Beschäftigungstaschen für die Seele
Verein „Kleine Hände“hilft jungen Familien und Alleinerziehenden durch die Krise
- Wenn es sie nicht schon gäbe, man müsste sie erfinden: Unermüdlich helfen die „Kleinen Hände“jungen Familien und Alleinerziehenden in Ellwangen und Umgebung auf vielfältige Weise.
Die ohnehin schwierige Lage alleinerziehender Mütter und Väter hat sich in Zeiten von Corona dramatisch verschärft. Schülerinnen und Schüler der Klosterfeldschule und Kinder von Alleinerziehenden haben bereits vor Ostern ein „Durchhaltepaket“der Kleinen Hände erhalten. Vor wenigen Tagen hat der Verein Anton Bosanis, dem Rektor der Buchenbergschule, 22 „Beschäftigungstaschen“überreicht.
Die Schule, so Bosanis, könne den Kindern Arbeitsmaterial geben. Die Taschen seien etwas für ihre Seelen. Bis jetzt, sagt Vorsitzende Bettina Vierkorn-Mack, haben die „Kleinen Hände“112 Taschen verteilt.
In Zeiten des Stillstands hat es den zehn engagierten Vorstandsmitgliedern Freude gemacht, aktiv zu werden. „Die Taschen gehen vor allem an Kinder, die in beengten Situationen leben“, erläutert Heidrun Köder. „Es ist uns auch wichtig, ein Blatt mit Notfallnummern für Überlastungssituationen beizulegen. Auch unsere Vereinsbroschüre für eine Kontaktaufnahme ist dabei.“
Die Taschen sind mit Malblock, Buntpapier, Buntstiften, Kleber, einem Buch, Bastelmöglichkeiten, Straßenmalkreide, Knete, Uno- und
Memory-Spiel befüllt, die bei Einzelhändlern in der Stadt gekauft wurden. „Die Kinder sollen eine Beschäftigungsmöglichkeit erhalten“, sagt Ulrike Grimm vom Vorstand. „Wir packen Freude in die Taschen“: Darin sind sich Kathrin Keller und Birgit Löffelad einig.
„Wir freuen uns sehr, dass der Verein ,Frauen helfen Frauen’ die Aktion mit 1000 Euro unterstützt“, betont Bettina Vierkorn-Mack. Familien wurden auch mit Stoffmasken und Desinfektionsmittel versorgt. „Und wir denken darüber nach, wie wir bei Papier und Druckerpatronen und in Ausnahmefällen bei einem Drucker helfen können“, erläutert ihr Stellvertreter Frank Keller.
Dass Spielplätze wieder öffnen, hält Keller für eine große Erleichterung. „Gerade für Familien in beengten Lebenssituationen ist eine auch nur teilweise Öffnung der Schulen und eine hoffentlich zeitnahe Öffnung der Kindertageseinrichtungen ein wichtiger Schritt. Vor allem Kinder, die in einer Wohnung ohne Garten und Balkon leben, finden hier Bewegung und den notwendigen Ausgleich an der frischen Luft.“
Das Angebot der „Kleinen Hände“umfasst Gespräche, Begleitung bei Behörden und der Wohnungssuche, materielle Hilfen wie Babyausstattung und Kinderwagen, Babysitter und im Einzelfall finanzielle Unterstützung. Gemeinsam mit der Caritas Ostwürttemberg, dem Verein „Frauen helfen Frauen“, der Marienpflege und der Stadt Ellwangen haben die „Kleinen Hände“vor zehn Jahren den Alleinerziehendentreff aus der Taufe gehoben.
„Noch immer sind es zu 90 Prozent die Frauen, die nach einer Trennung mit den Kindern in einem Haushalt leben. Das ist besonders schwierig, wenn die Ehe mit Verletzungen endet, Unterhaltszahlungen ausbleiben, Umgangszeiten nicht eingehalten werden, die Kinder seelisch unter der Trennung leiden und vielleicht bei den schulischen Leistungen absacken, finanzielle Sorgen hinzukommen und ein unterstützendes Umfeld fehlt. Unter diesen Bedingungen ist der Alltag für Alleinerziehende ein Kraftakt, der sie oft an den Rand ihrer Belastbarkeit bringt“, erläutert Bettina Vierkorn-Mack der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“.
Trotz verbesserter Betreuungszeiten in Kindergärten sowie vor und nach dem Schulunterricht sei es für
Alleinerziehende schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. „Wir erleben immer wieder, dass Anstellungen wie etwa bei einem Pflegedienst an Wochenendund Schichtdiensten scheitern“, sagt die Vereinsvorsitzende.
Immerhin hat sich in den vergangenen zehn Jahren bei Stadt- und Landkreisverwaltung, Jobcenter und Arbeitsagentur ein größeres Bewusstsein für alleinerziehende Familien entwickelt. „Zum Teil gibt es eigens für sie geschaffene Programme. Die Träger des Alleinerziehendentreffs arbeiten kontinuierlich daran, dass Alleinerziehende Unterstützung und Hilfe erfahren“, sagt Margot Wagner, Sprecherin des Kreisfrauenrats Ostalb. Sie hat den Treff von Beginn an begleitet.
Bettina Vierkorn-Mack hofft, dass der Alleinerziehendentreff in absehbarer Zeit mit neuen Ideen unter Beibehaltung von Abstands- und Hygieneregelungen wieder starten kann. Auf die ehrenamtlichen Familienpaten, die von den „Kleinen Händen“und der Caritas betreut werden, müssen Kinder und Eltern aber noch verzichten.
Frank Keller bedauert das. Aber: „Sie sind ja direkt in den Familien zu Hause im Einsatz. Vor allem mit Kleinkindern ist ein Abstandskonzept nur schwer umsetzbar. Da wir auch Verantwortung für unsere Familienpaten tragen, gehen wir auf Nummer sicher. Ein Einsatz der Familienpaten ist deshalb kurzfristig eher unwahrscheinlich.“
„Gerade für Familien in beengten Lebenssituationen ist eine auch nur teilweise Öffnung der Schulen ein wichtiger Schritt.“
Frank Keller vom Verein „Kleine Hände“