Deutlich weniger Einsätze für die Retter
Im Rettungszentrum ist es ruhiger geworden. Zudem spricht die Polizei von weniger Straftaten.
- „Gefühlt sind es schon wesentlich weniger Einsätze als sonst, aber lassen Sie uns das mal überprüfen“, sagt Kai Niedziella, Kommandant der Feuerwehr Aalen. Er beginnt zu zählen: im März dieses Jahres 37 Einsätze, im gleichen Monat im Vorjahr fast doppelt so viele, 71. „Woran das liegt, weiß ich nicht genau. Aber ich kann mir vorstellen, dass die Leute wegen der momentanen Lage ohnehin angespannt sind und dadurch auch aufmerksamer.“Er mutmaßt auch, dass viele zunächst selbst nach dem rechten sehen und helfen, bevor sie die Feuerwehr rufen.
„In Aalen ist es wirklich ruhig“, so der Kommandant, „aber mir ist aufgefallen, dass es in größeren deutschen Städten in den vergangenen drei Wochen sehr viele Großbrände in Firmen gegeben hat - unter der Woche und tagsüber.“Das sei untypisch, aber verständlich, denn wenn nur eine Notbesetzung vor Ort sei, habe man vielleicht nicht immer alles im Blick. Die Einsätze in Aalen seien aber die gängigen: Türöffnungen, Baum auf Straße, Brandmeldeanlagen, Mülltonnenund Heckenbrände.
„Corona-Einsätze hatten wir auch schon ein paar, zum Beispiel beim Aufbau der Fieberambulanz, Straßensperrungen oder Stabsbesprechungen“, erklärt Niedziella. Dass man mit Corona-Patienten in Berührung kommt, sei ebenfalls nie auszuschließen: „Vor allem, wenn wir Türöffnungen bei hilflosen Menschen durchführen oder Patienten mit der Drehleiter holen, das sind oft alte Menschen. Aber wir orientieren uns dann an dem, was der Rettungsdienst uns sagt und schützen uns mit Mundschutz und Handschuhen.“
Was die Einsatzfahrzeuge betrifft, so hat sich ebenfalls einiges geändert. In Truppfahrzeugen sitzen jetzt zwei statt vorher drei Mann, in Staffelfahrzeugen sind es vier statt sechs und in den Löschfahrzeugen sechs statt neun. „Der Mannschaftstransporter mit vier Leuten bringt dann noch das fehlende Personal hinterher“, erläutert Niedziella. Auch der Übungsbetrieb ist weitestgehend eingestellt, im Rettungszentrum bleibt die Haustür zu, um sich als Betrieb der kritischen Infrastruktur abzuschotten. Der Zwei-Schichtbetrieb dient dazu, die Einsatzbereitschaft auch im Notfall gewährleisten zu können. „Natürlich haben wir auch die Hygienemaßnahmen erhöht und jeder hat seine persönliche Schutzausrüstung immer parat“, so der Kommandant.
Die Zusammenarbeit mit dem DRK, das ebenfalls im Rettungszentrum sitzt, läuft laut Niedziella wie gehabt Hand in Hand und man unterstütze sich gegenseitig. Das bestätigt auch Marc Sachsenmaier, Leiter des Rettungsdienstes im DRK-Kreisverband Aalen. „Auch bei uns ist es momentan sehr ruhig, vor allem im Krankentransport“, sagt er. Da sei im März und während der ersten neun Tage im April ein deutlicher Rückgang von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen gewesen. In der Notfallrettung sind es im gleichen Zeitraum nur zwei bis drei Prozent, „aber da gibt es immer Schwankungen, auch fernab von Corona“.
Dadurch, dass es deutlich weniger geplante Behandlungen gibt, müsse man natürlich wesentlich weniger Patienten transportieren. Auch Transporte wie vom Altersheim zum Zahnarzt finden derzeit einfach nicht statt. Die sonstigen Einsatzgründe seien indes gleich geblieben. „Ein bisschen was von allem, nur weniger. Wir fahren vor allem internistische und neurologische Einsätze, also Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfälle, aber auch Verkehrsunfälle“, so Sachsenmaier.
In den vergangenen sechs Tagen habe es von 345 Patienten-Kontakten 51 mit Verdachtsmomenten auf Corona gegeben. „Wie viele am Ende wirklich Covid 19 hatten, erfahren wir gar nicht. Aber natürlich sind wir beim Behandeln der Patienten mit Atembeschwerden noch vorsichtiger.“Grundsätzlich tragen die Rettungskräfte beim ersten Kontakt immer eine Atemmaske und auch der Patient bekommt, sofern er es zulässt, einen Atemschutz. „Wenn wir bei weiteren Untersuchungen dann CoronaSymptome feststellen, wird die Schutzausrüstung angelegt“, erklärt der Rettungsdienst-Leiter.
Von Seiten der Polizei bestätigt Rudolf Biehlmaier, Pressesprecher im Polizeipräsidium Aalen, die derzeitige Lage indirekt. Zwar gebe es keine allgemeine Einsatzstatistik, aber „Straftaten insgesamt scheinen in Corona-Zeiten rückläufig zu sein“. Dabei merkt er an, dass in der polizeilichen Kriminalstatistik Straftaten erst dann erfasst werden, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. „Somit schlägt sich die jüngste Corona-Krise noch nicht valide messbar in der Statistik nieder.“
Biehlmaier mutmaßt zudem, dass derzeit weniger Unfälle passieren, da weniger Menschen im Straßenverkehr unterwegs sind oder weniger Diebstähle, da weniger Geschäfte geöffnet sind. Was Wohnungseinbrüche betrifft, so seien diese beim Polizeipräsidium Aalen im ersten Quartal nicht weniger geworden. Allgemein überwache die Polizei jetzt verstärkt, ob die Corona-Verordnung eingehalten wird, während die alltäglichen Vorfälle weiterlaufen.
Bei ihren Einsätzen, so der Pressesprecher, kommt die Polizei nur dann mit Corona-Patienten in Berührung, „wenn sich Infizierte nicht an die Quarantäneanordnung halten oder zum Beispiel auch bei Todesfallermittlungen.“Jedoch versuche man sich, mit Anzügen und Masken zu schützen.
Besonders schön - da sind sich alle einig - sei in diesen schweren Zeiten die Wertschätzung aus der Bevölkerung. „Da gibt es ein paar Aktionen, die sind wirklich super. Zum Beispiel die Metzgerinnung, die Essen für Einsatzkräfte spendiert, oder auch andere Gastronomen“, sagt Sachsenmaier freudig. Zuletzt seien sogar Clubbetreiber auf das DRK zugekommen und hätten ihnen antialkoholische Getränke geschenkt, die bald ablaufen. Sie selbst würden diese in nächster Zeit schließlich nicht ausschenken.