Kirchenbesuch hält sich in Grenzen
Auf dem Schönenberg und in der Stadtkirche finden nach acht Wochen wieder Gottesdienste statt
- Nach achtwöchiger Zwangspause aufgrund der CoronaPandemie hat es am Wochenende wieder die ersten öffentlichen Gottesdienste in Ellwangen gegeben. Doch das Interesse hat sich am Samstagabend und am Sonntag auf dem Schönenberg und in der evangelischen Stadtkirche noch sehr in Grenzen gehalten. Der große Ansturm ist ausgeblieben, einige belegbare Plätze sind leer geblieben. Was den Kirchgängern am meisten fehlte, waren die sonst immer gemeinsam gesungenen Kirchenlieder. Aber die katholische und die evangelische Kirche mussten die Vorschriften von oben umsetzen und Neuland betreten.
Es war ein steriler, stiller, emotionsloser Gottesdienst in der Wallfahrtskirche, nichts für das Herz. Zwei Meter Mindestabstand von seinem Nächsten, außer man lebt im gemeinsamen Hausstand. Statt Weihwasser Desinfektionsmittel für die Hände, statt Friedensgruß per Handschlag höchstens ein Zunicken mit dem Kopf, kein durchgereichtes Opferkörbchen, statt Kommunion vor den Altarstufen die Hostie von den Kommunionhelfern direkt am Platz. Aus Gründen des Infektionsschutzes gab es auf dem Schönenberg deshalb auch die Hostie mit der Zange. Mundkommunion war ohnehin untersagt. Die Kommunionhelfer trugen ebenso wie die Ordner eine durchsichtige Kunststoffmaske beziehungsweise -haube und fühlten sich mit dieser Schutzmontur nicht wohl in ihrer Haut.
Aber wenigstens wieder ein Stück Normalität in Corona-Zeiten. Denn immerhin waren die etwas über 30 Besucher bei der Vorabendmesse am Samstag froh, dass sie nach achtwöchiger zwangsweiser Askese wieder Gottesdienst feiern konnten. Jetzt waren die Gläubigen mit vielen Änderungen konfrontiert: So war etwa Einbahnverkehr vorgeschrieben. Die Besucher durften das Gotteshaus nur durch das Südportal betreten. Der gewohnte Besuch der Gnadenkapelle musste entfallen. Ordner wiesen den Gottesdienstteilnehmern die Plätze in der Kirche zu. 44 Sitzplätze sind derzeit in der Schönenbergkirche möglich. Ein Mund-NasenSchutz wurde empfohlen, war jedoch keine Pflicht. Und die meisten verzichteten auch darauf.
Der frühere Kirchengemeinderat Werner Schuster aus Eigenzell hakte auf seiner Liste die Namen der Gottesdienstbesucher ab, d wegen der Sitzplatzbeschränkung eine Anmeldung notwendig war. „Deinen Platz hosch ja heut'“, unterhielten sich im Freien ein paar Katholiken vor Beginn der Messe und fragten einen der Ordner: „Brauchen wir Masken?“
„Wir sind in einer komischen Zeit“, sagte der Pfarradministrator vom Schönenberg, Pater Jens Bartsch, in seiner Begrüßung. Denn vieles sei anders. „Die Situation ist für uns alle gleich ungewohnt“, meinte Pater Wolfgang Kindermann, der den anschließenden Gottesdienst ohne Ministranten zelebrierte: „Wir versuchen halt das Beste daraus zu machen.“Die gegenwärtigen Regelungen seien aus der Not heraus entstanden: „Bitten wir, dass die Not bald ein Ende hat.“
Was den Kirchgängern am meisten fehlte, war das Singen. Vorsichtshalber lag auch kein Gesangbuch aus. Beten dürfe man, aber singen nicht, lautete ein Kommentar aus dem Volk: „Ich weiß nicht, was da der Unterschied ist?“Immerhin gab es Orgelmusik von Josef Stengel, und Pater Kindermann sang die Präfation. Die beiden Gottesdienste am Sonntag wurden von rund 20 beziehungsweise 40 Angemeldeten besucht. „Die Leute sind vorsichtig“, so Kindermann: „Entweder sie trauen sich nicht, oder sie haben Angst. Auch mit der Anmeldung ist es natürlich ungewohnt.“Das Singverbot sei „für meine Begriffe schon ein bissel überzogen und übertrieben“. Da könne bei einem Abstand von zwei Metern doch wohl nichts passieren. „Aber wir haben nicht groß nachgefragt, was sinnvoll ist, und versucht, uns an die Vorgaben der Diözese zu halten.“
Einen ersten Gottesdienst unter der Corona-Verordnung, ebenfalls ohne Gesang, gab es am Sonntagvormittag auch in der evangelischen Stadtkirche. Die 34 Besucher, 80 wären möglich gewesen, trugen fast ausnahmslos die empfohlenen Mund- und Nasenschutz-Masken und gaben den drei Ordnerinnen zum Nachverfolgen etwaiger Infektionsketten ihre Namen an. Die wurden säuberlich in eine Teilnehmerliste eingetragen.
Sie desinfizierten ihre Hände pflichtgemäß im Eingangsbereich und nahmen die zugeteilten Sitzplätze ein. „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“, lautet der Wochenspruch für diese Woche. „Sieben Wochen war hier kein Gottesdienst“, sagte Pfarrer Martin Schuster zur Begrüßung.
Singen heiße, dem Glauben Ausdruck
verleihen, thematisierte Schuster diesen Wochenspruch in seiner Ansprache und erinnerte an kirchenmusikalische Ereignisse im Jahreslauf: „Das Singen tut uns gut.“Auch in den Fürbitten wurde das „Schweigen der Menschen, die ihre Lieder verloren haben“, angesprochen: „Es gibt jetzt so viele, die einsam dasitzen mit Sehnsucht im Herzen.“
Die Besucher des meditativen Gottesdienstes mit viel Raum für Gedanken und Gefühle konnten nur der wunderschönen Orgelmusik von Kantor Reinhard Krämer zuhören und die Texte der Lieder wie das heitere „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“still mitlesen, mitmurmeln oder mitsummen. „Ich hätte jetzt gern mitgesungen“, meinte eine Frau nach dem Gottesdienst. Man merke, was einem fehlt, wenn man es nicht mehr habe.
Gebetet wurde auch für alle, die bis zur Erschöpfung arbeiten, an den Krankenbetten, in politischen Konferenzen, in den Labors auf der Suche nach Medikamenten und Impfstoffen. „Du Wunder des Lebens, wir rufen zu dir“, hieß es in den Fürbitten. Hoffentlich wird das Gebet der Gläubigen für ein Ende der CoronaPandemie bald erhört.