Glocken läuten wieder zum Gottesdienst
Am Sonntag konnten sich viele Gläubige wieder in den Kirchen versammeln.
- Erstmals nach rund zwei Monaten haben am Sonntag die Kirchenglocken auch in Aalen die Gläubigen wieder zum Gottesdienst gerufen. In der evangelischen Stadtkirche gestalteten Konfirmandinnen und Konfirmanden, die an diesem Tag eigentlich ihren großen Tag der Konfirmation gefeiert hätten, zusammen mit Pfarrerin Caroline Bender den Gottesdienst. In den katholischen Kirchen in Aalen wurden so viele Gottesdienste angeboten wie es vor Corona jeden Sonntag üblich war, um die Besucherströme zu entzerren. In den Kirchen galten allerdings strenge Auflagen.
Beispiel Salvatorkirche: Zugelassen waren von vorneherein höchstens 99 Gläubige. Jede zweite Kirchenbank war gesperrt, die Sitzplätze waren so markiert, dass in alle Richtungen ein Sicherheitsabstand von zwei Metern eingehalten wurde. Jeder Besucher musste seine Telefonnummer oder Adresse hinterlassen, so dass im Fall einer Infizierung die Kette nachzuverfolgen wäre.
Aus tiefstem Herzen komme ein Gottseidank, dass man wieder Gottesdienst feiern dürfe, sagte Pfarrer Shiju Mathew zur Begrüßung. Und doch war alles anders als sonst. Nicht nur wegen des Mindestabstands. Der Priester zog alleine ein, nicht begleitet von Ministranten. Es gab keinen Gemeindegesang, sonst elementarer Bestandteil katholischer wie evangelischer Gottesdienste. Bevor er die Kommunion spendete, desinfizierte der Priester seine Hände, zog sich Handschuhe über und legte einen Mundschutz an. Die Hostie reiche er den Gläubigen, die sehr diszipliniert vortraten, mit einer Zange.
Das „Gottseidank“galt aber nicht nur der Feier der Heiligen Messe. Mathew erinnerte an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren und sprach von großer Dankbarkeit für 75 Jahre Frieden in Europa. Die Pandemie mache deutlich: „Wir sitzen alle im gleichen Boot.“Die Menschen seien eine globale Gemeinschaft, die Großes schaffen könne, die aber auch bedroht sei.
„Tut mir auf die schöne Pforte.“Dieses Lied erklang zur Wiederaufnahme des Gottesdienstes in der evangelischen Stadtkirche am Sonntag Cantate (Singet). „Ein sehr berührender Moment war der gemeinsam gesprochene Psalm 121“, erzählte eine Kirchengemeinderätin. Viele Stimmen vereinten sich zu einem
Klang, der den Kirchenraum erfüllte und so spürbar und hörbar werden ließ, dass sich die Gemeinde wieder leiblich versammelt. Wie sich viele Stimmen zu einem Ton vereinen, davon sprach Pfarrerin Caroline Bender in ihrer Predigt über die Tempeleinweihung aus dem zweiten Buch Chronik. Wie in einer Wolke lasse Gott dort seine Gegenwart spüren. Auch heute noch erführen Menschen: Gott ist mir nahe, er lässt sich spüren, auch in der Krise, durch andere Menschen, so der Zuspruch der Pfarrerin.
Eine andächtige Stimmung entstand, als sich Konfirmandinnen und Konfirmanden und Mitglieder des Kirchengemeinderats in lockerem Abstand um den Taufstein versammelten und zu den Fürbitten vor den Altar traten. Bildlich aus der Mitte der Gemeinde brachten sie damit die Anliegen von Müttern, Kindern, Jugendlichen und Menschen in besonderen Notlagen vor Gott. Pfarrerin Bender dankte Kirchenmusikdirektor Thomas Haller, der nach ihren Worten schwungvoll, aber auch einfühlsam einen Klangraum erschuf, in dem sich Gott und Mensch begegnen können. Der Sologesang von Cantabile als Stimme der Gemeinde war zu hören „Es ist schön, wieder in unvermittelter Gemeinschaft Gottesdienst feiern zu können“, waren sich am Ende alle einig.
Für die muslimischen Gläubigen sind die Moscheen seit dem Wochenende offen mit dem Imam als Vorbeter. Aber auch hier gelten strenge Auflagen. Die Waschräume sind gesperrt, die Gläubigen müssen ihren eigenen Gebetsteppich mitbringen, sagt Cigdem Celic, die Sprecherin der Aalener Ditib-Moschee. Auf das Abend- und Nachtgebet wird verzichtet, weil hier erfahrungsgemäß der Andrang groß ist, während Früh-, Mittags- und Nachmittagsgebet stattfinden.
Eine besondere Herausforderung ist der Ramadan, der noch bis 23. Mai dauert. In dieser Zeit steht eigentlich die Gemeinschaft im Vordergrund, sagt Cigdem Celic, das gemeinsame Gebet und das Fastenbrechen. Dies ist in diesem Jahr nur innerhalb der eigenen Familie möglich. In diesem Jahr wird es keine Pilgerfahrt nach Mekka geben, es wird auch keine Werbung dafür gemacht. Auch das große Fest zum Ende des Ramadan ist abgesagt.
Die Beschränkungen der letzten Wochen haben die Gläubigen klaglos akzeptiert, weil sie auf der ganzen Welt gelten, sagt Cigdem Celic. Man habe gesehen, dass die Christen selbst an Ostern auf ihre Gottesdienste hätten verzichten müssen und das habe es auch leichter gemacht, die Maßnahmen anzunehmen.