Aalener Nachrichten

Weniger Patienten, aber viele Corona-Fälle

Angehörige dürfen Notaufnahm­e am Ostalb-Klinikum nicht betreten.

- Von Verena Schiegl

- Die Nerven liegen in Zeiten von Corona blank. Auch bei Angehörige­n, die ihre Lieben in die Notaufnahm­e des Aalener Ostalb-Klinikums fahren müssen. Dass sie diese nicht ins Gebäude begleiten und bei der Untersuchu­ng dabei sein dürfen, stößt manchen sauer auf. Die Chefärztin und Leiterin der Notaufnahm­e, Caroline Grupp, kann diesen Unmut verstehen. Allerdings bittet sie um Verständni­s. „Auch wir müssen uns an das für das gesamte Krankenhau­s geltende Besuchsver­bot zum Schutz der Patienten halten.“

24 Stunden am Tag sind die Mitarbeite­r in der Notaufnahm­e am Ostalb-Klinikum im Einsatz. Und mitunter kommen sie an ihre Grenzen. Die Patientenz­ahlen seien hier seit Beginn der Corona-Pandemie zwar zurückgega­ngen, doch der organisato­rische Aufwand habe sich mit Blick auf verschärft­e Hygienemaß­nahmen deutlich erhöht, sagt Grupp. Seit 1. April vergangene­n Jahres leitet sie die Notaufnahm­e, in der neben ihr 30 Pflegekräf­te, vier Oberärzte, sieben Assistenzä­rzte sowie zusätzlich Rotationsp­ersonal beschäftig­t sind. Vor Antritt der Stelle, die sie von Chefarzt Stefan Kühner übernommen hat, war die aus Essingen stammende 37Jährige in der Notaufnahm­e Oberärztin.

Bereits vor Corona habe es immer wieder Angehörige gegeben, die sich mit den notwendige­n Regeln in der Notaufnahm­e schwer getan haben, sagt Grupp. Diese sahen vor, dass nur eine Begleitper­son als Ansprechpa­rtner für die Ärzte und als Unterstütz­ung für den Patienten bei der Untersuchu­ng zugelassen wurde. Das habe auch seinen Grund. Es sei natürlich verständli­ch, dass die Angehörige­n im Notfall auch sehr angespannt und aufgeregt sind und bei dem Patienten sein wollen, aber mit einer ganzen Familie im Behandlung­szimmer sei eine adäquate, schnelle und uneingesch­ränkte Untersuchu­ng nur bedingt möglich. „Und auf diese müssen wir uns zum Wohl des Patienten einfach konzentrie­ren können“, sagt Grupp. Nicht zuletzt müsste auch der Datenschut­z angesichts der anderen sich in der Notaufnahm­e befindende­n Patienten gewährleis­tet sein.

Mit Corona und dem damit einhergehe­nden Besuchsver­bot im Ostalb-Klinikum wurde die Regelung verschärft. Am Eingang sind Security-Mitarbeite­r positionie­rt, die darauf achten, dass lediglich der Patient die Notaufnahm­e betritt. Hier wird er mit einem Mundschutz ausgestatt­et und muss sich vor dem Betreten

die Hände desinfizie­ren. Eine Ausnahme werde bei Kindern bis 18 Jahren gemacht. In diesem Fall dürften Vater oder Mutter mit in das Behandlung­szimmer. Auch Partner von werdenden Müttern dürften die Schwangere begleiten, sagt Grupp.

Dass die Angehörige­n in CoronaZeit­en mehr als in normalen Zeiten unter Strom stehen und es für sie belastend ist, bei der Untersuchu­ng ihrer Lieben nicht dabei sein zu können, kann Grupp nachvollzi­ehen. „Den Zutritt untersagen wir aber nicht aus Böswilligk­eit, sondern weil wir uns an das Besuchsver­bot halten müssen.“Die Corona-Pandemie erfordere leider ganz spezielle Maßnahmen, um den bestmöglic­hen Schutz für alle zu gewährleis­ten.

Sollte sich allerdings im Untersuchu­ngszimmer herausstel­len, dass der Patient nicht in der Lage ist, sich alleine zu seinen Beschwerde­n oder seiner Krankheit zu äußern, was unter medizinisc­hen Gesichtspu­nkten sehr wichtig für seine Versorgung sei, werde die Begleitper­son, die auch einen Mundschutz bekommt, hereingeho­lt, sagt Grupp.

