Fridays-for-Future-Bilanz: „Müssen weiter Druck ausüben“
Corona hat gezeigt: Unmögliches ist plötzlich möglich – Schnelles Handeln fordern die Aktivisten auch beim Klimaschutz
- Keine Demos mehr und keine Schulstreiks: Im Schatten der Corona-Krise ist es ruhig geworden um die Fridays-for-Future-Bewegung, auch in Aalen. Zeit zur Besinnung: Was hat die Jugendbewegung bisher erreicht und was strebt sie künftig an? Darüber hat unsere Redakteurin Sylvia Möcklin mit Leni Klöcker und Magnus Papp gesprochen.
Alles hat mit Greta Thunberg angefangen. Am 20. August 2018 hat sie sich zum ersten Mal mit einem selbst gemalten Plakat in Stockholm vor das schwedische Parlament gestellt. Wann war bei euch in Aalen die erste Demo und wie habt ihr diese in Erinnerung?
Unsere erste Demonstration fand Anfang Februar 2019 statt. Es war ziemlich schlechtes Wetter, aber die Stimmung war gut, und es kamen insgesamt um die 300 Menschen.
Wie ist eure Bewegung seither gewachsen?
Unsere Gruppe an Aktiven hat sich seit der Demonstration im Februar sehr verändert, immer wieder kamen neue Gesichter dazu, andere mussten ihr Engagement verringern, da sie in anderen Städten angefangen haben zu studieren. Gleich am Anfang haben wir ein Bündnis gegründet: Fridays-for-Future Ostalb. Zu diesem Bündnis gehören Fridaysfor-future-Gruppen in Ellwangen, Schwäbisch Gmünd und Aalen, auch Parents for Future gibt es im Ostalbkreis. Inzwischen ist Fridays for Future Ostalb in einem weiteren Bündnis, dem Bündnis für Klimaschutz und Nachhaltigkeit Ostalb, vertreten. Weitere Partner dieses Bündnisses sind beispielsweise der Stadtjugendring, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und das Theater der Stadt Aalen. Dabei geht die Altersspanne von Schülern bis zu Rentnern.
Wie viele Demos habt ihr bis heute gemacht, wie viele Plakate gemalt, wie viel Zeit investiert, wie viele Teilnehmer insgesamt mobilisiert? Und hättet ihr euch diese Größenordnung zu Beginn träumen lassen?
Schätzungsweise haben wir bereits 40 Demonstrationen organisiert. Die Anzahl der Plakate, die gemacht wurden, lässt sich leider nicht feststellen, da sich diese anscheinend großer Beliebtheit erfreuen und nicht selten einfach mitgenommen werden. Die insgesamte Teilnehmerzahl aller Demonstrationen können wir leider ebenfalls nicht annähernd genau feststellen. Bei unserer größten Demonstration im September kamen circa 1800 Menschen. Das soll die größte Demo in Aalen seit Jahrzehnten gewesen sein. Die Zeit, die wir allerdings in die Organisation des Ganzen gesteckt haben, lässt sich erst recht nicht messen. Nur so viel: Wenn es uns um das Schule schwänzen und unsere Freizeit ginge, ständen wir ohne Fridays for Future eindeutig besser da. Aber es ist ein Ansporn,
dass wir durch unser Engagement so viele Menschen erreichen konnten.
Welche Forderungen hattet ihr zu Beginn der Fridays-for-Future-Bewegung?
Oberste Forderung von Fridays for Future ist und bleibt die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens.
Was hat eure Bewegung bisher erreicht?
Fridays for Future hat es geschafft das Thema Klimaschutz in die Mitte der Gesellschaft zu bringen und die Dringlichkeit der Dinge ins Licht zu rücken.
Wie groß ist eure Ernüchterung?
Trotz der eindeutigen Faktenlage, dass es um unser Klima in Zukunft sehr schlecht steht, haben sich unsere Befürchtungen bestätigt und die Klimapolitik war bis jetzt mehr symbolisch als effektiv. Ein Grund mehr für uns weiterhin Druck auszuüben und Forderungen zu stellen.
Wegen der Coronapandemie sind Verkehr und industrielle Produktion ausgebremst. Ist das aus der Sicht des Klimaschutzes wenigstens ein positiver Aspekt der Krise? Corona hat uns gezeigt, dass schnelles Handeln, wie wir es seit langem von der Politik auch in Sachen Klimaschutz fordern, möglich ist. Wir verlangen keinen klimapolitischen Shutdown, aber wir sehen, dass Maßnahmen, die wir seit langem einfordern, die aber immer als unmöglich erklärt wurden, auf einmal möglich sind.
Auf was kommt es in Zukunft an?
Den Menschen muss klar werden, dass Klimaschutz nicht den Verlust der Lebensfreude bedeutet. Und die Politik muss endlich die nötigen Rahmenbedingungen für klimafreundliches Handeln schaffen.
Wie wollt ihr euch in Aalen lokal dafür einsetzen?
Wie schon weiter oben erwähnt, sind auch wir Mitglied des Bündnisses für Klimaschutz und Nachhaltigkeit und wollen mit verschiedenen Aktionen wie zum Beispiel Workshops einen Teil zum Klimaschutz auf der Ostalb beitragen.
Welche Lehren aus gut einem Jahr Fridays for Future nehmt ihr mit in euer künftiges Engagement?
Wir wissen jetzt, dass Klimaschutz nur gemeinsam und generationsübergreifend funktionieren kann und unabhängig vom gesellschaftlichen Standpunkt.