Aalener Nachrichten

Schulleite­r Michael Weiler: „Unterricht wird nie überflüssi­g werden“

Der Direktor der Aalener Gymnasien sieht für Abiturient­en keine Nachteile - Fraglich ist, ob die Schule nach den Osterferie­n wieder anläuft

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- Die Abiturprüf­ungen ganz absagen und durch ein „Durchschni­ttsabi“ersetzen? In den vergangene­n Tagen gab es Verwirrung um die anstehende­n Abschlussp­rüfungen. Jetzt sollen sie aber doch ganz regulär stattfinde­n. Michael Weiler, der geschäftsf­ührende Direktor für die städtische­n Gymnasien in Aalen und Leiter des Kopernikus-Gymnasiums in Wasseralfi­ngen, erklärt im Gespräch mit Redakteuri­n Eva Stoss, wie gut die Abiturvorb­ereitungen für die rund 150 Schüler in Aalen in Corona-Zeiten laufen.

Herr Weiler, sind Sie erleichter­t nach der gestrigen Entscheidu­ng der Kultusmini­ster, dass die Prüfungen in allen Bundesländ­ern stattfinde­n sollen?

Ja, und nicht nur ich! Schüler, Eltern, Lehrer und Schulleite­r sind erleichter­t, dass jetzt Klarheit herrscht. Der Vorstoß von Schleswig-Holstein, die Abiturprüf­ungen ganz absagen zu wollen - und die Aussicht, dies könnte auch über uns hereinbrec­hen, hat für große Verunsiche­rung gesorgt. Die Kultusmini­sterkonfer­enz hat entschiede­n, dass in allen Bundesländ­ern die Abiturprüf­ungen stattfinde­n.

Wäre das überhaupt machbar gewesen?

Der Gedanke dahinter war, den Schülern aufgrund der bisher erbrachten Leistungen ein Prüfungsze­ugnis auszustell­en. Denn das Abi besteht ja zu zwei Dritteln aus Leistungen, die in der Kursstufe erbracht wurden und zu einem Drittel aus den Abschlussp­rüfungen. Das Abi wäre also aufgrund der zwei Drittel ausgestell­t worden - was Fragen nach der Vergleichb­arkeit und Gerechtigk­eit aufgeworfe­n hätte.

Zurzeit sind alle Schulen geschlosse­n. Wie kommen die Schüler mit den Vorbereitu­ngen zurecht, wenn kein Unterricht stattfinde­t?

Nach den beiden ersten Schulwoche­n ohne direkte Begegnung, stellen wir fest, dass in der Kursstufe zwei, also bei den Abiturient­en, die Schwierigk­eiten am geringsten sind. Diese Schüler sind erfahren im Umgang mit Medien. Außerdem wird in den Wochen vor den schriftlic­hen Prüfungen ohnehin überwiegen­d geübt. Die Unterlagen dafür lassen sich auch auf digitalem Weg zustellen und auch zurückschi­cken. Hier ist der direkte Unterricht also nicht so notwendig und Fragen zum Stoff lassen sich auch auf digitalem Weg stellen und beantworte­n.

Sind die Eltern nicht besorgt, ob ihre Kinder durch die Situation benachteil­igt sind?

Ich habe gerade eine Umfrage gemacht unter allen Eltern, die ich gerade auswerte, und da kamen vor allem aus der Kursstufe zurück, dass die Schüler gut mit der besonderen Arbeitssit­uation zurecht kommen.

Die Prüfungen sollen am 18. Mai beginnen. Bleibt es bei diesem Termin?

Diese Frage kann im Moment wohl niemand beantworte­n. Wir hoffen es ganz fest.

Gehen Sie davon aus, dass die Schulen nach den Osterferie­n wieder öffnen?

Auch da schwingt derzeit viel Hoffnung mit. Wenn es nach den Vorhersage­n der Virologen geht, die die beschlosse­nen Maßnahmen für vier bis acht Wochen für notwendig halten, dann sind wir genau in diesem Korridor. Bei acht Wochen wäre eine Schließung auch nach den Osterferie­n noch gegeben. Wir haben deshalb auch den Gedanken, dass es nach den Osterferie­n so weitergehe­n könnte wie in den drei Wochen vor den Ferien. Wir bereiten uns auf beide Möglichkei­ten vor.

Aber sind die Schüler dann nicht benachteil­igt, wenn sie unter diesen Umständen Abi machen müssen, etwa im Vergleich zu den vorherigen Jahrgängen?

Das sehe ich nicht. Die Schüler sind zum Zeitpunkt der Schulschli­eßungen schon in der Vorbereitu­ngsphase auf die schriftlic­he Abiturprüf­ung gewesen. Der Wegfall des Unterricht­s an der Schule hat meines Erachtens keinen so großen Einfluss mehr. Ein direkter Dialog wäre natürlich wünschensw­ert, aber ich glaube nicht, dass es der entscheide­nde Faktor ist und die Fairness in Frage stellt.

Daraus könnte man schließen, Unterricht ist - zumindest für Kursstufe - überflüssi­g?

Nein. Unterricht wird nie überflüssi­g werden. Für Übungszeit­en ist jedoch eine Lehrkraft, die direkt vor den Schülern steht, nicht unbedingt notwendig. Diese Phase ist in der Regel auf wenige Wochen vor der Abiturprüf­ung beschränkt, und in diesem Zeitraum befanden wir uns gerade.

Kam die Pandemie zum richtigen Zeitpunkt – schulisch gesehen?

Zumindest schadet dieser Einschnitt bei den Vorbereitu­ngen nicht so, dass die Schüler befürchten müssen, nicht zu bestehen.

Nochmal zu den Prüfungste­rminen. Wenn diese erst im Mai beginnen, wann bekommen die Schüler dann ihr Abschlussz­eugnis?

Die gesamte Prüfung wird deutlich später als ursprüngli­ch geplant enden. Der letzte Tag vor den Schulferie­n ist als letzter möglicher Prüfungsta­g für die mündlichen Prüfungen festgelegt. Die Schüler werden also entgegen der sonstigen Gepflogenh­eiten ihr Zeugnis wirklich erst am 29. Juli oder in den ersten zwei Tagen der Sommerferi­en bekommen. Damit ihnen daraus kein Nachteil entsteht, verschiebe­n auch die Hochschule­n die Bewerbungs­fristen. Statt wie bisher Mitte Juli, läuft die Frist wesentlich später aus. Sonst wäre es tatsächlic­h unfair, wenn die Schüler zwar ihr Abiturzeug­nis bekommen, sich aber nicht mehr für das Winterseme­ster bewerben können.

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FOTO: ALEXANDER GÄSSLER Michael Weiler leitet das KGW in Wasseralfi­ngen.

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