Auch bei der Polizei gilt: Abstand halten
Kontrollen fordern die Polizei. Viele Betrüger nutzen die Virus-Angst.
- Eineinhalb Wochen ist es her, dass die Landesregierung eine Corona-Kontaktsperre beschlossen hat. Daran halten sich allerdings nicht alle Bürger. Bislang haben Beamte des Aalener Polizeipräsidiums rund 1200 Personen kontrolliert und rund 310 Anzeigen geschrieben, sagt der Pressesprecher Holger Bienert. Vor allem bei schönem Wetter wie am vergangenen Samstag würden zahlreiche Bürger anrufen und der Polizei Gruppenansammlungen melden. Das Coronavirus ruft auch Betrüger auf den Plan. Sie nutzen die Pandemie und die Angst der Menschen schamlos für ihre kriminellen Machenschaften aus.
Die Corona-Pandemie hat alles verändert. Auch die Arbeit der Polizei. Wegen Ladendiebstählen müssten die Beamten derzeit nicht ausrücken und auch die Unfälle hielten sich angesichts des geringeren Verkehrs auf den Straßen in Grenzen, sagt Bienert. Der Alltag und die Einsätze seien vor allem vom Corona-Thema geprägt. Seit Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen habe die Polizei ein Auge darauf, dass Kontaktbeschränkungen eingehalten werden. In Form von Kontrollen im Rahmen der Streifentätigkeit, aber auch indem die Beamten Anrufen von Bürgern nachgehen, die Verstöße gegen die Verordnung des Landes melden.
Und das seien nicht wenige. Meist gehe es dabei um Gruppenansammlungen – innerhalb von eineinhalb Wochen seien deshalb allein im Bereich des Aalener Polizeireviers rund 100 Personen kontrolliert und rund 40 Anzeigen geschrieben worden. Aber auch noch geöffnete Vereinsräumlichkeiten, Gastronomiebetriebe oder Imbissläden sowie hausinterne Partys und Treffen würden von Bürgern, darunter auch vielen Nachbarn, angezeigt, sagt Bienert. Ausraster im Supermarkt im Kampf um Klopapier oder Handgreiflichkeiten zwischen frustrierten Bürgern seien bislang die Seltenheit. Auch von provozierten Spuck- und Hustenattacken sei ihm nichts bekannt.
Die meisten hielten sich auch an die Kontaktsperre. Noch. Doch je länger diese anhält, desto größer werde der Lagerkoller. Hinzu komme das immer schöner werdende Wetter mit steigenden Temperaturen, das mehr Bürger ins Freie locken oder gar dazu veranlassen werde, Feste im hauseigenen Garten zu veranstalten, sagt Bienert. Er appelliert, sich an die Kontaktsperre zu halten. Ansonsten drohten Restriktionen, die von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen reichten.
Jeglichen direkten Kontakt mit Menschen zu vermeiden, ist auch eine Herausforderung für die Polizeibeamten. Diese müssten in Zeiten der Corona-Pandemie noch mehr als sonst auf ihre eigene Sicherheit achten. Sicherlich seien diese auch fernab des Coronavirus das ganze Jahr über einem erhöhten Risiko ausgesetzt, sagt Bienert und denkt unter anderem an den Kontakt mit Menschen mit Hepatitis oder HIV. Doch was früher eher die Ausnahme gewesen sei, sei heute Alltag und die Beamten wüssten nie, ob sie es nicht doch mit einem Corona-Infizierten zu tun haben. Noch schwieriger sei die Lage, seitdem die Landkreisverwaltung des Ostalbkreises keine Daten von Corona-Infizierten oder Kontaktpersonen ersten Grades mehr an die Polizei weitergibt.
Das oberste Gebot sei es, wie bei allen Bürgern, Abstand zu halten. Während das bei einer Verkehrskontrolle noch einfach zu handhaben sei, sei dies bei uneinsichtigen, mitunter betrunkenen Menschen, die den Anweisungen der Polizei nicht folgen, nicht mehr ganz so einfach zu händeln. Denn in solchen Fällen gebe es bei der Festnahme und dem Anlegen von Handschließen einen direkten Körperkontakt, sagt Bienert. Auch beim Transport im Polizeiwagen in die Gewahrsamszelle bestehe die Gefahr, sich infizieren zu können. In diesem Fall könne nur die Schutzkleidung die Beamten schützen. Beim Verdacht auf eine Infektion würden auch das Fahrzeug sowie die Zelle gründlich desinfiziert. Vorsichtsmaßnahmen seien auch bei Vernehmungen getroffen worden. So seien sämtliche Zimmer im Aalener Polizeirevier mit Spuckschutz ausgestattet worden, sagt Bienert.
