Der Rino macht das schon
VfB Stuttgart spricht seinem Trainer Pellegrino Matarazzo eine Jobgarantie aus – auch bei verpasstem Aufstieg
- Die Gesetze der Branche sind in manchen Szenarien eigentlich unumstößlich. Kriselt ein Club, wird meist der Trainer hinterfragt. Das Demontieren schaukelt sich anschließend über ein paar Wochen hoch, am Ende steht zwangsläufig die Entlassung. Auch beim VfB Stuttgart haben die Übungsleiter meist keine lange Halbwertszeit, doch trotz der Niederlagen gegen Wehen Wiesbaden und Holstein Kiel, dem Vorentscheidungsspiel gegen den Hamburger SV (Do., 20.30/ Sky) vor der Brust und der engen Tabellensituation soll beim Aufstiegsanwärter diesmal alles anders werden – egal was noch passiert.
„Hier ist intern ganz klar, dass Rino in jedem Fall unser Trainer ist nächstes Jahr“, sagte Sportdirektor Sven Mislintat. „Die Frage können wir uns echt sparen, auch wenn wir gegen den HSV und Dresden verlieren sollten, können wir uns das sparen.“Auch Vorstandschef Thomas Hitzlsperger sprach sein Vertrauen aus. „Wir sind vom Trainer überzeugt, das muss man ganz klar sagen“, versicherte der 38-Jährige im SWR und nahm die Spieler in die Pflicht: „Wir können nicht nur denken, dass wir ein guter Club sind, wir müssen liefern.“Eine Trainerdiskussion soll am Wasen also im Keim erstickt werden, auch wenn solche Aussagen in der jetzigen Situation durchaus mutig sind. Denn egal, was nun noch kommen sollte, den erst im Winter verpflichteten Coach Pellegrino Matarazzo nun doch zu entlassen, dürfte beinahe unmöglich sein.
Damit senden Mislintat und Hitzlsperger auch ein klares Signal an die zuletzt enttäuschende Mannschaft. Nach zwei Niederlagen in Serie zum Neustart nach der CoronaUnterbrechung
stehen die Schwaben mächtig unter Erfolgsdruck. Mit einer Niederlage würde der Baum mächtig brennen. Bei einem Sieg dagegen würden die Stuttgarter wieder auf Platz zwei vorrücken und hätten weiter alles in der eigenen Hand.
Mislintat ist sich sicher, dass Matarazzo
die Mannschaft optimal auf die richtungsweisende Partie vorbereiten wird. „Rino macht einen herausragenden Job. Im Übrigen schätzt auch die Mannschaft Rino sehr“, sagte der 47-Jährige. Aber das Team ließ nicht nur ihren Coach zuletzt im Stich. Auch wenn Mislintat und Matarazzo betonten, dass bei der 2:3-Niederlage in Kiel im Vergleich zum 1:2 in Wiesbaden eine klare Steigerung zu erkennen gewesen sei, bleiben Zweifel. Denn auch im hohen Norden wurden altbekannte Probleme deutlich. Zwar zeigte der VfB nach dem frühen Platzverweis gegen Daniel Didavi die noch in Hessen vermisste Widerstandsfähigkeit. Anders als in Wiesbaden wehrten sich die Schwaben gegen die drohende Niederlage. Aber die Problemmuster waren die gleichen wie schon in der gesamten Saison: Die Chancenverwertung blieb schwach, in eigenem Ballbesitz fehlte die Zielstrebigkeit – und ganz generell scheint ein Großteil der Spieler weit von seiner Normalform entfernt zu sein.
Es zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Kader, dass kaum ein Profi an seinem Limit performt. Fast 20 Spieler hat Mislintat seit seinem Jobantritt vor gut einem Jahr bislang verpflichtet. Aber keiner dieser Spieler wertet diese Mannschaft deutlich auf. Es kommt erschwerend hinzu, dass auch viele der erfahreneren Profis derzeit nicht mit Leistung vorangehen können: Mario Gomez vergab auch in Kiel gute Chancen, Kapitän Marc Oliver Kempf saß zunächst nur auf der Bank, Gonzalo Castro spielte gar nicht, Didavi fiel nur durch seinen vermeidbaren Platzverweis auf.
„Wir haben nie gesagt, dass das ein Selbstläufer wird, sondern jeder erwartet, dass das ein Selbstläufer wird“, sagte Mislintat. Hitzlsperger stellte noch einmal klar: „Wir wollen aufsteigen, und jeder hat den Ernst erkannt.“Zudem könnte sich die Stimmung auch schnell wieder drehen, aber nur bei einem Sieg gegen den HSV, wie Mislintat weiß: „Fakt ist, das ist ein ganz wichtiges Spiel. Aber auch eine Riesenchance, sich zu rehabilitieren.“