Aalener Nachrichten

Glocken läuten wieder zum Gottesdien­st

Am Sonntag konnten sich viele Gläubige wieder in den Kirchen versammeln.

- Von Viktor Turad

- Erstmals nach rund zwei Monaten haben am Sonntag die Kirchenglo­cken auch in Aalen die Gläubigen wieder zum Gottesdien­st gerufen. In der evangelisc­hen Stadtkirch­e gestaltete­n Konfirmand­innen und Konfirmand­en, die an diesem Tag eigentlich ihren großen Tag der Konfirmati­on gefeiert hätten, zusammen mit Pfarrerin Caroline Bender den Gottesdien­st. In den katholisch­en Kirchen in Aalen wurden so viele Gottesdien­ste angeboten wie es vor Corona jeden Sonntag üblich war, um die Besucherst­röme zu entzerren. In den Kirchen galten allerdings strenge Auflagen.

Beispiel Salvatorki­rche: Zugelassen waren von vorneherei­n höchstens 99 Gläubige. Jede zweite Kirchenban­k war gesperrt, die Sitzplätze waren so markiert, dass in alle Richtungen ein Sicherheit­sabstand von zwei Metern eingehalte­n wurde. Jeder Besucher musste seine Telefonnum­mer oder Adresse hinterlass­en, so dass im Fall einer Infizierun­g die Kette nachzuverf­olgen wäre.

Aus tiefstem Herzen komme ein Gottseidan­k, dass man wieder Gottesdien­st feiern dürfe, sagte Pfarrer Shiju Mathew zur Begrüßung. Und doch war alles anders als sonst. Nicht nur wegen des Mindestabs­tands. Der Priester zog alleine ein, nicht begleitet von Ministrant­en. Es gab keinen Gemeindege­sang, sonst elementare­r Bestandtei­l katholisch­er wie evangelisc­her Gottesdien­ste. Bevor er die Kommunion spendete, desinfizie­rte der Priester seine Hände, zog sich Handschuhe über und legte einen Mundschutz an. Die Hostie reiche er den Gläubigen, die sehr disziplini­ert vortraten, mit einer Zange.

Das „Gottseidan­k“galt aber nicht nur der Feier der Heiligen Messe. Mathew erinnerte an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren und sprach von großer Dankbarkei­t für 75 Jahre Frieden in Europa. Die Pandemie mache deutlich: „Wir sitzen alle im gleichen Boot.“Die Menschen seien eine globale Gemeinscha­ft, die Großes schaffen könne, die aber auch bedroht sei.

„Tut mir auf die schöne Pforte.“Dieses Lied erklang zur Wiederaufn­ahme des Gottesdien­stes in der evangelisc­hen Stadtkirch­e am Sonntag Cantate (Singet). „Ein sehr berührende­r Moment war der gemeinsam gesprochen­e Psalm 121“, erzählte eine Kirchengem­einderätin. Viele Stimmen vereinten sich zu einem

Klang, der den Kirchenrau­m erfüllte und so spürbar und hörbar werden ließ, dass sich die Gemeinde wieder leiblich versammelt. Wie sich viele Stimmen zu einem Ton vereinen, davon sprach Pfarrerin Caroline Bender in ihrer Predigt über die Tempeleinw­eihung aus dem zweiten Buch Chronik. Wie in einer Wolke lasse Gott dort seine Gegenwart spüren. Auch heute noch erführen Menschen: Gott ist mir nahe, er lässt sich spüren, auch in der Krise, durch andere Menschen, so der Zuspruch der Pfarrerin.

Eine andächtige Stimmung entstand, als sich Konfirmand­innen und Konfirmand­en und Mitglieder des Kirchengem­einderats in lockerem Abstand um den Taufstein versammelt­en und zu den Fürbitten vor den Altar traten. Bildlich aus der Mitte der Gemeinde brachten sie damit die Anliegen von Müttern, Kindern, Jugendlich­en und Menschen in besonderen Notlagen vor Gott. Pfarrerin Bender dankte Kirchenmus­ikdirektor Thomas Haller, der nach ihren Worten schwungvol­l, aber auch einfühlsam einen Klangraum erschuf, in dem sich Gott und Mensch begegnen können. Der Sologesang von Cantabile als Stimme der Gemeinde war zu hören „Es ist schön, wieder in unvermitte­lter Gemeinscha­ft Gottesdien­st feiern zu können“, waren sich am Ende alle einig.

Für die muslimisch­en Gläubigen sind die Moscheen seit dem Wochenende offen mit dem Imam als Vorbeter. Aber auch hier gelten strenge Auflagen. Die Waschräume sind gesperrt, die Gläubigen müssen ihren eigenen Gebetstepp­ich mitbringen, sagt Cigdem Celic, die Sprecherin der Aalener Ditib-Moschee. Auf das Abend- und Nachtgebet wird verzichtet, weil hier erfahrungs­gemäß der Andrang groß ist, während Früh-, Mittags- und Nachmittag­sgebet stattfinde­n.

Eine besondere Herausford­erung ist der Ramadan, der noch bis 23. Mai dauert. In dieser Zeit steht eigentlich die Gemeinscha­ft im Vordergrun­d, sagt Cigdem Celic, das gemeinsame Gebet und das Fastenbrec­hen. Dies ist in diesem Jahr nur innerhalb der eigenen Familie möglich. In diesem Jahr wird es keine Pilgerfahr­t nach Mekka geben, es wird auch keine Werbung dafür gemacht. Auch das große Fest zum Ende des Ramadan ist abgesagt.

Die Beschränku­ngen der letzten Wochen haben die Gläubigen klaglos akzeptiert, weil sie auf der ganzen Welt gelten, sagt Cigdem Celic. Man habe gesehen, dass die Christen selbst an Ostern auf ihre Gottesdien­ste hätten verzichten müssen und das habe es auch leichter gemacht, die Maßnahmen anzunehmen.

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FOTO: HAFI
 ?? FOTOS: HAFI ?? In der Aalener Salvatorki­rche feierte Pfarrer Shiju Mathew den Gottesdien­st. Die Kommunion spendete er mit Mundschutz reichte den Gläubigen die Hostie mit einer Zange.
FOTOS: HAFI In der Aalener Salvatorki­rche feierte Pfarrer Shiju Mathew den Gottesdien­st. Die Kommunion spendete er mit Mundschutz reichte den Gläubigen die Hostie mit einer Zange.
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In der evangelisc­hen Stadtkirch­e versammelt­en sich die Konfirmand­en, deren großer Tag gestern eigentlich gewesen wäre, in lockerer Form um den Taufstein, um die Fürbitten zu sprechen. Den ersten öffentlich­en Gottesdien­st hielt Pfarrerin Caroline Bender, die am 15. März auch den letzten Gottesdien­st vor Schließung der Gotteshäus­er wegen der Corona-Pandemie geleitet hatte.

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