Bislang seien im Bereich des Polizeipräsidiums Beamte im einstelligen Bereich mit dem Coronavirus infiziert. Die Zahl der Freistellungen liege im dreistelligen Bereich. Dabei handele es sich um Beamte, die mit an Coronavirus Erkrankten Kontakt hatten, aber auch um Beamte, die aufgrund ihres Alters oder einer Vorerkrankung zur Risikogruppe gehören. Um Vorsorge zu treffen und vor weiteren personellen Ausfällen gewappnet zu sein, seien intern zahlreiche organisatorische Maßnahmen getroffen worden. Unter anderem seien
„Nicht alle halten sich an die Kontaktsperre. Bislang sind rund 1200 Personen kontrolliert worden“, sagt Holger Bienert.
Kollegen von Organisationseinheiten räumlich getrennt worden, um zu verhindern, dass irgendwann eine ganze Einheit wegbricht.
Kollegen, die ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen können, arbeiten im Homeoffice. Darunter auch zwei Kollegen der Pressestelle. Ein weiterer Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit sei an die Präventionsaußenstelle in der Aalener Löwenbrauerei versetzt worden. Alle anderen Mitarbeiter von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit würden noch im ehemaligen VR-Bank-Gebäude arbeiten. Doch auch hier strikt auf Abstand. Die Büros seien nur noch von einer Person besetzt, Besprechungen würden auf ein Mindestmaß reduziert oder per Telefon- und Videokonferenz stattfinden. Auch ein gemeinsamer Aufenthalt in den Gemeinschaftsräumen sei tabu. Ausgesetzt worden seien auch das Einsatztraining und der Dienstsport. Bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr stattfinden würden auch Fortbildungen und Lehrgänge. Noch nicht tangiert vom Coronavirus seien die Arbeiten für das neue Führungsund Lagezentrum des Polizeipräsidiums in der Böhmerwaldstraße, sagt Bienert. Diese würde nach wie vor ohne Einschränkungen laufen.
Traurig, aber wahr: Die Angst vor dem Coronavirus haben sich auch Betrüger zunutze gemacht, sagt Bienert. Die Pandemie nutzten diese als Vorwand, um andere zu täuschen und zu schädigen. Die Taten reichten von gefälschten Internetseiten oder E-Mails mit schädlichen Dateien, mit denen persönliche Daten der Opfer abgegriffen werden, über Haustürbesuche, bei denen Kriminelle angeblich im Auftrag des Gesundheitsamts CoronaTests machen wollen, um auf diese Weise in die Wohnungen der Opfer zu gelangen und diese zu bestehlen, bis zu Anrufen falscher Ärzte, die einen Test per Vorkasse anbieten. Auch Fake-Shops, auf denen medizinische Geräte und Atemschutzmasken angeboten werden, die die Kunden allerdings nie erhalten, hätten Hochkonjunktur.
Eine Renaissance in abgewandelter Form erlebe auch der Enkeltrick. Angebliche Enkel gaukeln am Telefon vor, Behandlungskosten bezahlen zu müssen oder irgendwo in Quarantäne festzusitzen und ihre Unterkunft nicht bezahlen zu können. Ein Freund werde das Geld an der Wohnungstür in Empfang nehmen, das dann auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Auch falsche Polizeibeamte würden auf den Coronavirus-Zug aufspringen und behaupten, die Wohnung des Opfers sei verseucht oder der Bewohner oder ein Mitbewohner seien mit dem Virus infiziert und die Wohnung müsste deshalb untersucht werden – mit dem Ziel, die Opfer um ihre Wertgegenstände zu bringen. Vorsicht ist laut Polizei auch bei angeblichen Einkaufshilfen geboten, die Senioren anbieten, ihre Besorgungen zu erledigen. Von den Einkäufen solcher Trickbetrüger sehen diese am Schluss nichts, das dafür vor der Tür deponierte Geld ist allerdings weg. Ältere Menschen, die auf entsprechende Hilfe angewiesen sind, sollten sich an Hilfsorganisationen, Kirchen, Gemeinden oder die Stadt wenden und sich nicht auf Deals an der Haustür einlassen, rät Bienert.