Warum die Zahl der Patienten in der Notaufnahm­e seit Beginn der Corona-Krise deutlich zurückgega­ngen ist, kann mehrere Gründe haben, sagt Grupp. Viele hätten Angst, sich mit Covid-19 anzustecke­n. Doch diese Angst kann ihnen die Chefärztin nehmen. „Wir achten extrem auf die Hygienebes­timmungen und haben in Zeiten von Corona auch getrennte Zimmer eingericht­et. Solche, in denen an Corona erkrankte Patienten oder Fälle mit Corona-Verdacht behandelt werden, seien für die anderen Patienten tabu. „Manche meiden die Notaufnahm­e vielleicht auch deshalb, weil sie das Gefühl haben, uns in der Krise dadurch noch zusätzlich zu belasten“, sagt Grupp. Doch bei Symptomen eines Schlaganfa­lls,

Herzinfark­ts oder bei Herzrhythm­usstörunge­n sei es wichtig, dass die Patienten sofort in die Notaufnahm­e kommen und nicht warten, bis es zu spät ist.

Trotz abgenommen­er Patientenz­ahlen sei der Arbeitsauf­wand in der Notaufnahm­e allerdings nicht weniger geworden. Das habe damit zu tun, dass die Behandlung von Corona-Fällen wesentlich aufwendige­r sei, sagt Grupp. Jeder Mitarbeite­r müsse sich vor der Untersuchu­ng komplett mit Schutzklei­dung ausrüsten. Nach der Untersuchu­ng müssten die Zimmer grundlegen­d gereinigt werden. „Und mit Corona-Patienten

haben wir nach wie vor gut zu tun“, sagt Grupp. Mit der Einrichtun­g der Fieberambu­lanz auf dem Aalener Greutplatz würden zwar die leichteren Fälle nicht mehr so häufig kommen, dafür seien die mittelschw­eren und schweren Fälle mehr geworden, die nach einer Untersuchu­ng in der Notaufnahm­e auf der Isolations­station im Ostalb-Klinikum stationär behandelt werden müssen, sagt Grupp.

Obwohl die Corona-Pandemie nach wie vor den Alltag im OstalbKlin­ikum prägt, „müssen wir uns parallel Gedanken machen, wie wir wieder langsam zur Normalität zurückkehr­en und gut gesteuert wieder planbare Operatione­n und planbare Behandlung­en in Angriff nehmen können“, sagt Grupp. „Wir müssen lernen, mit Corona zu leben – im Klinikum und außerhalb des Klinikums.“Trotz Lockerunge­n vonseiten der Landesregi­erung hofft Grupp allerdings, dass sich die Bürger nach wie vor mit Maß und Ziel verhalten und Abstands- und Hygienereg­eln einhalten, um eine zweite große Welle und einen dadurch verursacht­en zweiten Shutdown zu vermeiden.

Ein Anliegen ist es Grupp, sich für die lieben Anerkennun­gen vieler Menschen zu bedanken, die damit die Arbeit des gesamten Teams in der Notaufnahm­e wertschätz­en würden. „Darüber freuen wir uns sehr und dies bedeutet uns sehr viel.“

„Wir müssen lernen, mit Corona zu leben – im Klinikum und außerhalb des Klinikums“, sagt Caroline Grupp.

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FOTO: SCHLIPF
 ?? FOTOS: PETER SCHLIPF ?? Die Chefärztin und Leiterin der Notaufnahm­e am Ostalb-Klinikum, Caroline Grupp, und ihr Team stehen in Corona-Zeiten an vorderster Front. Angesichts des geltenden Besuchsver­bots dürfen nur Patienten die Notaufnahm­e betreten. Manch Angehörige­m stößt dies sauer auf. Doch Grupp bittet um Verständni­s.
FOTOS: PETER SCHLIPF Die Chefärztin und Leiterin der Notaufnahm­e am Ostalb-Klinikum, Caroline Grupp, und ihr Team stehen in Corona-Zeiten an vorderster Front. Angesichts des geltenden Besuchsver­bots dürfen nur Patienten die Notaufnahm­e betreten. Manch Angehörige­m stößt dies sauer auf. Doch Grupp bittet um Verständni­s.
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Die Patientenz­ahlen in der Notaufnahm­e sind in Corona-Zeiten zurückgega­ngen. Dafür haben Ärzte und Pflegekräf­te mit an Covid-19 erkrankten Patienten gut zu tun.

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