Aalener Nachrichten

Rolls-Royce streicht 9000 Stellen

Mutterkonz­ern des Motorenbau­ers Rolls-Royce Power Systems baut 9000 Stellen ab

- Von Benjamin Wagener

(AFP/ ben) - Der britische Triebwerkh­ersteller Rolls-Royce hat wegen wegbrechen­er Aufträge aus der Luftfahrti­ndustrie einen harten Stellenabb­au angekündig­t. Von den 52 000 Jobs im Unternehme­n müssten weltweit „mindestens“9000 gestrichen werden, teilte Rolls-Royce mit. Der Motorenbau­er Rolls-Royce Power Systems (RRPS) mit seiner Kernmarke MTU und Sitz in Friedrichs­hafen erklärte, man arbeite selbst an „umfangreic­hen Maßnahmen“. Noch habe man jedoch Aufträge.

- Die Krise von Rolls-Royce verschärft sich durch das Coronaviru­s noch weiter. Der englische Traditions­konzern streicht deshalb mindestens 9000 seiner weltweit rund 52 000 Stellen. „Das ist keine von uns verursacht­e Krise. Aber es ist die Krise, mit der wir konfrontie­rt sind, und wir müssen uns mit ihr befassen“, sagte Konzernche­f Warren East am Mittwoch in London. Betroffen ist vor allem die zivile Luftfahrts­parte des Konzerns, die Antriebe für Großraumfl­ugzeuge baut, die auf Langstreck­enverbindu­ngen von Kontinent zu Kontinent zum Einsatz kommen.

Der Jobabbau soll neben anderen Maßnahmen jährlich Einsparung­en in Höhe von rund 1,3 Milliarden Pfund (1,45 Milliarden Euro) bringen. Nicht betroffen von den Stellenstr­eichungen ist die Verteidigu­ngssparte von Rolls-Royce. Der Motorenbau­er Rolls-Royce Power Systems (RRPS) mit Sitz in Friedrichs­hafen und der spanische Luftfahrtz­ulieferer ITP erarbeiten dagegen selbst zurzeit „umfangreic­he Maßnahmen zur Bewältigun­g der aktuellen Situation“, wie East weiter erklärte.

RRPS mit seiner Kernmarke MTU „kann zurzeit noch arbeiten und hat Aufträge“, wie ein Unternehme­nssprecher der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte. Allerdings wirke sich die Pandemie mehr und mehr auf die Auftragsla­ge aus. „Kunden stornieren ihre Aufträge oder verschiebe­n sie ins nächste Jahr“, sagte der Sprecher weiter. Die wirtschaft­liche Entwicklun­g mache sich bei RRPS mit Verzögerun­g bemerkbar. „Wir beobachten permanent die Situation und erörtern zusammen mit dem Betriebsra­t die Notwendigk­eit von Kurzarbeit“, erklärte der Sprecher.

Noch ist nach Angaben des Unternehme­ns kein deutscher Standort von RRPS in Kurzarbeit. In Norwegen bei der Tochter Bergen Engines und in den USA sieht das nach Unternehme­nsangaben anders aus. Im norwegisch­en Bergen ruht die Produktion, in den USA habe man die Mitarbeite­r in unbezahlte­n Urlaub geschickt. „Insgesamt liegt die Produktion bei 60 Prozent unserer Gesamtkapa­zität“, sagt der Sprecher. RRPS beschäftig­t 10 300 Mitarbeite­r, davon 6900 in Deutschlan­d und 5500 in Friedrichs­hafen.

RRPS-Betriebsra­tschef Thomas Bittelmeye­r hält es für denkbar, „dass einzelne Bereiche“von RRPS in Kurzarbeit gehen. „Ein größerer Abbau von Arbeitsplä­tzen bei uns halte ich allerdings für unrealisti­sch, weil die Standortsi­cherung gilt“, sagte der Arbeitnehm­ervertrete­r im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung, die betriebsbe­dingte Kündigunge­n ausschließ­t, läuft noch bis 2023. Natürlich habe auch RRPS zu kämpfen, aber „lange nicht so wie die zivile Luftfahrt“.

Schon vor der Corona-Pandemie hat es für den Gesamtkonz­ern RollsRoyce schlecht ausgesehen, mit der Pandemie entwickelt sich die Situation verheerend. Seit Jahren hat die Triebwerks­sparte Probleme mit dem neuen Produkt Trent 1000 und schreibt Verluste, die der Verteidigu­ngsbereich und vor allem der Friedrichs­hafener Motorenbau­er RRPS ausgleiche­n müssen. Allein im Jahr 2019 musste Rolls-Royce mehr als 1,6 Milliarden Euro wegen der fehlerhaft­en Antriebe zahlen, weswegen der Konzern das Jahr bei einem Umsatz von 18,6 Milliarden Euro mit einem Verlust von 954 Millionen Euro abschloss. Nun steht die gesamte Luftfahrti­ndustrie still.

Es wird nach Schätzunge­n von Fachleuten Jahre dauern, bis die Branche wieder auf Vorkrisenn­iveau ist. Die Situation, in der Flugzeugba­uer und ihre Zulieferer stecken, verschärft sich mehr und mehr, weil die Fluggesell­schaften ihre Investitio­nen in neue Jets drastisch zurückfahr­en werden. „Für Rolls-Royce sieht es sehr gefährlich aus“, sagt Bittelmeye­r mit Blick auf den Mutterkonz­ern seines Unternehme­ns. Und auch die Finanzwelt scheint das Vertrauen in die Traditions­firma verloren zu haben. Der Wert der Aktie verlor innerhalb eines Jahres mehr als 70 Prozent. Inzwischen kostet der Gesamtkonz­ern nur noch rund 5,8 Milliarden Euro.

 ?? FOTO: RAINER WEISFLOG ?? Triebwerks­bau bei Rolls-Royce: Die Corona-Pandemie und Probleme mit einem speziellen Triebwerk haben die Mutter von Rolls-Royce Power Systems tief in die roten Zahlen gebracht, nun fallen rund 9000 Jobs weg. Unklar sind die langfristi­gen Auswirkung­en der Krise auf den Friedrichs­hafener Motorenbau­er.
FOTO: RAINER WEISFLOG Triebwerks­bau bei Rolls-Royce: Die Corona-Pandemie und Probleme mit einem speziellen Triebwerk haben die Mutter von Rolls-Royce Power Systems tief in die roten Zahlen gebracht, nun fallen rund 9000 Jobs weg. Unklar sind die langfristi­gen Auswirkung­en der Krise auf den Friedrichs­hafener Motorenbau­er.

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