Ellwanger holen Maskenproduktion zurück
Wiederverwendbare Masken aus 3D-Drucker sollen Engpass bei Schutzausrüstung lindern
- Der Unternehmer Jürgen Pfitzer, der aus Ellwangen stammt, hat eine Initiative gestartet, die den Engpass bei klinischen Schutzmasken gegen das Coronavirus lindern soll. Das Ziel ist eine wiederverwendbare Maske mit austauschbarem Filtersystem nach FFP-Standard. Wer Zugang zu einem 3D-Drucker hat, kann die Maske selbst ausdrucken. Zudem wird damit der Weg für die heimische Maskenproduktion geebnet. Konstruiert wurde die Schutzvorrichtung von der Ellwanger Firma Cast Solut.
Jürgen Pfitzer und Helmut Lutz verbindet unter anderem der Fußball. Beide sind Gründungsmitglieder des Fußballvereins FC Ellwangen. Mittlerweile ist Pfitzer Geschäftsführer der Firma Tecnaro in Ilsfeld, die sich mit Kunststoffen auf Pflanzenbasis beschäftigt. Helmut Lutz leitet das Ellwanger Unternehmen Cast Solut, das sich unter anderem auf Produktentwicklung und Prototypenbau spezialisiert hat.
Eine Meldung auf dem OnlinePortal einer Fachzeitschrift wurde zum Ausgangspunkt der Initiative, die dazu führen könnte, dass Atemschutzmasken wieder in Deutschland und Europa produziert werden. Laut dem Bericht der „K-Zeitung“, einer Fachpublikation für den Kunststoffbereich, hatte das Troisdorfer
Unternehmen Reifenhäuser seine Demonstrationsmaschinen auf die Produktion von Filtermaterial für Schutzmasken umgestellt.
Der Troisdorfer Maschinenbauer fertigt Extrusionsmaschinen. Auf ihnen kann das sogenannte MeltblowFiltermaterial produziert werden, das aus ultrafeinen Fasern besteht. Die Maschinen im Technikzentrum von Reifenhäuser sind eigentlich für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder Kundendemonstrationen gedacht. Seit Mitte März wird jedoch nun im Dauerbetrieb das Fasermaterial für die Schutzfilter hergestellt.
Das Problem: In den ersten Tagen fand sich kein deutscher oder europäischer Hersteller, der aus dem Material Masken hätte herstellen können. „Das Filtertuch ging zu 100 Prozent
nach Asien, weil es in Europa keinen Maskenhersteller gab“, berichtet Jürgen Pfitzer über sein erstes Gespräch mit dem Troisdorfer Hersteller.
Am 26. März, einem Donnerstag, kontaktierte Pfitzer deshalb seinen Ellwanger Bekannten und Unternehmerkollegen Helmut Lutz. „Wir brauchen ganz schnell Mehrwegmasken“, lautete die Botschaft. Schon am folgenden Tag hatte Cast Solut den Prototypen eines Maskenrohlings konstruiert.
Zusammen mit dem Forschungszentrum in Jülich wurden weitere Anforderungen in das Design eingearbeitet. Dazu gehören etwa die Dichtigkeit oder die Formbeständigkeit.
Im Vergleich zu herkömmlichen Schutzmasken hat der Ellwanger Entwurf einen wichtigen Vorteil: Er kommt mit einem Fünftel des Filtertuchs aus, der für herkömmliche Masken notwendig gewesen wäre. Die begrenzte Menge an Textilmaterial, die der Troisdorfer Hersteller produziert, kann somit für die fünffache Menge an Masken genutzt werden.
Um die Mehrwegmaske in großen Stückzahlen herstellen zu können, müssen zunächst Spritzgusswerkzeuge gefertigt werden. Ein zeitaufwendiger Prozess: Die Maske wäre erst innerhalb von mehreren Wochen lieferbar gewesen, so Pfitzer.
Dieses Problem ließ sich jedoch dadurch umgehen, „dass wir unsere Ergebnisse der Allgemeinheit zur Verfügung stellen“, sagt Tecnaro-Geschäftsführer Pfitzer.
Das bedeutet: Jeder kann die 3DDaten kostenlos im Netz herunterladen und – sofern ein Zugang zu einem 3D-Drucker vorhanden ist – auch ausdrucken. „Es geht jetzt um Menschenleben, nicht um Profit“, begründet der Tecnaro-Geschäftsführer die Freigabe der Daten.
Der Maskenrohling besteht aus drei Komponenten: dem eigentlichen Maskenkörper, dem Filteraufsatz und dem Deckel, die ineinander gesteckt werden. Das FFP-Filtertuch wird zwischen zwei Teile geklemmt und kann so ersetzt werden, während die Kunststoffbestandteile weiterverwendet werden. Der 3D-Druck sei zwar im Vergleich zum industriellen Spritzguss ein langsames Herstellungsverfahren. Der Vorteil sei aber: „Jeder kann mitmachen“, sagt Pfitzer. Und der Engpass, bis die industrielle Produktion angelaufen ist, kann nach seinen Worten überbrückt werden.
Die 3D-Daten für die Maske sind im Internet unter der Adresse http://castsolut.de/download/ 3D-Daten_Maske-Aufsatz.zip zu finden und können auf einem 3D-Drucker ausgedruckt werden.