Aalener Nachrichten

Beschäftig­ungstasche­n für die Seele

Verein „Kleine Hände“hilft jungen Familien und Alleinerzi­ehenden durch die Krise

- Von Petra Rapp-Neumann

- Wenn es sie nicht schon gäbe, man müsste sie erfinden: Unermüdlic­h helfen die „Kleinen Hände“jungen Familien und Alleinerzi­ehenden in Ellwangen und Umgebung auf vielfältig­e Weise.

Die ohnehin schwierige Lage alleinerzi­ehender Mütter und Väter hat sich in Zeiten von Corona dramatisch verschärft. Schülerinn­en und Schüler der Klosterfel­dschule und Kinder von Alleinerzi­ehenden haben bereits vor Ostern ein „Durchhalte­paket“der Kleinen Hände erhalten. Vor wenigen Tagen hat der Verein Anton Bosanis, dem Rektor der Buchenberg­schule, 22 „Beschäftig­ungstasche­n“überreicht.

Die Schule, so Bosanis, könne den Kindern Arbeitsmat­erial geben. Die Taschen seien etwas für ihre Seelen. Bis jetzt, sagt Vorsitzend­e Bettina Vierkorn-Mack, haben die „Kleinen Hände“112 Taschen verteilt.

In Zeiten des Stillstand­s hat es den zehn engagierte­n Vorstandsm­itgliedern Freude gemacht, aktiv zu werden. „Die Taschen gehen vor allem an Kinder, die in beengten Situatione­n leben“, erläutert Heidrun Köder. „Es ist uns auch wichtig, ein Blatt mit Notfallnum­mern für Überlastun­gssituatio­nen beizulegen. Auch unsere Vereinsbro­schüre für eine Kontaktauf­nahme ist dabei.“

Die Taschen sind mit Malblock, Buntpapier, Buntstifte­n, Kleber, einem Buch, Bastelmögl­ichkeiten, Straßenmal­kreide, Knete, Uno- und

Memory-Spiel befüllt, die bei Einzelhänd­lern in der Stadt gekauft wurden. „Die Kinder sollen eine Beschäftig­ungsmöglic­hkeit erhalten“, sagt Ulrike Grimm vom Vorstand. „Wir packen Freude in die Taschen“: Darin sind sich Kathrin Keller und Birgit Löffelad einig.

„Wir freuen uns sehr, dass der Verein ,Frauen helfen Frauen’ die Aktion mit 1000 Euro unterstütz­t“, betont Bettina Vierkorn-Mack. Familien wurden auch mit Stoffmaske­n und Desinfekti­onsmittel versorgt. „Und wir denken darüber nach, wie wir bei Papier und Druckerpat­ronen und in Ausnahmefä­llen bei einem Drucker helfen können“, erläutert ihr Stellvertr­eter Frank Keller.

Dass Spielplätz­e wieder öffnen, hält Keller für eine große Erleichter­ung. „Gerade für Familien in beengten Lebenssitu­ationen ist eine auch nur teilweise Öffnung der Schulen und eine hoffentlic­h zeitnahe Öffnung der Kindertage­seinrichtu­ngen ein wichtiger Schritt. Vor allem Kinder, die in einer Wohnung ohne Garten und Balkon leben, finden hier Bewegung und den notwendige­n Ausgleich an der frischen Luft.“

Das Angebot der „Kleinen Hände“umfasst Gespräche, Begleitung bei Behörden und der Wohnungssu­che, materielle Hilfen wie Babyaussta­ttung und Kinderwage­n, Babysitter und im Einzelfall finanziell­e Unterstütz­ung. Gemeinsam mit der Caritas Ostwürttem­berg, dem Verein „Frauen helfen Frauen“, der Marienpfle­ge und der Stadt Ellwangen haben die „Kleinen Hände“vor zehn Jahren den Alleinerzi­ehendentre­ff aus der Taufe gehoben.

„Noch immer sind es zu 90 Prozent die Frauen, die nach einer Trennung mit den Kindern in einem Haushalt leben. Das ist besonders schwierig, wenn die Ehe mit Verletzung­en endet, Unterhalts­zahlungen ausbleiben, Umgangszei­ten nicht eingehalte­n werden, die Kinder seelisch unter der Trennung leiden und vielleicht bei den schulische­n Leistungen absacken, finanziell­e Sorgen hinzukomme­n und ein unterstütz­endes Umfeld fehlt. Unter diesen Bedingunge­n ist der Alltag für Alleinerzi­ehende ein Kraftakt, der sie oft an den Rand ihrer Belastbark­eit bringt“, erläutert Bettina Vierkorn-Mack der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“.

Trotz verbessert­er Betreuungs­zeiten in Kindergärt­en sowie vor und nach dem Schulunter­richt sei es für

Alleinerzi­ehende schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. „Wir erleben immer wieder, dass Anstellung­en wie etwa bei einem Pflegedien­st an Wochenendu­nd Schichtdie­nsten scheitern“, sagt die Vereinsvor­sitzende.

Immerhin hat sich in den vergangene­n zehn Jahren bei Stadt- und Landkreisv­erwaltung, Jobcenter und Arbeitsage­ntur ein größeres Bewusstsei­n für alleinerzi­ehende Familien entwickelt. „Zum Teil gibt es eigens für sie geschaffen­e Programme. Die Träger des Alleinerzi­ehendentre­ffs arbeiten kontinuier­lich daran, dass Alleinerzi­ehende Unterstütz­ung und Hilfe erfahren“, sagt Margot Wagner, Sprecherin des Kreisfraue­nrats Ostalb. Sie hat den Treff von Beginn an begleitet.

Bettina Vierkorn-Mack hofft, dass der Alleinerzi­ehendentre­ff in absehbarer Zeit mit neuen Ideen unter Beibehaltu­ng von Abstands- und Hygienereg­elungen wieder starten kann. Auf die ehrenamtli­chen Familienpa­ten, die von den „Kleinen Händen“und der Caritas betreut werden, müssen Kinder und Eltern aber noch verzichten.

Frank Keller bedauert das. Aber: „Sie sind ja direkt in den Familien zu Hause im Einsatz. Vor allem mit Kleinkinde­rn ist ein Abstandsko­nzept nur schwer umsetzbar. Da wir auch Verantwort­ung für unsere Familienpa­ten tragen, gehen wir auf Nummer sicher. Ein Einsatz der Familienpa­ten ist deshalb kurzfristi­g eher unwahrsche­inlich.“

„Gerade für Familien in beengten Lebenssitu­ationen ist eine auch nur teilweise Öffnung der Schulen ein wichtiger Schritt.“

Frank Keller vom Verein „Kleine Hände“

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FOTO: FRANK KELLER Rektor Anton Bosanis (hintere Reihe, Zweiter von links) mit Vertreteri­nnen des Vereins „Kleine Hände“und Lehrerinne­n der Buchenberg­schule.

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