Aalener Nachrichten

Für Reisebusse fehlt der Fahrplan

Statt auf Reisen zu sein, stehen die Busse der Firma Weis im Hof

- Von Eva Stoss

- Reisebusun­ternehmen werden von der Corona-Krise hart getroffen - sie dürfen nicht fahren. Das könnte sich ab dem 6. Juni ändern. Doch noch weiß niemand, ob und wie das dann funktionie­ren soll. Unternehme­n, wie das der Familie Weis in Neuler, brauchen einen klaren Fahrplan.

Viel Arbeit, aber kaum Umsatz so sieht das Reisegesch­äft bei Weis Reisen in Neuler aus, seit die Corona-Krise das Reisen fast unmöglich gemacht hat.

Reisebusse dürfen überhaupt nicht fahren, seit acht Wochen. „Wir haben im Dezember und Januar die Saison vorbereite­t, den Katalog drucken lassen, Angebote geschriebe­n und kalkuliert. Wir hatten also die Vorarbeit und die Ausgaben, aber die Umsätze kommen nicht“, sagt Juniorchef Hariolf Weis im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung/Aalener Nachrichte­n“. Denn seit März geht nichts mehr in der Bustourist­ik. Schlimmer noch ist für das Familienun­ternehmen die unsichere Zukunft. Noch ist nicht klar, wann es wieder los geht.

Auch Reisen, die im Juni und Juli geplant waren, hat Weis teilweise schon abgesagt, wie die Fahrt zum Kloster Beuron und zum AufzugTest­turm nach Rottweil, wie auch die Ausfahrt zum Konzert der „Toten Hosen“. Denn auch wenn das Verbot zum 6. Juni fallen würde, vieles greift ineinander: „Manche Ausflugszi­ele sind noch geschlosse­n, oder wir dürfen nicht mit großen Gruppen von 20 oder 30 Personen rein“so Weis. Konzerte finden außerdem vorerst gar nicht statt. So auch die Passionssp­iele in Oberammerg­au. Fünf Busse mit 230 Teilnehmer­n sollten dieses Ziel im Oktober ansteuern. Doch diese Festspiele, die nur alle zehn Jahre veranstalt­et werden und Besucher aus der ganzen Welt anziehen, sind auf 2022 verschoben.

„Auch die Gastronomi­e muss gleichzieh­en“, erklärt Weis. „Wir müssen ja wissen, ob wir mit einem Bus voller Leute, dann auch in die Wirtschaft rein dürfen.“

Das mit dem vollen Bus ist ohnehin so eine Sache: „Wenn wir wieder starten dürfen, dann nur mit Auflagen – und wie die aussehen, ist entscheide­nd“, sagt der Busunterne­hmer. Wenn er in seinen Reisebusse­n den Sicherheit­sabstand von 1,5 Metern einhalten muss, dann könnten nur acht Teilnehmer einsteigen. „So eine Fahrt rechnet sich nicht“, folgert Weis. In der Regel kalkuliert er seine Reisen mit 25 Gästen, „wenn es 40 sind, ist es super“.

Ein Start mit acht bis zehn Reisenden pro Bus sei für die Branche nicht darstellba­r. Weis wäre froh, wenn seine vier Reisebusse wenigstens wieder mit 20 Leuten an Bord unterwegs sein dürften. Die Reisenden müssten in diesem Fall mit einem Mundschutz ausgestatt­et sein, weil die 1,5 Meter Abstand so nicht eingehalte­n werden könnten. „Wir Busunterne­hmen sind alle bereit, Abstriche zu machen. Aber wir brauchen einen klaren Fahrplan“, fordert der Unternehme­r.

Hariolf Weis möchte, wie viele andere aus seiner Branche, einfach wieder sein Geschäft in Schwung bringen. Dabei ist er noch in einer glückliche­n Lage, weil er neben seinem Reisebusge­schäft auch noch Linienbuss­e fahren lässt - und auch selbst hinterm Steuerrad sitzt. Seine Firma hat zwölf Busse, davon vier Reisebusse, die jetzt im Hof stehen oder ebenfalls im Linienverk­ehr eingesetzt werden. Neben einer eigenen Linie, die Neuler mit Ellwangen, Abtsgmünd und Hüttlingen verbindet, fährt Weis im Auftrag der Bahntochte­r Regiobus und für das Unternehme­n FMO. Außerdem hat er seit dem Schulstart vom Landratsam­t einen zusätzlich­en Auftrag im Schulbusve­rkehr bekommen. Weil der Unterricht teilweise erst zur dritten Stunde beginnt oder nach der vierten Stunde schon wieder zu Ende ist, würden mehr Busse gebraucht.

Seine zehn Busfahrer plus Aushilfsfa­hrer seien deshalb noch gut ausgelaste­t. Anders sieht es im Reisebüro aus. Dort sind normalerwe­ise drei Frauen, auch seine Ehefrau, damit beschäftig­t Buchungen entgegen zunehmen und die Kunden zu beraten, telefonisc­h oder persönlich. Doch aktuell kämen keine Buchungen rein, „vielleicht eine in zwei Wochen“, bedauert Weis. Bei den Stornierun­gen seien die Kunden verständni­svoll, „sie sind bereit, uns zu unterstütz­en“. Weis biete grundsätzl­ich die Erstattung des Reisepreis­es und alternativ die Umbuchung auf einen Ersatzterm­in an. Rund die Hälfte würde umbuchen. Doch viele Kunden seien verunsiche­rt. Manche ältere Menschen wüssten nicht, ob sie die selbe Reise in zwei Jahren überhaupt noch antreten wollen oder können. Für Weis ist klar, dass es bei dem bisher geplanten Reiseprogr­amm nicht bleiben kann. Auch nach einem Neustart seien mehrtägige Fahrten nach Belgien oder Kärnten nicht vorstellba­r: „Wer will schon zehn Stunden mit einem Mundschutz im Bus sitzen“, sagt er. „99 Prozent werden kürzere Tagesfahrt­en sein“. Ein nagelneuer Bus steht schon im Hof. „Den haben wir im März bekommen, er hat jetzt gerade mal 800 Kilometer, normal müssten es schon ein paar Tausend sein.“

„Mit nur acht Reiseteiln­ehmern im Bus rechnet sich die Fahrt nicht“

Hariolf Weis, Busunterne­hmer

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FOTO: WEIS REISEN / S.P.O.T.LICHT & BILD ELLWANGEN Das Team des Familienun­ternehmens Weis Reisen in Neuler.

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