Aalener Nachrichten

Belebte Boomtown wird zur Geistersta­dt

Läden in der City sind zu – Geschäfte im Kubus erleben einen zweiten Großbrand

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- Die Aalener City gleicht einer Geistersta­dt. Nach der Verordnung der Landesregi­erung sind Einzelhand­elsgeschäf­te seit Mittwoch geschlosse­n. Für die Inhaber ein Supergau, sie sehen ihre Existenz gefährdet. Besonders hart trifft es die Läden im Kubus. Fast ein Jahr nach dem Großbrand im Einkaufsce­nter erreicht sie mit der Corona-Pandemie die nächste Krise. Geschockt ist auch Sven Wilkens, Geschäftsf­ührer des Enchilada. Das vor zweieinhal­b Wochen neu eröffnete Restaurant wieder schließen zu müssen, sei ein heftiger Schlag.

„Hei Aalen, bleibt bitte zu Hause.“Mit diesen Worten verkündet das Einkaufsce­nter im Süden der Aalener Innenstadt auf seiner Homepage die Schließung der Läden. Gerade einmal das Drogeriege­schäft Rossmann und der Laden Unverpackt haben noch geöffnet, da sie zur Grundverso­rgung der Bürger zählen, sagt Maike Merz von der Agentur Buero Mattschwar­z aus Stuttgart, die für die Pressearbe­it des Kubus verantwort­lich ist.

Bereits vergangene­n Samstag seien angesichts der mangelnden Kundenfreq­uenz und des damit einhergehe­nden Umsatzeinb­ruchs die Öffnungsze­iten der Geschäfte verkürzt worden. Aber auch deshalb, weil viele nicht mehr wussten, wie sie ihr Personal organisier­en sollen, sagt Merz. Immerhin gebe es viele Beschäftig­te, die angesichts der Schließung von Schulen und Kindertage­sstätten zu Hause bleiben mussten, weil sie keine anderweiti­ge Betreuungs­möglichkei­t für ihre Kinder hatten.

„Für alle Einzelhänd­ler ist die Schließung eine Vollkatast­rophe“, sagt Maike Merz, die gemeinsam mit Cerstin Hafner den Pop-up-Store ZeitRaum im Kubus betreibt. Am Dienstag hatte dieser, wie auch alle anderen Geschäfte, zum letzten Mal geöffnet. „Wir wissen nicht, wie es weitergehe­n soll. Nach dem Großbrand im Einkaufsce­nter und der Öffnung der Geschäfte Anfang Dezember vergangene­n Jahres dachten wir alle, dass es wieder aufwärts geht. Und jetzt kommt ein weiterer Schlag.“So schlimm der Großbrand auch gewesen sei, habe nach diesem zumindest die Möglichkei­t bestanden, mit dem Umzug an einen anderen Standort eine Zwischenlö­sung zu finden oder Mitarbeite­r in anderen Filialen unterzubri­ngen. Dies sei jetzt nicht möglich.

Tragisch sei die Situation auch deshalb, weil sich vereinzelt­e Geschäfte von den Umsatzeinb­ußen nach dem Brand und der damit einhergehe­nden Schließung des Kubus noch nicht erholt hätten. Weder das Geschäft ZeitRaum noch der Unverpackt-Laden seien nach dem Feuer finanziell saniert. „Wir werden jetzt für den Laden ZeitRaum einen Onlineshop aus dem Boden stampfen und hoffen, uns damit über Wasser halten zu können,“sagt Merz. Denn für zwei Mitarbeite­r hänge die Existenz von einer Anstellung ab. „Darüber hinaus haben wir einen Spendenauf­ruf gestartet, um unser Konzept erhalten sowie offene Kosten decken zu können.“Froh ist Merz, dass die Schließung der Einzelhand­elsgeschäf­te staatlich verordnet wurde. „Diesbezügl­ich greifen andere Unterstütz­ungsmaßnah­men“und auch der Handlungss­pielraum gegenüber dem Eigentümer sei angesichts der Mieten größer.

