Proteste gegen Corona-Regeln nehmen zu
Auch im Südwesten demonstrieren Tausende – Weitere Lockerungen ab heute beschlossen
(dpa) - Ungeachtet zahlreicher Lockerungen der Corona-Beschränkungen wachsen die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. In zahlreichen Städten gingen am Wochenende Tausende Menschen auf die Straße. Sie protestierten gegen die aus ihrer Sicht übertriebenen Einschränkungen und Grundrechtseingriffe sowie gegen eine angebliche drohende Impfpflicht gegen das Coronavirus. Parallel dazu traten weitere Lockerungen in Kraft.
Eine der großen Demonstrationen ging in Stuttgart über die Bühne. 50 000 Menschen waren ursprünglich angemeldet, 10 000 hatte die Stadt genehmigt, 5000 waren nach Schätzungen der Polizei gekommen. Protestaktionen gab es auch in anderen Städten im Südwesten. In Ravensburg kamen nach Angaben der Polizei am Samstag 1500 Menschen zusammen, um gegen staatliche Corona-Verordnungen zu demonstrieren. In Salem (Bodenseekreis) zählte die Polizei rund 600, in Wangen im Allgäu (Kreis Ravensburg) rund 300 Menschen.
Während bei einigen Demonstrationen, aber auch in den Einkaufsstraßen
der Großstädte am Samstag die weiterhin geltenden Abstandsregeln oft nicht eingehalten wurden, kommt von der Wissenschaft ein Warnsignal: Die Reproduktionszahl, die angibt, wie viele andere Menschen ein Infizierter ansteckt, stieg nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Samstag von 0,65 am Mittwoch auf nun 1,10. Das bedeutet, dass zehn Infizierte gut 11 weitere Personen anstecken. Das RKI schrieb aber dazu: Wegen statistischer Schwankungen könne noch nicht bewertet werden, ob es zu einem Wiederanstieg der Fallzahlen kommt.
Das baden-württembergische Kabinett beschloss derweil weitere Lockerungen. Vorgesehen ist, dass von Montag an der Aufenthalt draußen auch mit Angehörigen eines weiteren Haushalts gestattet ist. In privaten Räumen sind nun auch Treffen mit Geschwistern und deren Familien sowie Personen aus einem weiteren Haushalt möglich. Das öffentliche Leben könne schrittweise weiter hochgefahren werden, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), „weil wir in den vergangenen Wochen so umsichtig waren“.
(lsw) - Die grünschwarze Landesregierung hat den Weg frei gemacht für die am Mittwoch angekündigten Lockerungen der Corona-Vorschriften. Das Kabinett beschloss am Samstag die entsprechenden Änderungen. „Weil wir in den vergangenen Wochen so umsichtig waren, können wir das öffentliche Leben schrittweise weiter hochfahren“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Durch die seit März geltenden Maßnahmen sei eine Überlastung des Gesundheitssystems vermieden, Menschenleben seien so gerettet worden. „Die Lockerungen verlangen, dass wir uns weiter verantwortungsvoll verhalten“, sagte Kretschmann: „Wir sind noch lange nicht durch.“
Die von der Regierung beschlossene Neufassung der Corona-Verordnung sieht unter anderem vor, dass von Montag an der Aufenthalt draußen auch mit Angehörigen eines weiteren Haushalts gestattet ist. In privaten Räumen sind nun auch Treffen mit Geschwistern und deren Familien sowie Personen aus einem weiteren Haushalt möglich. Bislang mussten Angehörige eines Haushalts unter sich bleiben.
Zudem dürfen von Montag an unter anderem auch Sonnen-, Kosmetikund Tattoo-Studios, Spielhallen, Fahrschulen sowie Tennis- oder Golfplätze wieder öffnen. Weitere Lockerungen werde es vom 18. Mai an unter anderem für Gaststätten sowie nach Pfingsten geben.
„Ich freue mich sehr, dass wir mit der stufenweisen Öffnung des Gastgewerbes und der weiteren Lockerungen von Montag an einen weiteren wichtigen Schritt gegangen sind“, sagte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Dies sei eine große Erleichterung für Unternehmen, Beschäftigte und Bürger. Wichtig sei, dass Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden. Nur so könnten erneute Beschränkungen verhindert werden.
In Krankenhäusern sowie Altenund Pflegeheimen im Südwesten sind vom 18. Mai an wieder Besuche erlaubt, teilte Gesundheits- und Sozialminister Manne Lucha (Grüne) am Samstag mit. „Die Zeit bis dahin müssen wir den Einrichtungen auf deren eigenen Wunsch hin geben, um den Übergang so vorzubereiten, dass die Bewohnerinnen und Bewohner weiterhin bestmöglich geschützt sind“, sagte er.
„Es besteht ein großes Spannungsverhältnis zwischen dem berechtigten Wunsch vieler Menschen, ihre pflegebedürftigen Angehörigen wieder besuchen zu können und der Situation, in der sich Pflegeeinrichtungen nach einer achtwöchigen Phase der Besuchsverbote befinden“, erklärte der Minister. „Ich appelliere an die Einrichtungen, so viel Besuch wie möglich und vertretbar zu ermöglichen.“
Er appelliere aber auch an alle Angehörigen und Freunde, Verständnis für die Situation der Einrichtungen aufzubringen, den Dialog mit den Verantwortlichen zu suchen und verantwortungsvoll mit den neuen Möglichkeiten umzugehen. Dazu gehöre auch zu akzeptieren, dass gerade in der ersten Phase der Öffnung voraussichtlich nicht jedem Besuchswunsch zum Wunschtermin entsprochen werden könne.
Bis zum 18. Mai 2020 gelten weiterhin die bisherigen Regelungen, die Ausnahmen zulassen: Nahestehende Personen sollen ihre pflegebedürftigen Angehörigen besuchen können, wenn anderenfalls körperliche und seelische Schäden durch eine soziale Isolation drohen – sofern geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen (Schutzkleidung) getroffen werden können.