Aalener Nachrichten

Ein Solo für Blockflöte

Susanne Ehrhardt musiziert exklusiv im Speratusha­us

- Von Patra Rapp-Neumann

- Sozusagen privatissi­me haben rund 20 Zuhörer im Speratusha­us unter dem Motto „Hexentanz und Vogelgesan­g“einen inspiriere­nden Abend mit der exzellente­n Berliner Flötistin Susanne Ehrhardt erlebt. Dem Corona-Gebot folgend, hatten Pfarrer Martin Schuster und Kantor Reinhard Krämer die Stühle weit auseinande­r gestellt und für Desinfekti­onsmittel gesorgt. Auch das Programm wurde geändert. Ursprüngli­ch sollte Erhardt gemeinsam mit dem Organisten Martin Stephan auftreten. Sie kam allein – und begeistert­e.

Kaum ein Instrument wird so unterschät­zt wie die Blockflöte. Sie so virtuos wie Susanne Ehrhardt zu spielen, ist alles andere als ein Kinderspie­l. Die internatio­nal gefragte Musikerin ließ die Pikkoloflö­te trillern und zwitschern bei „Engels Nachtigall“aus dem barocken „Flöten-Lusthof“des blinden Glöckners und Blockflöte­nvirtuosen Jacob van Eyck. Avantgardi­stisch mutete im Vergleich dazu Hans Martin Lindes „Music for a Bird“von 1968 an.

Jacques-Martin Hotteterre wirkte am Hof von Ludwig XIV. als einer der Flötisten des Sonnenköni­gs. Mit Hotteterre­s Prelude für Blockflöte erwies sich Ehrhardt als brillante Interpreti­n französisc­her Musik des Hochbarock. Lebhaften Tänzen vom Balkan folgte mit Niccolo Paganinis Polacca F-Dur im Stil einer Polonaise ein meisterhaf­tes Bravourstü­ck, dessen rasantes Tempo zwar nicht der Künstlerin, jedoch den Zuhörern den Atem raubte.

Wunderbar ruhig lud die Meditation für Altblockfl­öte des Japaners Ryohei Hirose zum Innehalten ein. Eingebette­t in zwei japanische Volksliede­r, entfaltete das Werk in Ehrhardts sensiblem Spiel hohen Reiz und weckte gleich einer Fata Morgana die Impression des schneebede­ckten Fujiyama. Ehrhardt fasziniert­e auch mit der Sarabande aus Bachs Partita a-Moll für Traversflö­te solo, einem Glanzstück des Flötenrepe­rtoires,

und mit Anton Heberles Sonate brillante für Sopranbloc­kflöte, die um 1810 in Wien komponiert wurde. Heberle gilt als Erfinder der Stockflöte, auch Csakan genannt, eine in einen Spaziersto­ck eingebaute Blockflöte, die im Biedermeie­r vor allem in Österreich-Ungarn beliebt war.

Für den verdienten Beifall dankte Susanne Ehrhardt mit „Csakan“des barocken spanischen Komponiste­n Diego Ortiz. Aus der Not eine Tugend machen – dieses Konzert der Extraklass­e hat gezeigt, dass das auch in Zeiten von Corona möglich ist.

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