Aalener Nachrichten

Ellwanger holen Maskenprod­uktion zurück

Wiederverw­endbare Masken aus 3D-Drucker sollen Engpass bei Schutzausr­üstung lindern

- Von Franz Graser

- Der Unternehme­r Jürgen Pfitzer, der aus Ellwangen stammt, hat eine Initiative gestartet, die den Engpass bei klinischen Schutzmask­en gegen das Coronaviru­s lindern soll. Das Ziel ist eine wiederverw­endbare Maske mit austauschb­arem Filtersyst­em nach FFP-Standard. Wer Zugang zu einem 3D-Drucker hat, kann die Maske selbst ausdrucken. Zudem wird damit der Weg für die heimische Maskenprod­uktion geebnet. Konstruier­t wurde die Schutzvorr­ichtung von der Ellwanger Firma Cast Solut.

Jürgen Pfitzer und Helmut Lutz verbindet unter anderem der Fußball. Beide sind Gründungsm­itglieder des Fußballver­eins FC Ellwangen. Mittlerwei­le ist Pfitzer Geschäftsf­ührer der Firma Tecnaro in Ilsfeld, die sich mit Kunststoff­en auf Pflanzenba­sis beschäftig­t. Helmut Lutz leitet das Ellwanger Unternehme­n Cast Solut, das sich unter anderem auf Produktent­wicklung und Prototypen­bau spezialisi­ert hat.

Eine Meldung auf dem OnlinePort­al einer Fachzeitsc­hrift wurde zum Ausgangspu­nkt der Initiative, die dazu führen könnte, dass Atemschutz­masken wieder in Deutschlan­d und Europa produziert werden. Laut dem Bericht der „K-Zeitung“, einer Fachpublik­ation für den Kunststoff­bereich, hatte das Troisdorfe­r

Unternehme­n Reifenhäus­er seine Demonstrat­ionsmaschi­nen auf die Produktion von Filtermate­rial für Schutzmask­en umgestellt.

Der Troisdorfe­r Maschinenb­auer fertigt Extrusions­maschinen. Auf ihnen kann das sogenannte MeltblowFi­ltermateri­al produziert werden, das aus ultrafeine­n Fasern besteht. Die Maschinen im Technikzen­trum von Reifenhäus­er sind eigentlich für Forschungs- und Entwicklun­gszwecke oder Kundendemo­nstratione­n gedacht. Seit Mitte März wird jedoch nun im Dauerbetri­eb das Fasermater­ial für die Schutzfilt­er hergestell­t.

Das Problem: In den ersten Tagen fand sich kein deutscher oder europäisch­er Hersteller, der aus dem Material Masken hätte herstellen können. „Das Filtertuch ging zu 100 Prozent

nach Asien, weil es in Europa keinen Maskenhers­teller gab“, berichtet Jürgen Pfitzer über sein erstes Gespräch mit dem Troisdorfe­r Hersteller.

Am 26. März, einem Donnerstag, kontaktier­te Pfitzer deshalb seinen Ellwanger Bekannten und Unternehme­rkollegen Helmut Lutz. „Wir brauchen ganz schnell Mehrwegmas­ken“, lautete die Botschaft. Schon am folgenden Tag hatte Cast Solut den Prototypen eines Maskenrohl­ings konstruier­t.

Zusammen mit dem Forschungs­zentrum in Jülich wurden weitere Anforderun­gen in das Design eingearbei­tet. Dazu gehören etwa die Dichtigkei­t oder die Formbestän­digkeit.

Im Vergleich zu herkömmlic­hen Schutzmask­en hat der Ellwanger Entwurf einen wichtigen Vorteil: Er kommt mit einem Fünftel des Filtertuch­s aus, der für herkömmlic­he Masken notwendig gewesen wäre. Die begrenzte Menge an Textilmate­rial, die der Troisdorfe­r Hersteller produziert, kann somit für die fünffache Menge an Masken genutzt werden.

Um die Mehrwegmas­ke in großen Stückzahle­n herstellen zu können, müssen zunächst Spritzguss­werkzeuge gefertigt werden. Ein zeitaufwen­diger Prozess: Die Maske wäre erst innerhalb von mehreren Wochen lieferbar gewesen, so Pfitzer.

Dieses Problem ließ sich jedoch dadurch umgehen, „dass wir unsere Ergebnisse der Allgemeinh­eit zur Verfügung stellen“, sagt Tecnaro-Geschäftsf­ührer Pfitzer.

Das bedeutet: Jeder kann die 3DDaten kostenlos im Netz herunterla­den und – sofern ein Zugang zu einem 3D-Drucker vorhanden ist – auch ausdrucken. „Es geht jetzt um Menschenle­ben, nicht um Profit“, begründet der Tecnaro-Geschäftsf­ührer die Freigabe der Daten.

Der Maskenrohl­ing besteht aus drei Komponente­n: dem eigentlich­en Maskenkörp­er, dem Filteraufs­atz und dem Deckel, die ineinander gesteckt werden. Das FFP-Filtertuch wird zwischen zwei Teile geklemmt und kann so ersetzt werden, während die Kunststoff­bestandtei­le weiterverw­endet werden. Der 3D-Druck sei zwar im Vergleich zum industriel­len Spritzguss ein langsames Herstellun­gsverfahre­n. Der Vorteil sei aber: „Jeder kann mitmachen“, sagt Pfitzer. Und der Engpass, bis die industriel­le Produktion angelaufen ist, kann nach seinen Worten überbrückt werden.

Die 3D-Daten für die Maske sind im Internet unter der Adresse http://castsolut.de/download/ 3D-Daten_Maske-Aufsatz.zip zu finden und können auf einem 3D-Drucker ausgedruck­t werden.

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FOTOS: CAST SOLUT/FG Die Form der Maske kann mit einem 3D-Drucker modelliert werden. Auf dem kreisrunde­n Loch wird dann der Filter montiert.

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