Dienst im Corona-Rettungswagen
Zwei DRK-Fahrzeuge rücken nur aus, wenn es um den Coronavirus geht.
- Helmut Gentner ist Notfallsanitäter beim Deutschen Roten Kreuz – aktuell speziell für Covid-19Fälle oder Verdachtsfälle. Er ist in einem der zwei Fahrzeuge des DRKKreisverbands Aalen unterwegs, die von der restlichen Flotte abgesondert wurden. Gentner und sein Team rücken dann aus, wenn klar ist, dass ein Notfallpatient mit dem Coronavirus infiziert ist oder in Kontakt mit einem Covid-19-Fall war.
„Es ist ein erschwerter Alltag, aber er ist zu bewältigen“, sagt der Notfallsanitäter. Ohne Schutzkleidung geht bei Fahrten im CoronaRettungswagen (RTW) nichts. Hinzu kommt die gründliche Desinfektion des Fahrzeugs und sich selbst nach Einsätzen. Dafür wurde den Teams, die mit dem Corona-RTW und Corona-Krankentransportwagen (KTW) des DRK-Kreisverbands unterwegs sind, in der Aalener Wache ein Desinfektionsraum eingerichtet.
Wagner wurde aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im Rettungsdienst gefragt, ob er diesen schweren Job übernehmen will. „Bei diesen Einsätzen muss man auch abwägen, ob wir jetzt dringend einen Notarzt brauchen oder ob wir das selber hinbekommen – uns zum Beispiel auch mal trauen, ein Medikament selber zu geben“, erzählt der 55-Jährige, der in seiner früheren Funktion als Schulleiter die Schule für Notfallsanitäter in Ellwangen mit aufgebaut hat.
Oberstes Gebot für ihn und seine Kollegen in diesen Tagen ist die Vermeidung von Kontakten zu anderen Personen. „Wir haben auch unsere eigene abgetrennte Wache, wodurch wir den direkten Kontakt zu anderen Mitarbeitern nicht mehr haben“, sagt Gentner. „Präventive Schutzmaßnahmen stehen vor unseren Einsätzen immer an und dadurch ist die Gefahr, dass wir an Covid-19 erkranken, deutlich minimiert.“Hinzu kommt, dass der Notfallsanitäter aktuell kaum Kontaktpersonen außerhalb der Arbeit hat.
Das liegt unter anderem an seinem derzeitigen Arbeitspensum. „In dieser Woche habe ich montags und dienstags je eine Tagschicht gehabt, mittwochs und donnerstags je eine
Nachtschicht. Dann schlafe ich aus und habe eineinhalb Tage frei, also 36 Stunden. Danach geht es weiter mit 12-Stunden-Schichten“, zählt Gentner auf.
Das bedeutet, dass er in dieser Woche von Montagmorgen sieben Uhr bis Freitagmorgen sieben Uhr 48 Stunden gearbeitet hat. „In unserem RTW arbeiten drei feste Teams. Eines in der Tagschicht, eines in der Nachtschicht und das andere hat frei. Und so geht das jetzt mal, bis die Krise bewältigt ist“, sagt der Notfallsanitäter. „Da sind jetzt harte Wochen dabei, aber gemeinsam, solidarisch können wir die bewältigen.“
Für Gentner ist es wichtig, zu betonen, dass die DRK-Mitarbeiter, die nicht im Corona-RTW fahren, im Moment ebenfalls mehr als sonst zu leisten haben. „Wir haben keine zusätzlichen Kräfte. Drei werden aus dem regulären Rettungsdienst herausgezogen und werden für diesen
RTW abgestellt und die fehlen natürlich“, erklärt Gentner die Personalsituation. „Die anderen müssen genauso achtsam mit Corona umgehen, weil es im Notruf vielleicht gar nicht so ersichtlich ist“, so der Notfallsanitäter.
Mittlerweile wird bei einem Notruf eine Covid-19-Erkrankung oder der Kontakt mit einem Infizierten abgefragt. Falls diese Frage bejaht wird, werden vorwiegend Gentner und sein Team eingesetzt. „Wir können nicht ausschließen, dass in jedem anderen Rettungswagen auch ein Covid-19-Fall transportiert wird. Das findet auch statt“, bestätigt Marc Sachsenmaier vom DRK-Kreisverband Aalen, der den Corona-RTW mit organisiert hat.
Technisch unterscheidet sich dieser nicht von anderen Rettungswägen der Flotte. Zu allen Notfällen, bei denen eine Covid-19-Erkrankung oder ähnliche Atemwegserkrankung vorliegt, soll der Corona-RTW geschickt werden. Geltende Hilfsfristen dürfen dabei aber nicht verletzt werden. Die beiden Fahrzeuge sind in Aalen stationiert. „Wenn der Notfall in Ellwangen oder Bopfingen ist, wird ein reguläres Fahrzeug dorthin fahren“, sagt Sachsenmaier.
Dennoch ist es wichtig für die Rettungssanitäter des DRK, dass die Notrufenden die Fragen am Telefon wahrheitsgemäß beantworten. „Die Leute haben vielleicht Angst, dass niemand mehr kommt, wenn sie sagen, dass sie Covid-19-Kontakt hatten“, vermutet Helmut Gentner. „Für uns ist es entscheidend, dass die Leute ehrlich sind. Und Hilfe kommt immer – egal, was ist“, so der 55-Jährige.
Pro Schicht rückt er mit dem Corona-RTW aktuell bis zu vier Mal aus. „Momentan sind wir noch im überschaubaren Bereich. Aber es ist gut, dass sich der Kreisverband dieser Sache bereits früh gestellt hat“, sagt Gentner. Dementsprechend reibungslos verlaufe auch die Übergabe von Patienten in den Krankenhäusern.
„Wir bringen einen Patienten, je nach Schwere des Falls, entweder in ein Isolierzimmer oder auf die Intensivstation und schließen ihn an. Dann übernehmen die Mitarbeiter des Krankenhauses“, erklärt Gentner den Ablauf. Am Donnerstag wurden in den Kliniken Ostalb drei bestätigte Covid-19-Fälle und 29 Verdachtsfälle in einem Isolierzimmer behandelt und vier Erkrankte sowie drei Patienten mit Corona-Verdacht auf der Intensivstation.
„Trotz all der Schwierigkeiten halten wir zusammen und sind ein tolles Team“, sagt Helmut Gentner, der eben keinen Job hat, bei dem Home-Office möglich ist. „Wir sind selbstverständlich für die Leute da und freuen uns, wenn die anderen aktuell zu Hause bleiben.“