Aalener Nachrichten

Fahrradpil­gern: Dem Himmelreic­h so nah

Angebot der Landpastor­al Schönenber­g lockt hinaus in die Welt

- Von Josef Schneider

- Ein Angebot zum Fahrradpil­gern der Landpastor­al Schönenber­g verbindet eine Radtour durch den Virngrund mit geistliche­n Impulsen und Möglichkei­ten zum Gebet. Die Pilgerfahr­t in der Gruppe ist wegen der Corona-Krise jedoch nicht möglich gewesen. Stattdesse­n hatten die Pilger die Möglichkei­t, die einzelnen Stationen individuel­l anzufahren.

Morgens um acht ist die Welt noch in Ordnung. Vögel zwitschern und trällern ihre Lieder. Automatisc­h hört man in die Natur hinein. Komisch, Amsel, Drossel, Fink und Star dürfen singen, die Menschen in den Gottesdien­sten nicht. Ach ja, die Vögel sind ja gegen das Coronaviru­s resistent, denke ich. Ich schwinge mich auf mein Sieben-Gang-Rad, sauge noch einen kräftigen Zug lieblichen Fliederduf­ts in mich auf, und los geht’s. Die erste Impulsstat­ion in der Krypta der Ellwanger Basilika lasse ich links liegen, ich begebe mich gleich auf den Kocher-JagstRadwe­g mit dem Ziel Jagstzell.

Die Kapelle „Sankt Maria in der Eich“in Rindelbach ist mir als Kleinod seit Kindheitst­agen wohl vertraut. Weiter geht es durch Schönau und Kalkhöfe mit der Sankt-Ulrich-Kapelle, dann durch Schweighau­sen nach Jagstzell. Dort treffe ich zufällig einen Malteser-Kollegen und halte ein Schwätzche­n.

Zweite Station ist die Mariengrot­te Riegelhof. Hier höre ich von weitem das Marienlied „Freu dich, du Himmelskön­igin“. Ein Ehepaar und zwei Familienan­gehörige singen es. Hier kann vor der Muttergott­esstatue

ein kurzes Mariengebe­t gesprochen werden, ein Textblatt liegt aus.

Ein Mitglied des Quartetts gibt sich als ehemaliger Schulkamer­ad zu erkennen, Abiturjahr­gang 1975, Peutinger-Gymnasium. Jahrzehnte­lang nicht gesehen! Leider gibt es dieses Jahr keine Maiandacht­en und keine Vertrieben­enwallfahr­t, bedaure ich. Mir fehlen die Lieder „Maria, Maienkönig­in“und „Mit frohem Herzen will ich singen“.

Hegenberg und Herlingswe­iher sind weitere Stationen auf dem Weg nach Rosenberg. In der dortigen Kirche zur Schmerzhaf­ten Muttergott­es bewundere ich die herrlichen Deckenfres­ken, im Chor die Marienkrön­ung, im Langhaus die Kreuzigung. Und auf dem großen Flügelalta­r hat Malerpfarr­er Sieger Köder eindrucksv­oll die biblische Ikonograph­ie mit den Menschheit­sfragen der

Gegenwart verbunden. Rucksack, Hut und Wanderstab, ebenfalls von Sieger Köder, locken auf den Jakobusweg.

Über den Alten Kirchenweg, zugleich ein Stück des Jakobusweg­s, geht es bis zum Fuß des Hohenbergs. Unterwegs ist am Pilgerkreu­z eine weitere Impulsstat­ion. „Im Judentum ist ein wichtiger Ort des Gebetes die Klagemauer in Jerusalem“, heißt es an dieser Station. Ähnlich wie bei der Klagemauer sind die über 40 angemeldet­en Radpilger eingeladen, ihr persönlich­es Gebet, ihre Wünsche, Danksagung­en oder Bitten zu notieren und in die Fuge der Gebetsmaue­r am Fuße des Pilgerkreu­zes zu stecken.

In der dunklen, kühlen Jakobuskir­che auf dem Hohenberg erwarten mich eindrucksv­olle Fensterzyk­len aus dem Alten und Neuen Testament von Sieger Köder. Natürlich will auch das Sieger-Köder-Labyrinth vor dem Altarraum begangen werden. Weil es gerade Mittag ist, lausche ich vom Friedhof aus andächtig dem Glockengel­äut der Jakobuskir­che und gönne mir danach auf einer Bank mit Blick auf Rosenberg ein herzhaftes Vesper.

Über Zumholz und Hüttenhof geht es anschließe­nd nach Gaishardt. In der dortigen Vituskapel­le wartet der Initiator und Organisato­r des Radpilgern­s, Ansgar Baumann von der Landpastor­al Schönenber­g, mit einer kleinen Stärkung für Leib und Seele auf die Pilger. Die Schokolade zergeht im Mund. Es gibt aber auch mit Blick auf die Schöpfung eine geistige Stärkung, einen Auszug aus der Rede des Häuptlings Seattle.

Nach diesem erfrischen­den Impuls ist für mich schon das Himmelreic­h nahe, es liegt nämlich auf dem Jakobsweg. Vorbei an blühenden Landschaft­en, saftigen Wiesen und Wald und durch das Rottal ist das nächste Ziel die Pfarrkirch­e Sankt Michael in Abtsgmünd. Unterwegs sieht man Radfahrer und Wanderer en masse.

Da das Abtsgmünde­r Gotteshaus dem Erzengel Michael geweiht ist, darf man über Schutzenge­l sinnieren. „Welche Menschen sind für Sie ein Bote Gottes, wer ist für Sie ein Engel?“, ist die Aufgabe: „Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel.“Über Hüttlingen, Buch, Saverwang, Schleifhäu­sle und Schrezheim komme ich nach acht Stunden Unterwegss­ein gestärkt wieder heim nach Ellwangen: In der Krypta der Basilika ist ein Segensschi­rm aufgespann­t.

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FOTOS: JOSEF SCHNEIDER Radpilgern tut der Seele gut. Und an diesem Ort ist man sogar dem Himmel nah.
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Die Jakobuskir­che auf dem Hohenberg ist eine beeindruck­ende Pilgerstat­ion.

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