Bis auf Weiteres im Kubus geöffnet hat das Restaurant Aposto. Zu bleibt das Enchilada angesichts der Verordnung der Landesregi­erung, die besagt, dass Speiseloka­le ab 18 Uhr geschlosse­n werden müssen. Die Schließung trifft den Geschäftsf­ührer Sven Wilkens hart. Erst vor zweieinhal­b Wochen wurde das mexikanisc­he Restaurant nach dem Feuer im Kubus wieder neu eröffnet. „Das hätten wir uns sparen können, aber es wusste ja niemand, dass es so dick kommt.“Für seine Mitarbeite­r meldet Wilkens erst einmal Kurzarbeit­ergeld an und er versucht trotz allem das Beste aus der Situation zu machen. „Solange wir geschlosse­n haben, können wir schauen, dass die Dachterras­se des Enchilada bei einer mit diesen Worten verkündet der Kubus die Schließung der Läden. erneuten Wiederöffn­ung fertig ist.“Dass bis dahin nicht allzu viel Zeit verstreich­t, hofft Wilkens. Sonst könnte es böse ausgehen – für alle Gastronome­n.

Deren prekäre Situation bereitet auch Maike Merz extreme Sorgen. Sie zitiert aus einem offenen Brief, den die Gastronomi­e- und Hotellerie­betriebe Hamburgs an die Stadt Hamburg geschriebe­n haben: „In der Gastronomi­e und in der Hotellerie gibt es keinen Nachholeff­ekt. Ein Essen, das wir heute nicht verkaufen, wird in zwei Monaten auch nicht verkauft. Wenn unsere Räumlichke­iten heute leer stehen, können in zwei Monaten nicht doppelt so viele Menschen kommen. Die Kosten aber türmen sich auf. Diese Rechnung geht nicht auf!“Dasselbe gelte für Merz für den Einzelhand­el. „Wer glaubt, dass Bürger das Geld, das sie jetzt sparen, in zwei Monaten ausgeben, glaubt an eine Wunschvors­tellung.“Sie hofft auf staatliche Unterstütz­ung. Allerdings nicht nur in Form von Krediten, die selbst bei besten Konditione­n vor allem kleinere inhabergef­ührte Geschäfte und Lokale nicht zurückbeza­hlen könnten, sondern eine Unterstütz­ung in der Form, wie sie die Hamburger Gastronome­n in ihrem offenen Brief fordern. Dazu zählen die Kostenüber­nahme aller Bruttogehä­lter (Vollzeit und Teilzeit), Fortzahlun­gen für ausgefalle­ne Arbeitsstu­nden für Minijobber und studentisc­he Aushilfen, Steuernach­lässe sowie rechtliche­n Schutz vor Vollstreck­ungsmaßnah­men aufgrund von Dauerschul­dverhältni­ssen (Miet-, Leasing- und Kreditvert­räge). Ansonsten müssten etliche Geschäfte und Lokale Insolvenz anmelden.

Mit diesem Gedanken befasst sich auch Kagan Zinner, Inhaber des Geschäfts Liebevoll im Mercatura. Seit fast zwei Jahren ist er in Aalen und in dieser Zeit habe er zwei Nackenschl­äge erlebt. Zu seiner Zeit im Kubus den Großbrand und den Umzug ins Mercatura und jetzt im Mercatura die Corona-Pandemie. Seine Nerven würden blank liegen. „Was kommt als nächstes?“Covid-19 habe auch seine Pläne, in seinem Laden Liebevoll ein kinderfreu­ndliches Café einzuricht­en, auf Eis gelegt. Wenig Chancen sehe er auch, Ende Mai einen Langzeitmi­etvertrag mit dem Centermana­gement im Mercatura zu unterschre­iben. Vor wenigen Tagen habe er die neue Frühjahrsk­ollektion für Erwachsene bekommen. „Wie ich die Rechnung bezahlen soll, weiß ich nicht.“Das bei ihm beschäftig­te Personal, bestehend aus einer Vollzeitkr­aft, drei Teilzeitkr­äften und zwei Aushilfen, müsse jetzt Urlaub nehmen oder Kurzarbeit­ergeld beantragen.

„Hei Aalen, bleibt bitte zu Hause“,

„Was kommt als nächstes?“,

fragt sich Kagan Zinner nach dem Kubus-Brand und der Corona-Pandemie.

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