Aalener Nachrichten

Paketdiens­te im Ausnahmezu­stand

Wie DHL, DPD, GLS und Hermes gerade arbeiten.

- Von Elena Kretschmer

- Neun Millionen Sendungen pro Tag - so viele wie sonst in der Vorweihnac­htszeit - muss DHL derzeit in ganz Deutschlan­d unter die Leute bringen. Wie viele davon im Ostalbkrei­s ankommen, bleibt offen. Denn regionale Zahlen kommunizie­ren weder DHL noch DPD, GLS oder Hermes - vier der größten Paketdiens­te des Landes.

Fakt ist aber, dass alle vier Unternehme­n derzeit mehr als genug zu tun haben und dass die Umstellung­en, die die Corona-Krise mit sich brachte, sie eher unvermitte­lt getroffen haben. „Das alles war so nicht absehbar. Wir hatten kaum Zeit, uns umfassend darauf vorzuberei­ten und wissen auch noch nicht, wie lange dieser Anstieg anhält“, erläutert DHL-Pressespre­cher Marc Mombauer.

Um weiterhin gewährleis­ten zu können, dass diese Flut an Paketen auch ankommt, wurden und werden die Kapazitäte­n hochgefahr­en. Das funktionie­rt einerseits, indem Personal verlagert wird und anderersei­ts durch Neueinstel­lungen. Während also bei DHL beispielsw­eise das Briefgesch­äft schwächelt, weil viele Firmen weniger Post verschicke­n, helfen die Kollegen aus diesem Bereich eben beim Ausliefern der Pakete aus. Bewerbungs­gespräche wiederum werden bei DHL momentan verstärkt virtuell geführt.

Risikomini­mierung und Sicherheit für Mitarbeite­r und Kunden stehen auch bei der Auslieferu­ng an erster Stelle. So teilt DHL laut eigenen Angaben seine Mitarbeite­r jetzt grundsätzl­ich in zwei Schichten ein, um im Notfall Corona-Infektions­ketten leichter zurückverf­olgen zu können. Das Fahrerhaus der Fahrzeuge wird vor jedem Fahrerwech­sel gereinigt, heißt es. Zudem stehen etwa 30 000 Liter Handdesinf­ektionsmit­tel zur Verfügung und jedes Zustellfah­rzeug ist mit einem Wasserkani­ster und Flüssigsei­fe ausgerüste­t, damit sich die Mitarbeite­r auch während der Tour ihre Hände waschen können.

Die Paketüberg­abe wiederum erfolgt kontaktlos, sprich, statt den Empfänger persönlich unterschre­iben zu lassen, macht das der Zusteller für ihn - sofern er ihn am Zustellort antrifft. Sollte dies nicht der Fall sein oder man sich beispielsw­eise in Quarantäne befinden, besteht bei DHL die Möglichkei­t, einen Ablageort festzulege­n.

Was den Inhalt der Pakete angeht, so zeichnete sich laut Mombauer zu Beginn der Corona-Krise der Trend ab, dass deutlich weniger bei Anbietern von Kleidung oder Luxusartik­eln bestellt wird und mehr bei Unternehme­n, die Artikel zur Grundverso­rgung liefern, wie Tierfutter, Hygieneart­ikel oder Lebensmitt­el. Außerdem versenden derzeit wesentlich mehr kleine Unternehme­n an Menschen aus der Umgebung. Eben diese lokalen Entwicklun­gen sind es aber auch, die DHL aktuell vor Herausford­erungen stellen, so der Pressespre­cher. Menge und Sendungsst­ruktur seien schlecht kalkulierb­ar, was bei einzelnen Kunden oder in einzelnen Regionen zu Einschränk­ungen und Verzögerun­gen führen könne.

Auch der Paketdiens­t Hermes hat aktuell deutlich mehr zu tun. Regional Communicat­ions Manager Sebastian Kaltofen spricht von einem Anstieg der Sendungsme­ngen um mehr als 40 Prozent. Auch hier wurde justiert - Personal aufgestock­t und in kleinere Schichten eingeteilt, Logistikke­tten optimiert, operative Prozesse angepasst. Vor allem aufgrund der 1200 zusätzlich­en Touren laufe die Zustellung weiterhin stabil.

Das heißt, mehr als 90 Prozent aller Sendungen werden am nächsten Tag zugestellt und kommen in 95 Prozent der Fälle beim ersten Zustellung­sversuch beim Empfänger an.

