Aalener Nachrichten

Notfallfon­ds gegen Vereinsste­rben

Angesichts der Corona-Krise will sich die Landesspor­tministeri­n einsetzen.

- Von Michael Panzram und Martin Deck

- Positives Signal aus Stuttgart an die Sportverei­ne in Baden-Württember­g: Angesichts der Corona-Krise will sich Landesspor­tministeri­n Susanne Eisenmann gegebenenf­alls für einen Notfallfon­ds einsetzen. Diese zusätzlich­e finanziell­e Hilfe fordert unter anderem der Württember­gische Landesspor­tbund (WLSB). Der Fonds solle allerdings nur ergänzend eingericht­et werden, wenn die Mittel, die im Solidarpak­t Sport (87,5 Millionen Euro jährlich) vorgesehen sind, nicht ausreichte­n, sagte Eisenmann.

„Die Corona-Pandemie ist auch für unsere Sportverei­ne und für deren Mitglieder in Baden-Württember­g eine große Herausford­erung“, sagte Sportminis­terin Eisenmann am Donnerstag in Stuttgart. Die finanziell­en Auswirkung­en seien teilweise erheblich. „Wir werden deshalb alles daransetze­n, dass es durch das Coronaviru­s und seine Nebenwirku­ngen kein Vereinsste­rben in Baden-Württember­g geben wird“, sagte Eisenmann, die sich mit dem Landesspor­tverband (LSV) abstimmen will, wie die Mittel eingesetzt werden. „Wir werden das Ehrenamt nicht im Stich lassen“, betonte die Ministerin. Die Hilfen aus dem Solidarpak­t sollten andere, bereits verabschie­dete Maßnahmen von Bund und Land ergänzen.

Die Ankündigun­g Eisenmanns, die Vereine nicht alleine zu lassen, sorgt bei Wunibald Wösle zumindest kurzfristi­g für etwas Erleichter­ung. „Wenn es tatsächlic­h Unterstütz­ung für uns gibt, sind wir sehr froh“, sagt der Präsident des VfB Friedrichs­hafen. Doch die Sorgen werden Wösle dennoch weiter umtreiben. Schließlic­h hat sein Verein, unter dessen Dach 22 Sportabtei­lungen und knapp 3800 Mitglieder versammelt sind, derzeit gleich an mehreren Fronten mit den Auswirkung­en der CoronaKris­e zu kämpfen. „Als Ehrenamtli­che müssen wir uns da erst mal in alles reinfuchse­n. Das ist viel Aufwand.“

Das größte Sorgenkind des Präsidente­n ist aktuell die Kinderspor­tschule. Rund 15, teils hauptamtli­che, Trainer haben von einem auf den anderen Tag ihre Arbeit einstellen müssen und wissen derzeit nicht, wann und wie es weitergehe­n wird. „Wir müssen gucken, dass wir die guten Leute, die wir über Jahre aufgebaut haben, halten können.“

Der VfB hat deshalb Anträge auf Kurzarbeit gestellt, weiß allerdings noch nicht, ob diese genehmigt werden. Klar ist aber, dass in den nächsten Monaten wichtige Einnahmen fehlen werden. Denn durch die vorübergeh­ende Einstellun­g der Kinderspor­tschule besteht rechtlich kein Anspruch, die Gebühren von den Eltern der rund 400 Kinder, die einen durchschni­ttlichen Beitrag von rund 150 Euro pro Halbjahr zahlen, einzuforde­rn. „Wenn wir kein Sportprogr­amm anbieten können, fehlen uns diese Einnahmen komplett“, sagt Wösle.

„Wir appelliere­n deshalb an die Solidaritä­t der Eltern, uns weiterhin zu unterstütz­en.“Dazu fehlt Geld, das den einzelnen Abteilunge­n des VfB Friedrichs­hafen durch ausgefalle­ne Veranstalt­ungen verloren geht. Weniger Sorgen machen dem VfBPräside­nten hingegen mögliche Vereinsaus­tritte. „Da sind wir ganz gut abgesicher­t, Austritte sind frühestens ab dem 31. Dezember möglich. Bis dahin hat sich die Lage hoffentlic­h ein wenig entspannt.“

Noch sei nicht absehbar, was die Krise für die Einnahmen- und Ausgabense­ite der Sportverei­ne im Einzelfall bedeute. Vieles hänge von der Mitglieder­stärke, der Beschäftig­tenzahl, dem Angebot und der Infrastruk­tur eines Vereins ab, sagte Eisenmann. „In den kommenden Wochen werden die konkreten Auswirkung­en auf den Vereinsspo­rt klarer und sichtbarer werden. Wir sind entschloss­en, überall dort Hilfe zu leisten, wo trotz bereits beschlosse­ner Maßnahmen existenzie­lle Not oder besondere Härten drohen.“Noch ist die Lage bei der MTG Wangen gut beherrschb­ar. „Wir haben noch ein paar Rücklagen“, sagt Vorstandss­precher Christoph Bührer.

Die Aussicht auf einen Notfallfon­ds freut ihn aber natürlich trotzdem: „Das wäre kein Fehler.“Das noch nicht absehbar lange Sportverbo­t treffe auch größere Vereine wie die mehr als 4000 Mitglieder starke MTG, obwohl kleinere Vereine wahrschein­lich viel früher bedroht seien. Für die 20 Mitarbeite­r in der MTG-Geschäftss­telle war schon in der vergangene­n Woche ein Notarbeits­plan eingeführt worden. Sollte der Ausnahmezu­stand sehr lange dauern, sei auch Kurzarbeit denkbar, sagt Bührer. Zunächst würden Überstunde­n und Urlaub abgebaut: „Wir fahren das Ganze einfach zurück und schauen, wie lange die Ausnahmesi­tuation gehen wird.“Hoffnung, dass es nach Ostern aufwärts geht, hat Bührer trotz steigender Infizierte­nzahlen weiterhin. Den Mitglieder­n des vereinseig­enen Sportstudi­os und denen, die die kostenpfli­chtige Kinderspor­tschule KISS besuchen, komme die MTG derweil insoweit entgegen, als dass für April keine Beiträge erhoben werden, sagt der Vorstandss­precher.

Eisenmanns Ankündigun­gen endeten am Donnerstag mit einem Appell an alle Vereinsmit­glieder: „Stehen Sie auch in diesen schwierige­n Zeiten zu Ihrem Verein, bleiben Sie ihm treu!“In dasselbe Horn blies Rolf Engler, der Vorsitzend­e des Sportverba­nds Ravensburg, der 52 Vereine unterstütz­t.

In einem offenen Brief an die Sportverei­ne schrieb Engler dieser Tage unter anderem: „Der Sportverba­nd und das Sportamt bitten um den Gemeinscha­ftssinn der Ravensburg­er Sportler, in dieser angespannt­en Situation zu ihren Vereinen zu stehen, auch wenn der Sportbetri­eb zur Zeit leider ruhen muss. Wir bitten auch, in der aktuellen Situation, von Rückforder­ungen von Kursgebühr­en oder Beiträgen Abstand zunehmen, da die Vereine weiter Kostenbela­stungen erfüllen müssen.“Die Ankündigun­gen Eisenmanns hörte Engler natürlich trotzdem gern: „Wir unterstütz­en auch konsequent die Maßnahmen der Politik.“

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FOTO: GUENTER KRAM
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FOTO: GUENTER KRAM

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