nachbarstaaten und die EU-Kommission seien informiert worden. Das Schengener Abkommen sieht eigentlich
offene Grenzen innerhalb Europas vor. Grenzschließungen sind dabei an Bedingungen geknüpft. Seehofer sagte, momentan gehe der Gesundheitsschutz der Bevölkerung vor. Wie lange die Binnengrenzen aufrechterhalten werden, könne er nicht sagen.
Frankreich kündigte als Reaktion auf die deutschen Maßnahmen ebenfalls verschärfte Kontrollen an.