Keine Wettkämpfe, keine Tokio-Tickets?
Selbst im Gastgeberland schwindet der Glaube an Olympische Spiele im Sommer – Probleme für Athleten
(dpa) - Last-Minute-Tickets? Härtefallregeln? Olympia-Ausnahmen? Knapp die Hälfte aller Sportler, die zu den weiterhin geplanten Spielen nach Tokio reisen wollen, haben noch nicht mal die Qualifikation geschafft. Wie auch, wenn der Sport aufgrund der Coronavirus-Pandemie nahezu stillsteht. Ungewissheit überall, auch in Deutschland. Dabei heißt es unter Punkt sieben am Ende der jeweiligen Sportarten zu den Kriterien für die Olympia-Qualifikation: „Die offizielle Nominierung durch den DOSB-Vorstand erfolgt im Nominierungszeitraum Ende Mai bis Anfang Juli 2020.“
Selbst IOC-Präsident Thomas Bach räumte aber bereits „ernsthafte Probleme“mit den Qualifikationswettbewerben ein. „Wir werden sehr flexibel sein und gegebenenfalls die Qualifikationskriterien verändern“, sagte der 66-Jährige. Denn noch immer wollen das Internationale Olympische Komitee sowie Gastgeber Japan die Spiele vom 24. Juli bis 9. August wie geplant durchführen. IOCVize
John Coates sagte australischen Zeitungen im Brustton der Überzeugung: „Alles beginnt am 24. Juli.“DOSB-Präsident Alfons Hörmann meinte zum Thema Termin-Entscheidung: „Es wird nicht im Laufe der nächsten Tage so kommen, dass eine endgültige Klarheit zu schaffen ist. Ich sehe mich außerstande zu bewerten, wie in zwei Monaten die weltweite Situation aussieht.“
Die Probleme sind dennoch da: Sportlich qualifiziert sind für die Spiele bisher laut Bach 55 Prozent, 45 Prozent sind es nicht. Und es ist nicht absehbar, wann zum Beispiel Schwimmer, Ruderer, Ringer oder Leichtathleten in Deutschland oder international wieder in Wettkämpfen antreten können. Betroffen von der Absagenflut waren am Montag auch die deutschen Olympiaboxer.
Die umstrittene Veranstaltung in London wurde nach der Abendsession von der Boxing Task Force des IOC vorzeitig abgebrochen.
Hörmann sieht in den noch ausstehenden Qualifikationen indes keine allzugroße Schwierigkeit. „Die Nominierungskriterien für das Team Deutschland können entsprechend flexibel angepasst werden, sofern Qualifikationswettkämpfe nicht voll umfänglich stattfinden“, sagte der 59-Jährige. Zudem werde auch das IOC mit der Anpassung von Qualifikationen darauf reagieren. „Das ist sicher die derzeit kleinste Sorge, die uns beschäftigt“, meinte Hörmann.
Aber veränderte Qualifikationsnormen sind das eine, Topleistungen bei exakt durchgeplanten Trainingswochen auf Wettkämpfe hin das andere. Christopher Linke hat die Tokio-Quali geschafft, dennoch sagt der WM-Vierter über 20 Kilometer Gehen: „Motivation und Moral sind bei mir komplett weggebrochen, ich konnte in den vergangenen vier, fünf Tagen gar nicht trainieren.“