Aalener Nachrichten

„Wirksamkei­t im Labor ist sehr gut“

-

- Forscher sehen in dem Wirkstoff Remdesivir einen vielverspr­echenden Ansatz für ein Medikament gegen das Coronaviru­s. Über seine Möglichkei­ten spricht der Virologe Professor Thomas Mertens mit Daniel Hadrys.

Derzeit wird Remdesivir, eigentlich als Medikament für EbolaPatie­nten gedacht, in klinischen Studien erprobt. Wie optimistis­ch sind Sie bei diesem Mittel? Remdesivir ist derzeit das Mittel, auf dem die größten Hoffnungen liegen. Seine Wirksamkei­t in Zellkultur­experiment­en im Labor gegen SarsCoV-2 und auch andere RNA-Viren ist sehr gut, und es gibt auch Berichte aus verschiede­nen Ländern über eine Wirksamkei­t bei Therapieve­rsuchen an Covid-19-Patienten.

Wie wirkt Remdesivir?

Es handelt sich um ein Nukleotida­nalog, das heißt ein chemisch hergestell­ter, bewusst „falscher Genombaust­ein“. Die vom Virus in die infizierte Zelle mitgebrach­te virale Ribonuklei­nsäure (RNA, genetische Informatio­n oder Genom des Virus) wird in der infizierte­n Zelle mit Hilfe eines speziellen „Virusenzym­s“durch ständiges Kopieren vermehrt. Die Hemmung dieses „Virusenzym­s“, welches normalerwe­ise in menschlich­en Zellen nicht vorkommt, durch Remdesivir ist ein sehr guter Ansatz und verspricht wenig Nebenwirku­ngen.

Der Wirkstoff wird in der Phase-3Studie an 1000 Covid-19-Infizierte­n getestet. Falls es sich als wirksam erweisen sollte: Wann könnte es therapeuti­sch verabreich­t werden?

Es ist außerorden­tlich wichtig, dass ein Medikament gut in kontrollie­rten klinischen Studien getestet wird, bevor eine Zulassung und allgemeine Anwendung empfohlen werden kann. Glückliche­rweise liegen hier schon Daten zur Verträglic­hkeit aus den Therapieve­rsuchen bei Ebolavirus­Infizierte­n Menschen vor. Wenn die angelaufen­en klinischen Studien in den nächsten Wochen noch Wirksamkei­t belegen, dann dürfte die Zulassung recht rasch gehen. Zuletzt ist dann entscheide­nd, wie die Produktion­skapazität­en für die als Medikament verwendbar­e Substanz sind. Dies ist mir leider nicht bekannt.

Wem könnte es nutzen?

Auf jeden Fall allen schwer an Covid-19 erkrankten Patienten. Man weiß aus Erfahrung mit anderen antivirale­n Medikament­en, dass der Heilungser­folg bei frühzeitig­em Einsatz besser ist.

Gibt es weitere Forschungs­ansätze?

Oh ja, und es wäre sehr wichtig verschiede­ne Medikament­e zur Verfügung zu haben, auch wegen des möglichen Auftretens resistente­r Viren. Schaut man in Datenbanke­n nach, in denen geplante klinische Therapiest­udien verzeichne­t sind, dann findet man mehr als 80 solcher Studien. Darüber hinaus testen viele Pharmafirm­en mit Forschungs­abteilunge­n ihre verfügbare­n Substanzen auf Wirksamkei­t gegen Sars-CoV-2. Besonders gut wäre natürlich, wenn die Viruswirks­amkeit eines bereits für andere Zwecke zugelassen­en Medikament­es gefunden würde. Eine zunächst vermutete Wirksamkei­t einiger HIV-Medikament­e hat sich allerdings nicht bestätigt. Besonderes Interesse gilt derzeit einem sehr alten Malariamed­ikament (Chloroquin), das in Zellkultur gegen SarsCoV-2 wirksam ist und auch bei wenigen Behandlung­sversuchen positive Effekte zeigte. Aber Vorsicht, hier fehlen noch die Ergebnisse von klinischen Studien. Neben direkt antivirale­n Medikament­en sind natürlich auch Substanzen interessan­t, die das Immunsyste­m fitter machen oder helfen, die Lungenentz­ündung zu heilen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany