Fahrradpilgern: Dem Himmelreich so nah
Angebot der Landpastoral Schönenberg lockt hinaus in die Welt
- Ein Angebot zum Fahrradpilgern der Landpastoral Schönenberg verbindet eine Radtour durch den Virngrund mit geistlichen Impulsen und Möglichkeiten zum Gebet. Die Pilgerfahrt in der Gruppe ist wegen der Corona-Krise jedoch nicht möglich gewesen. Stattdessen hatten die Pilger die Möglichkeit, die einzelnen Stationen individuell anzufahren.
Morgens um acht ist die Welt noch in Ordnung. Vögel zwitschern und trällern ihre Lieder. Automatisch hört man in die Natur hinein. Komisch, Amsel, Drossel, Fink und Star dürfen singen, die Menschen in den Gottesdiensten nicht. Ach ja, die Vögel sind ja gegen das Coronavirus resistent, denke ich. Ich schwinge mich auf mein Sieben-Gang-Rad, sauge noch einen kräftigen Zug lieblichen Fliederdufts in mich auf, und los geht’s. Die erste Impulsstation in der Krypta der Ellwanger Basilika lasse ich links liegen, ich begebe mich gleich auf den Kocher-JagstRadweg mit dem Ziel Jagstzell.
Die Kapelle „Sankt Maria in der Eich“in Rindelbach ist mir als Kleinod seit Kindheitstagen wohl vertraut. Weiter geht es durch Schönau und Kalkhöfe mit der Sankt-Ulrich-Kapelle, dann durch Schweighausen nach Jagstzell. Dort treffe ich zufällig einen Malteser-Kollegen und halte ein Schwätzchen.
Zweite Station ist die Mariengrotte Riegelhof. Hier höre ich von weitem das Marienlied „Freu dich, du Himmelskönigin“. Ein Ehepaar und zwei Familienangehörige singen es. Hier kann vor der Muttergottesstatue
ein kurzes Mariengebet gesprochen werden, ein Textblatt liegt aus.
Ein Mitglied des Quartetts gibt sich als ehemaliger Schulkamerad zu erkennen, Abiturjahrgang 1975, Peutinger-Gymnasium. Jahrzehntelang nicht gesehen! Leider gibt es dieses Jahr keine Maiandachten und keine Vertriebenenwallfahrt, bedaure ich. Mir fehlen die Lieder „Maria, Maienkönigin“und „Mit frohem Herzen will ich singen“.
Hegenberg und Herlingsweiher sind weitere Stationen auf dem Weg nach Rosenberg. In der dortigen Kirche zur Schmerzhaften Muttergottes bewundere ich die herrlichen Deckenfresken, im Chor die Marienkrönung, im Langhaus die Kreuzigung. Und auf dem großen Flügelaltar hat Malerpfarrer Sieger Köder eindrucksvoll die biblische Ikonographie mit den Menschheitsfragen der
Gegenwart verbunden. Rucksack, Hut und Wanderstab, ebenfalls von Sieger Köder, locken auf den Jakobusweg.
Über den Alten Kirchenweg, zugleich ein Stück des Jakobuswegs, geht es bis zum Fuß des Hohenbergs. Unterwegs ist am Pilgerkreuz eine weitere Impulsstation. „Im Judentum ist ein wichtiger Ort des Gebetes die Klagemauer in Jerusalem“, heißt es an dieser Station. Ähnlich wie bei der Klagemauer sind die über 40 angemeldeten Radpilger eingeladen, ihr persönliches Gebet, ihre Wünsche, Danksagungen oder Bitten zu notieren und in die Fuge der Gebetsmauer am Fuße des Pilgerkreuzes zu stecken.
In der dunklen, kühlen Jakobuskirche auf dem Hohenberg erwarten mich eindrucksvolle Fensterzyklen aus dem Alten und Neuen Testament von Sieger Köder. Natürlich will auch das Sieger-Köder-Labyrinth vor dem Altarraum begangen werden. Weil es gerade Mittag ist, lausche ich vom Friedhof aus andächtig dem Glockengeläut der Jakobuskirche und gönne mir danach auf einer Bank mit Blick auf Rosenberg ein herzhaftes Vesper.
Über Zumholz und Hüttenhof geht es anschließend nach Gaishardt. In der dortigen Vituskapelle wartet der Initiator und Organisator des Radpilgerns, Ansgar Baumann von der Landpastoral Schönenberg, mit einer kleinen Stärkung für Leib und Seele auf die Pilger. Die Schokolade zergeht im Mund. Es gibt aber auch mit Blick auf die Schöpfung eine geistige Stärkung, einen Auszug aus der Rede des Häuptlings Seattle.
Nach diesem erfrischenden Impuls ist für mich schon das Himmelreich nahe, es liegt nämlich auf dem Jakobsweg. Vorbei an blühenden Landschaften, saftigen Wiesen und Wald und durch das Rottal ist das nächste Ziel die Pfarrkirche Sankt Michael in Abtsgmünd. Unterwegs sieht man Radfahrer und Wanderer en masse.
Da das Abtsgmünder Gotteshaus dem Erzengel Michael geweiht ist, darf man über Schutzengel sinnieren. „Welche Menschen sind für Sie ein Bote Gottes, wer ist für Sie ein Engel?“, ist die Aufgabe: „Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel.“Über Hüttlingen, Buch, Saverwang, Schleifhäusle und Schrezheim komme ich nach acht Stunden Unterwegssein gestärkt wieder heim nach Ellwangen: In der Krypta der Basilika ist ein Segensschirm aufgespannt.