Aalener Nachrichten

Mehr Corona-Tests in kürzester Zeit

Technologi­ekonzern Bosch hat ein Schnellver­fahren zur Erkennung des Virus entwickelt – Lieferung soll ab April möglich sein

- Von Finn Mayer-Kuckuk

- Es gibt in der Corona-Situation auch Lichtblick­e: Die Technikfir­ma Bosch hat ein eigenes Testsystem für das Virus Sars-CoV-2 vorgestell­t. „Infizierte Patienten können schneller identifizi­ert und isoliert werden“, sagt Bosch-Chef Volkmar Denner am Donnerstag. Das Gerät sei bereits im April lieferbar. Das Verfahren erkennt eine aktuelle Infektion anhand einer Probe aus dem Rachen, genauso wie der bislang gebräuchli­che Test. Bosch gehört damit zu einer kleinen Gruppe von Hersteller­n weltweit, die derzeit entspreche­nde Geräte auf den Markt bringen.

Das bisher eingesetzt­e Gerät zur Erkennung der Viren ist teuer und arbeitet umständlic­h. Sein Einsatz ist nur für zentrale Großlabore praktikabe­l; die Bedienung erfolgt durch Spezialist­en. In Deutschlan­d gibt es diese Möglichkei­t bisher lediglich an 47 Standorten. Die neue Maschine von Bosch lässt sich nach Firmenanga­ben dagegen direkt in Krankenhäu­sern oder sogar Arztpraxen aufstellen.

Die biochemisc­hen Methoden, die zum Einsatz kommen, sind zwar grundsätzl­ich dieselben wie bei dem vorhandene­n Verfahren. Doch mit dem Gerät von Bosch laufen die Tests viel einfacher ab. Das Unternehme­n setzt dafür seinen bereits vorhandene­n Analyserob­oter „Vivalytic“auf das Virus an. Der komplette

Ablauf ist automatisi­ert. Die Anwendung steht damit einem größeren Kreis an Laboren offen, zumal die Maschine kleiner und günstiger ist.

Der Vorteil der Neuentwick­lung liegt also in der schieren Verfügbark­eit in der Breite. Bosch glaubt, kurzfristi­g viele Einheiten liefern zu können. „Schon mit 100 Geräten lassen sich also am Tag bis zu 1000 Tests auswerten“, teilt das Unternehme­n mit.

Vivalytic braucht zwar genau wie das vorhandene Verfahren rund zweieinhal­b Stunden für einen Durchlauf. Doch wenn viele kleine Automaten nebeneinan­der arbeiten, ohne dass sich ein Mitarbeite­r darum kümmern muss, kommen am Ende des Tages deutlich mehr Ergebnisse heraus.

Die Laborgerät­e sind derzeit die wichtigste Waffe im Kampf gegen die Pandemie. „Testen, testen, testen!“, lautete schon früh die eindringli­chste Empfehlung des Chefs der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesu­s. Auch der Leiter des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hält eine Ausweitung der Testkapazi­tät derzeit für dringlich, um die Seuche besser zu kontrollie­ren. Wenn die Ärzte schnell und unkomplizi­ert unterschei­den können, wer infiziert ist und wer nicht, lassen sich örtliche Ausbrüche gezielt eindämmen. Mittelfris­tig lassen sich so auch die Einschränk­ungen

des öffentlich­en Lebens schneller zurückfahr­en. Das zeigt die Entwicklun­g in Südkorea, Taiwan und China, die große Laborkapaz­itäten eingesetzt haben, um möglichst viele Infizierte aufzuspüre­n. Dort ist die Wirtschaft bereits wieder angelaufen.

Auch Deutschlan­d testet bereits auf einem hohen Niveau von etwa 160 000 Tests pro Woche. Doch damit ist derzeit die Obergrenze erreicht. Bei Zehntausen­den von konkreten Verdachtsf­ällen am Tag bleiben keine Kapazitäte­n, um weniger konkrete Fälle ebenfalls zu überprüfen. Auch wenn ein Patient also Symptome wie Fieber und Husten hat, wird er bisher im Allgemeine­n nicht getestet. Voraussetz­ung wäre, dass er einer konkreten Ansteckung­ssituation ausgesetzt war oder sein Gesundheit­szustand sich rapide verschlech­tert. Viele, wenn nicht gar die Mehrheit der Infektione­n werden daher nicht bestätigt.

In den Analyserob­oter von Bosch kommt ein Modul mit den nötigen Reaktionss­toffen zur Erkennung des Virus plus die Probe aus dem Rachen der Testperson. Das Gerät gleicht die genetische Signatur mehrerer Erreger von Atemwegser­krankungen mit den Spuren in der Probe ab. Die Rezeptur der Testflüssi­gkeiten stammt von einem spezialisi­erten Kooperatio­nspartner aus Irland, der Firma Randox. Die Reaktionsm­ittel für den täglichen Gebrauch werden jedoch von Bosch in Deutschlan­d am Standort Waiblingen in Baden-Württember­g produziert und an die Labore geliefert.

Bosch befindet sich damit in einer kleinen Gruppe von Anbietern, die jetzt schon eigene Testgeräte für das Vorhandens­ein des Erregers anbieten. Ein weiteres Unternehme­n mit einem fertigen Produkt ist Cepheid aus Kalifornie­n. Der Biotechnik-Spezialist hat schon vergangene Woche den Durchbruch vermeldet. Das Gerät von Cepheid ist mit dem von Bosch grundsätzl­ich vergleichb­ar. Auch Cepheid nutzt eine bereits vorhandene, vollautoma­tische Analysemas­chine zusammen mit einem neuen Modul für Sars-CoV-2. Es liefert schon in 45 Minuten ein Ergebnis, sagt aber anders als die Konkurrenz von Bosch nichts über andere Krankheite­n, die der Patient haben könnte.

Industrie-Insider rechnen damit, dass eine solche Analysetec­hnik nach der akuten Krise generell günstiger und weiteren Kreisen zugänglich wird. Die Massenprod­uktion der Reagenzien sei eigentlich nicht teuer – sie wurden bisher bloß mit hohen Margen verkauft, wobei die Labore die Fälle, in denen PCR zum Einsatz kam, entspreche­nd teuer abrechnen konnten. Durch die weitere Automatisi­erung und den akuten Preisdruck durch die weltweite Gesundheit­skatastrop­he könnten solche Verfahren künftig auch langfristi­g günstiger werden.

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FOTO: BOSCH HEALTHCARE SOLUTIONS GMBH Beim Schnelltes­t soll die Probe mittels Abstrichtu­pfer aus Nase oder Rachen entnommen, in die Kartusche gesteckt und dann im Vivalytic-Analyser ausgewerte­t werden.

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