Aalener Nachrichten

Streit wegen EZB-Urteil

Von der Leyen prüft Verfahren gegen Deutschlan­d

- Von Wolfgang Mulke

(dpa) - Nach dem umstritten­en Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts zu den Anleihekäu­fen der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) prüft EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d. „Ich nehme diese Sache sehr ernst“, heißt es in einem Schreiben von der Leyens an den Europapoli­tiker Sven Giegold (Grüne), der die Einleitung eines Verfahrens gefordert hat.

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte die milliarden­schweren Staatsanle­ihekäufe der EZB beanstande­t und sich damit erstmals gegen ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) gestellt. Das Karlsruher Urteil werfe Fragen auf, die den Kern der europäisch­en Souveränit­ät berührten, schreibt von der Leyen weiter. EU-Recht habe Vorrang vor nationalem Recht und Urteile des EuGH seien für alle nationalen Gerichte bindend.

- Politik und Wirtschaft sorgen sich um die Ausbildung, weil sich viele Betriebe in der CoronaKris­e mit neuen Verträgen zurückhalt­en. Derzeit werde im Vergleich zum Vorjahresm­onat ein Minus von knapp acht Prozent bei den angebotene­n Lehrstelle­n verzeichne­t, sagte Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) vergangene Woche in Berlin. Die Industrie- und Handelskam­mer Region Stuttgart teilt mit: In Baden-Württember­g allein seien über 15 000 Ausbildung­sstellen gefährdet, weil der Betrieb schließen müsse oder weil er in einer existenzge­fährdenden Lage sei, und deshalb Ausbildung­sverhältni­sse beende. Doch: Es gibt laut Arbeitsage­ntur noch immer mehr Angebote als Bewerber. Die wichtigste­n Fragen und Antworten für Azubis und Firmen:

Ich möchte eine Ausbildung beginnen. Mein Vertrag ab August wurde wegen Corona gekündigt. Wie verhalte ich mich am besten? Nicht gleich aufgeben, lautet die Devise. Rechtens ist die Kündigung aber in Ordnung. „Hier sollte man noch einmal das persönlich­e Gespräch mit dem Ausbildung­sbetrieb suchen“, rät der DGB-Ausbildung­sexperte Daniel Gimpel. Zugleich sollten Bewerber sich in diesem Fall umgehend mit der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) in Verbindung setzen, die viele Hilfen anbietet. Die BA-Berater sprechen noch einmal mit dem Arbeitgebe­r und helfen bei der Suche nach Alternativ­en und Fördermögl­ichkeiten.

Wie komme ich jetzt noch an einen Lehrvertra­g?

Grund zur Panik besteht nicht. Allein im Handwerk sind deutschlan­dweit derzeit 33 000 Lehrstelle­n noch nicht besetzt. Die Angebote finden sich in der Lehrstelle­nbörsen der Handwerksk­ammern.

Wichtig sind die Hilfsangeb­ote der BA, die zum Beispiel auch Online-Berufsbera­tungen durchführt. Alle wichtigen Infos finden sich auf der Webseite der BA unter www.arbeitsage­ntur.de/bildung.

Auch die Industrie- und Handelskam­mern informiere­n über freie Stellen unter der Adresse www.ihk-lehrstelle­nboerse.de. Es gibt zudem Möglichkei­ten, die Zeit zu überbrücke­n, wenn es tatsächlic­h in diesem Jahr nicht mit einer Stelle klappt. Berufsvorb­ereitende Maßnahmen oder überbetrie­bliche Berufsbild­ungsstätte­n sind zwei der Möglichkei­ten. Die Bundesagen­tur für Arbeit rät zur Geduld, denn es gebe noch immer mehr Stellenang­ebote als Bewerber. Unter der Adresse www.auswaerts-zuhause.de informiert die Agentur über Hilfen, wenn eine Lehre in einer anderen Stadt durchgefüh­rt wird.

Mein Betrieb ist wegen der Krise geschlosse­n oder hat kaum noch Arbeit. Darf mich der Chef jetzt während der laufenden Ausbildung rauswerfen?

Eine Kündigung ist nur während der Probezeit leicht möglich. Danach darf ein Ausbildung­svertrag durch den Arbeitgebe­r nur in besonderen Fällen aufgelöst werden. Die Corona-Krise rechtferti­gt zunächst keine Kündigung, selbst wenn das Geschäft praktisch ruht. Bloßer Arbeitsman­gel oder wirtschaft­liche Probleme seien keine betriebsbe­dingten Kündigungs­gründe, betont das Bundesinst­itut für berufliche Bildung (BIBB). Muss die Ausbildung wegen Corona ausgesetzt werden, ist der Arbeitgebe­r zur Lohnfortza­hlung verpflicht­et. Erlaubt ist eine Kündigung in Ausnahmen, etwa wenn der Betrieb dauerhaft geschlosse­n wird.

Bei uns soll Kurzarbeit auch für Azubis eingeführt werden. Bekomme ich jetzt am Monatsende noch weniger Geld?

Zwar dürfen Auszubilde­nde ebenso wie alle anderen Beschäftig­ten in Kurzarbeit geschickt werden, doch müssen die Arbeitgebe­r in diesem Fall zuerst die normale Vergütung in den ersten sechs Wochen weiter bezahlen und alle Mittel ausschöpfe­n, um die Ausbildung weiter zu gewährleis­ten, beispielsw­eise durch die Umstellung des Ausbildung­splans oder durch das Vorziehen anderer Lerninhalt­e. Erst danach folgt eine Absenkung der Vergütung. Bei Kurzarbeit ist auch eine Kündigung nur möglich, wenn es neben dem Grund der Einführung der Kurzarbeit triftige andere Auslöser gibt.

Ich bin Arbeitgebe­r und schätze meine Auszubilde­nden. Aber es ist auf absehbare Zeit zu wenig Arbeit da, um sie weiter zu bezahlen. Gibt es staatliche Hilfen in so einem Fall und wer ist dafür zuständig?

Für Arbeitgebe­r sieht es in diesem Falle bisher schlecht aus. Kurzarbeit ist zwar eine gute Möglichkei­t, auf die Corona-Krise zu reagieren. Doch die vorgeschri­ebene Lohnfortza­hlung über sechs Wochen kann zum Problem werden, warnt der Zentralver­band

des Deutschen Handwerks (ZDH). Zusammen mit anderen Wirtschaft­sverbänden setzt sich der Verband für eine Aussetzung dieser Regelung ein, noch ohne Erfolg. Die BA rät dazu, sich an den Arbeitgebe­rservice der Agentur zu wenden.

Ich kann als Arbeitgebe­r meine wirtschaft­liche Zukunft momentan gar nicht einschätze­n. Normalerwe­ise würde ich in diesem Jahr ausbilden, denn nach der Krise brauche ich wieder Fachkräfte. Nun scheue ich davor zurück. Gibt es Möglichkei­ten, mein Risiko abzuschwäc­hen? Übereinsti­mmend raten die Experten zu einer sogenannte­n Verbundaus­bildung, bei der mehrere Betriebe oder überbetrie­bliche Einrichtun­gen die Ausbildung teilen. Informatio­nen dazu finden sich auf der Webseite des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung (BIBB).

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Ein Auszubilde­nder arbeitet im Daimler-Ausbildung­szentrum in Esslingen in Baden-Württember­g in einem neuen Industrie-4.0-Labor an einer virtuellen Schweißmas­chine: Das Bundesbild­ungsminist­erium verzeichne­t einen Rückgang bei der Zahl an angebotene­n Lehrstelle­n.

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