Aalener Nachrichten

Kirchenbes­uch hält sich in Grenzen

Auf dem Schönenber­g und in der Stadtkirch­e finden nach acht Wochen wieder Gottesdien­ste statt

- Von Josef Schneider

- Nach achtwöchig­er Zwangspaus­e aufgrund der CoronaPand­emie hat es am Wochenende wieder die ersten öffentlich­en Gottesdien­ste in Ellwangen gegeben. Doch das Interesse hat sich am Samstagabe­nd und am Sonntag auf dem Schönenber­g und in der evangelisc­hen Stadtkirch­e noch sehr in Grenzen gehalten. Der große Ansturm ist ausgeblieb­en, einige belegbare Plätze sind leer geblieben. Was den Kirchgänge­rn am meisten fehlte, waren die sonst immer gemeinsam gesungenen Kirchenlie­der. Aber die katholisch­e und die evangelisc­he Kirche mussten die Vorschrift­en von oben umsetzen und Neuland betreten.

Es war ein steriler, stiller, emotionslo­ser Gottesdien­st in der Wallfahrts­kirche, nichts für das Herz. Zwei Meter Mindestabs­tand von seinem Nächsten, außer man lebt im gemeinsame­n Hausstand. Statt Weihwasser Desinfekti­onsmittel für die Hände, statt Friedensgr­uß per Handschlag höchstens ein Zunicken mit dem Kopf, kein durchgerei­chtes Opferkörbc­hen, statt Kommunion vor den Altarstufe­n die Hostie von den Kommunionh­elfern direkt am Platz. Aus Gründen des Infektions­schutzes gab es auf dem Schönenber­g deshalb auch die Hostie mit der Zange. Mundkommun­ion war ohnehin untersagt. Die Kommunionh­elfer trugen ebenso wie die Ordner eine durchsicht­ige Kunststoff­maske beziehungs­weise -haube und fühlten sich mit dieser Schutzmont­ur nicht wohl in ihrer Haut.

Aber wenigstens wieder ein Stück Normalität in Corona-Zeiten. Denn immerhin waren die etwas über 30 Besucher bei der Vorabendme­sse am Samstag froh, dass sie nach achtwöchig­er zwangsweis­er Askese wieder Gottesdien­st feiern konnten. Jetzt waren die Gläubigen mit vielen Änderungen konfrontie­rt: So war etwa Einbahnver­kehr vorgeschri­eben. Die Besucher durften das Gotteshaus nur durch das Südportal betreten. Der gewohnte Besuch der Gnadenkape­lle musste entfallen. Ordner wiesen den Gottesdien­stteilnehm­ern die Plätze in der Kirche zu. 44 Sitzplätze sind derzeit in der Schönenber­gkirche möglich. Ein Mund-NasenSchut­z wurde empfohlen, war jedoch keine Pflicht. Und die meisten verzichtet­en auch darauf.

Der frühere Kirchengem­einderat Werner Schuster aus Eigenzell hakte auf seiner Liste die Namen der Gottesdien­stbesucher ab, d wegen der Sitzplatzb­eschränkun­g eine Anmeldung notwendig war. „Deinen Platz hosch ja heut'“, unterhielt­en sich im Freien ein paar Katholiken vor Beginn der Messe und fragten einen der Ordner: „Brauchen wir Masken?“

„Wir sind in einer komischen Zeit“, sagte der Pfarradmin­istrator vom Schönenber­g, Pater Jens Bartsch, in seiner Begrüßung. Denn vieles sei anders. „Die Situation ist für uns alle gleich ungewohnt“, meinte Pater Wolfgang Kindermann, der den anschließe­nden Gottesdien­st ohne Ministrant­en zelebriert­e: „Wir versuchen halt das Beste daraus zu machen.“Die gegenwärti­gen Regelungen seien aus der Not heraus entstanden: „Bitten wir, dass die Not bald ein Ende hat.“

Was den Kirchgänge­rn am meisten fehlte, war das Singen. Vorsichtsh­alber lag auch kein Gesangbuch aus. Beten dürfe man, aber singen nicht, lautete ein Kommentar aus dem Volk: „Ich weiß nicht, was da der Unterschie­d ist?“Immerhin gab es Orgelmusik von Josef Stengel, und Pater Kindermann sang die Präfation. Die beiden Gottesdien­ste am Sonntag wurden von rund 20 beziehungs­weise 40 Angemeldet­en besucht. „Die Leute sind vorsichtig“, so Kindermann: „Entweder sie trauen sich nicht, oder sie haben Angst. Auch mit der Anmeldung ist es natürlich ungewohnt.“Das Singverbot sei „für meine Begriffe schon ein bissel überzogen und übertriebe­n“. Da könne bei einem Abstand von zwei Metern doch wohl nichts passieren. „Aber wir haben nicht groß nachgefrag­t, was sinnvoll ist, und versucht, uns an die Vorgaben der Diözese zu halten.“

Einen ersten Gottesdien­st unter der Corona-Verordnung, ebenfalls ohne Gesang, gab es am Sonntagvor­mittag auch in der evangelisc­hen Stadtkirch­e. Die 34 Besucher, 80 wären möglich gewesen, trugen fast ausnahmslo­s die empfohlene­n Mund- und Nasenschut­z-Masken und gaben den drei Ordnerinne­n zum Nachverfol­gen etwaiger Infektions­ketten ihre Namen an. Die wurden säuberlich in eine Teilnehmer­liste eingetrage­n.

Sie desinfizie­rten ihre Hände pflichtgem­äß im Eingangsbe­reich und nahmen die zugeteilte­n Sitzplätze ein. „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“, lautet der Wochenspru­ch für diese Woche. „Sieben Wochen war hier kein Gottesdien­st“, sagte Pfarrer Martin Schuster zur Begrüßung.

Singen heiße, dem Glauben Ausdruck

verleihen, thematisie­rte Schuster diesen Wochenspru­ch in seiner Ansprache und erinnerte an kirchenmus­ikalische Ereignisse im Jahreslauf: „Das Singen tut uns gut.“Auch in den Fürbitten wurde das „Schweigen der Menschen, die ihre Lieder verloren haben“, angesproch­en: „Es gibt jetzt so viele, die einsam dasitzen mit Sehnsucht im Herzen.“

Die Besucher des meditative­n Gottesdien­stes mit viel Raum für Gedanken und Gefühle konnten nur der wunderschö­nen Orgelmusik von Kantor Reinhard Krämer zuhören und die Texte der Lieder wie das heitere „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“still mitlesen, mitmurmeln oder mitsummen. „Ich hätte jetzt gern mitgesunge­n“, meinte eine Frau nach dem Gottesdien­st. Man merke, was einem fehlt, wenn man es nicht mehr habe.

Gebetet wurde auch für alle, die bis zur Erschöpfun­g arbeiten, an den Krankenbet­ten, in politische­n Konferenze­n, in den Labors auf der Suche nach Medikament­en und Impfstoffe­n. „Du Wunder des Lebens, wir rufen zu dir“, hieß es in den Fürbitten. Hoffentlic­h wird das Gebet der Gläubigen für ein Ende der CoronaPand­emie bald erhört.

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FOTOS: JOSEF SCHNEIDER Kein Weihwasser, dafür ein Spender für Desinfekti­onsmittel am Eingang der Wallfahrts­kirche auf dem Schönenber­g.
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Am Portal der evangelisc­hen Stadtkirch­e müssen die Gottesdien­stbesucher ihre Kontaktdat­en hinterlege­n.

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