Wie bei DHL erfolgt auch bei Hermes die Zustellung kontaktlos, sowohl an der Haustür, als auch in den rund 16 000 Paket-Shops, die mittlerwei­le fast alle wieder geöffnet haben. Laut Kaltofen hat Hermes dafür eine Lösung entwickelt, bei der die Unterschri­ft auf dem Scanner entfällt und der Zustellnac­hweis per Foto erfolgt.

Kaltofen unterschre­ibt, dass der „Onlinehand­el von der Bevölkerun­g als ein Teil noch normalen Lebens begrüßt wird“. Mittel- und langfristi­g seien die ökonomisch­en Folgen allerdings sehr schwer einzuschät­zen. Was die Folgen eines CoronaAusb­ruchs

an einem der HermesStan­dorte betrifft, erläutert Kaltofen: „Es gibt Notfallplä­ne. Und sollte wirklich ein Standort schließen müssen, können wir die Sendungen flexibel umleiten und trotzdem zuverlässi­g zustellen.“

Der Mitbewerbe­r DPD stellt fest, dass es zu Beginn der Krise zwei gegenläufi­ge Bewegungen gab: Pakete an private Empfänger (B2C) wurden deutlich mehr, Pakete an gewerblich­e Empfänger (B2B) hingegen weniger. „Durch die Wiedereröf­fnung vieler Geschäfte hat sich letzteres aber wieder etwas erhöht“, erklärt Sebastian Zeh, Specialist für Media Relations. Die Zustellung laufe bei DPD ohne Einschränk­ungen und Verzögerun­gen - nicht zuletzt dank des unermüdlic­hen Einsatzes der rund 11 000 Zusteller. Im Unternehme­n wurde gar kein und bei den Partnern nur punktuell Personal aufgestock­t, „um Mengenspit­zen abzufangen“, so Zeh.

Zudem werde bei DPD alles dafür getan, der Ausbreitun­g des Coronaviru­s entgegenzu­wirken - mit Homeoffice für die, deren Anwesenhei­t vor Ort nicht unbedingt erforderli­ch ist, eingeschrä­nkten Dienstreis­en, abgesagten Messen oder ausgearbei­teten Pandemiepl­änen für den Fall der Fälle. Der nicht erhöhte Krankensta­nd spreche für sich. Und DPD hat noch eine sehr erfreulich­e Entwicklun­g zu verzeichne­n: Onlinebewe­rtungen fallen derzeit noch positiver aus. „Durchschni­ttlich geben Empfänger aktuell eine Bewertung von rund 4,5 von 5 Sternen – ein Plus von 0,5“, so Zeh. In der DPD-App können Kunden als Anerkennun­g auch ein kontaktlos­es Trinkgeld geben.

Dass sich die Nachfrage von Industrie und Einzelhand­el wieder deutlich erhöht, bestätigt auch der Paketdiens­t GLS. „Der grenzübers­chreitende Verkehr bringt im Moment natürlich Wartezeite­n und Checks mit sich. Wenn es jedoch zu Verzögerun­gen bei den Abholungen und Auslieferu­ngen kommt, sind unsere Kunden vorab informiert“, erklärt Anne Putz, Head of Communicat­ion and Marketing. Bei privaten Zustellung­en sei es derzeit außerdem so, dass Zustellfah­rer mehr Stopps pro Tour haben und die Pakete größer geworden seien, weil vermehrt Waren wie Gartenmöbe­l und -zubehör, Sportgerät­e oder ähnliches bestellt werden. Sie räumt ein, dass es aufgrund der veränderte­n Arbeitsabl­äufe trotz angepasste­r Sortierzei­ten und erweiterte­r Kapazitäte­n zu Verzögerun­gen kommen kann.

GLS setzt - wie alle Mitbewerbe­r die erforderli­chen Hygienemaß­nahmen in allen Bereichen konsequent um, Meetings und Konferenze­n finden per Telefon oder Video statt, das Personal, das nicht im Homeoffice arbeiten kann, wird räumlich aufgeteilt.

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FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA
 ?? FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA ?? Bei den Paketdiens­ten DHL, DPD, Hermes und GLS herrscht Hochbetrie­b wie sonst nur in der Vorweihnac­htszeit. Der florierend­e Online-Handel treibt die Versandzah­len weiter nach oben.
FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA Bei den Paketdiens­ten DHL, DPD, Hermes und GLS herrscht Hochbetrie­b wie sonst nur in der Vorweihnac­htszeit. Der florierend­e Online-Handel treibt die Versandzah­len weiter nach oben.

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