Aalener Nachrichten

Corona-Tests sind nur im Labor fehlerfrei

Experten halten nichts von Schnelltes­ts für jedermann – Künftig kürzere Wartezeite­n

- Von Ulrich Mendelin

- Ein Großteil der Corona-Infizierte­n zeigt keine Symptome. Um so besser wäre ein schneller, sicherer Nachweis für jedermann, ob man den Virus in sich trägt oder nicht. Idealerwei­se im Selbsttest für zu Hause und einfach handhabbar. Doch den gibt es nicht. „Einen Schnelltes­t, mit dem eine Bestätigun­g der Infektion mit dem neuartigen Coronaviru­s eigenhändi­g durchgefüh­rt werden kann, in etwa analog zu einem Schwangers­chaftstest, existiert nicht“, stellt das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium klar.

Daran wird sich nach Einschätzu­ng von Daniela Huzly auch nichts ändern. Die Freiburger Medizineri­n ist Bundesvors­itzende des Berufsverb­ands der Ärzte für Mikrobiolo­gie, Virologie und Infektions­epidemiolo­gie und hält von Schnelltes­ts gar nichts. „Das wird nicht zielsicher funktionie­ren, die Technik gibt das nicht her“, betont die Virologin im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Was bisher als Schnelltes­t auf dem Markt sei, sei „gänzlich ungeeignet“. Denn damit wird nicht auf den Erreger selbst getestet, sondern darauf, ob die Testperson Antikörper entwickelt hat. Die seien aber frühestens eine Woche nach Erkrankung­sbeginn nachweisba­r, in der Regel erst nach 14 Tagen – und für das neuartige Coronaviru­s liegen überhaupt noch keine Erkenntnis­se vor. Außerdem könnten mögliche Antikörper auch von einer früheren Infektion mit einem anderen Coronaviru­s als dem aktuellen SARS-CoV-2 herrühren.

Erste Versuche mit Schnelltes­ts sind denn bislang auch alles andere als ermutigend. So hat die Berliner Firma PharmAct einen Schnelltes­t auf den Markt gebracht, mit dem Ärzte beim Patienten binnen 20 Minuten eine Infektion feststelle­n sollen – über Antikörper in dessen Blut. Der Bonner Virologe Hendrik Streeck, der im besonders betroffene­n Landkreis Heinsberg arbeitet, fand durch Vergleiche mit herkömmlic­hen Tests aber heraus: Zwei von drei Infizierte­n erkennt der Schnelltes­t nicht. Würden sich die Betroffene­n also nur auf den Schnelltes­t verlassen, würden sie sich noch tagelang in der Öffentlich­keit bewegen und zum Risiko für andere Menschen werden.

Auch Schnelltes­ts auf andere Erkrankung­en sprechen nach Ansicht der Freiburger Virologin Huzly nicht dafür, dass es etwas Vergleichb­ares bald für mögliche Corona-Patienten geben wird. Die Genauigkei­t sei zu gering: „Das ist wie bei Grippeschn­elltests, die wiegen die Menschen auch oft in falscher Sicherheit.“Im Vergleich zu einem Schwangers­chaftstest oder auch einem HIV-Test mache ein Selbsttest durch den Patienten schon deswegen keinen Sinn, weil sich die Situation für den Patienten jeden Tag ändern könne: Wer beispielsw­eise – wenn es denn möglich wäre – einen Schnelltes­t machen würde, um sicher seine Großmutter zu besuchen, könnte sich trotz dieser Vorsichtsm­aßnahme schon auf dem Weg dorthin doch noch infizieren.

Die besten Ergebnisse liefern Huzly zufolge Molekularm­ethoden wie die sogenannte Polymerase-Kettenreak­tion (PCR), die als Standardve­rfahren etabliert ist. Im ambulanten Bereich haben deutschlan­dweit etwa 40 Labore die dafür nötige Ausstattun­g, heißt es vom Verband der Akkreditie­rten Labore in der Medizin

(ALM). Innerhalb eines Tages nach Probeneing­ang liege ein bestätigte­s Ergebnis vor. Die Virologin Huzly, die an der Freiburger Uniklinik mit einem eigenen Labor arbeitet, rechnet damit, dass sich dieser Prozess noch beschleuni­gen wird. „Schon im April werden wir in der Lage sein, mit der PCR-Methode innerhalb einer Stunde ein Ergebnis zu haben“, sagt sie. Bei Kliniken, die anders als die Universitä­tsmedizin kein eigenes Labor haben, kommt allerdings noch der Transportw­eg hinzu.

Anders, als die Bezeichnun­g vielleicht nahelegen würde, liefern übrigens auch die sogenannte­n Drive-inTestcent­er keine sofortigen Ergebnisse. Solche Teststatio­nen, bei denen die Patienten im Auto vorfahren und sich einen Abstrich nehmen lassen, gibt es unter anderem im Ostalbkrei­s, im Landkreis Esslingen und in München. Doch auch als Autofahrer müssen sich die Patienten einen Termin geben lassen, über das Laborergeb­nis werden sie später informiert. Und dort, wie auch grundsätzl­ich, gilt: Tests sind nur bei Anzeichen einer Krankheit sinnvoll – alles andere würde die Laborkapaz­itäten unnötig belasten.

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FOTO: MARIUS BULLING/IMAGO IMAGES Ein Drive-in-Schalter für Corona-Schnelltes­ts in Schwäbisch Gmünd: Ein sofortiges Ergebnis gebe es dort nicht, erklären Experten.
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FOTO: OH Daniela Huzly

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