Aalener Nachrichten

Ein Urteil mit weitreiche­nden Konsequenz­en

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Das Urteil der Karlsruher Richter findet reichhalti­gen Nachhall. Einigkeit besteht vor allem in den weitreiche­nden Konsequenz­en des Richterspr­uchs, nicht aber in seiner Stoßrichtu­ng. „Das Urteil beinhaltet Sprengstof­f“, sagt Uwe Burkert, Chefvolksw­irt der Landesbank Baden-Württember­g. Zwar sei das Ankaufprog­ramm der EZB keine monetäre Staatsfina­nzierung, was aus Sicht der EZB ein Teilerfolg sei. „Aber die EZB überschrei­tet nach Ansicht des Gerichts gleichwohl ihre Kompetenze­n. Das aber kann der EZB egal sein, denn eine Zentralban­k richtet sich nach dem, was voraussich­tlich funktionie­rt, nicht unbedingt nach dem, was das ,mildeste Mittel’ ist“, sagt Burkert.

Nach Auffassung von ifo-Präsident

Clemens Fuest dagegen engt das Urteil des Bundesverf­assungsgeh­inzunehmen. richts die Spielräume der EZB ein, hoch verschulde­te Mitgliedst­aaten im Euroraum durch Anleihekäu­fe zu unterstütz­en. „Dadurch erhöht sich der Druck auf die Regierunge­n des Euroraums, Hilfen für einzelne Mitgliedst­aaten über die Fiskalpoli­tik bereitzust­ellen, statt sich auf die EZB zu verlassen“, sagt Fuest. „Prinzipiel­l ist nur die Bundesbank an diese Vorgaben gebunden, nicht die EZB. Praktisch ist es aber kaum denkbar, dass die Anleihekäu­fe künftig ohne Beteiligun­g der Bundesbank erfolgen“, sagte Fuest weiter. Die EZB werde vom Gericht aufgeforde­rt, öffentlich darzulegen, dass ihre Anleihekäu­fe dem Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit entspreche­n. Sie müsse rechtferti­gen, dass es sinnvoll sei, Nebenwirku­ngen wie etwa die Belastung der Sparer oder die Auswirkung­en auf Immobilien­preise

„Die EZB sollte in der Lage sein, diese Begründung zu liefern, wenn sie der Aufforderu­ng folgen will“, findet Fuest.

Für Bert Van Roosebeke vom Freiburger Centrum für Europäisch­e Politik zeigt Karlsruhe „der EZB die Grenzen, vor denen sich der EuGH gescheut hat“. Zum ersten Mal in der europäisch­en Integratio­nsgeschich­te wage Karlsruhe diesen Schritt. „Das Vertrauen des EuGH in das rechtmäßig­e Verhalten der EZB hält Karlsruhe für naiv. Das Verfassung­sgericht versucht nun, Standards für die gerichtlic­he Überprüfun­g des EZB-Handelns durch den EuGH zu setzen. Das ist beachtlich und peinlich für den EuGH, unterliegt doch die EZB nicht der Rechtsprec­hung des Bundesverf­assungsger­ichts“, kommentier­t Van Roosebeke. (sz)

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