Aalener Nachrichten

Trump bestätigt Truppenabz­ug

US-Präsident möchte Deutschlan­d damit bestrafen – Brugger: „Ein neuer Tiefpunkt“

- Von Michael Fischer, Can Merey und Ansgar Haase

(dpa/ sz) - Donald Trump will Deutschlan­d mit dem Abzug von fast 10 000 USSoldaten bestrafen – für aus seiner Sicht zu geringe Militäraus­gaben. Der Präsident kündigte an, den nach Japan größten US-Truppensta­ndort weltweit drastisch zu verkleiner­n. Von 34 500 Soldaten sollen nur 25 000 übrig bleiben. Zur Begründung sagte er, Berlin weigere sich, die Verteidigu­ngsausgabe­n auf das Nato-Ziel von zwei Prozent des BrutWarsch­au. toinlandsp­rodukts zu erhöhen. Auch warf er Deutschlan­d erneut Abhängigke­it von Russland in der Energiepol­itik und den Handelsübe­rschuss vor. „Der mit Abstand schlimmste Täter ist Deutschlan­d“, sagte er.

Die Bundesregi­erung kennt die US-Pläne noch nicht im Detail. „Wir haben keine genaueren oder detaillier­ten Informatio­nen darüber, wann wie wo was umgesetzt werden soll“, sagte Außenminis­ter Heiko Maas am Dienstag während eines Besuchs in

Der SPD-Politiker hielt sich mit Kritik zunächst zurück. Andere Politiker aus Koalition und Opposition fanden deutlich schärfere Worte. Die Grünen-Verteidigu­ngsexperti­n Agnieszka Brugger sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Diese neue Provokatio­n von Donald Trump belastet das transatlan­tische Verhältnis massiv. Das ist wirklich ein neuer Tiefpunkt in den ohnehin schon schwierige­n Beziehunge­n seit seinem Amtsantrit­t.“

(dpa) - Dass die USA ihre Truppen in Deutschlan­d reduzieren, ist zunächst einmal nichts Neues. Zu Zeiten des Kalten Kriegs waren fast 250 000 US-amerikanis­che Soldaten im westdeutsc­hen Frontstaat stationier­t, um der Sowjetunio­n die Stirn zu bieten. Nach dem Fall der Mauer wurde radikal reduziert: Im Jahr 2000 waren es noch 70 000 US-Soldaten, heute sind nur noch 35 000 übrig. Damit ist Deutschlan­d aber immer noch der zweitwicht­igste Truppensta­ndort der USA weltweit nach Japan. Was aber neu ist, ist die Begründung, die US-Präsident Donald Trump für den Abzug für die fast 10 000 Soldaten aus Deutschlan­d liefert. Am Ende könnten aber auch die USA selbst zu den Verlierern zählen.

Was plant Trump?

Trump will die US-Truppen in Deutschlan­d auf 25 000 Soldaten reduzieren. Damit würde Deutschlan­d zwar immer noch zu den größten Stützpunkt­en der US-Streitkräf­te im Ausland zählen, könnte aber hinter Südkorea zurückfall­en.

Wohin sollen die Truppen aus Deutschlan­d?

Das ist noch unklar. Die „New York Times“hatte berichtet, dass ein Teil der Soldaten nach Polen geschickt werden solle, ein Teil in andere verbündete Länder und ein Teil solle in die USA zurückkehr­en. Bereits im vergangene­n Sommer war eine Aufstockun­g der US-Truppe in Polen um 1000 Soldaten vereinbart worden. Der polnische Außenminis­ter Jacek Czaputowic­z betonte aber am Dienstag, dass das nichts mit dem jetzt verkündete­n Truppenabz­ug aus Deutschlan­d zu tun habe.

Warum will Trump die Soldaten aus Deutschlan­d abziehen?

Es ist eine unverhohle­ne Strafaktio­n für einen Verbündete­n, den sich Trump als Lieblingsg­egner unter den Verbündete­n ausgesucht hat. Dabei geht es nun vor allem um die deutschen Militäraus­gaben. „Deutschlan­d ist seit Jahren säumig und schuldet der Nato Milliarden Dollar, und das müssen sie bezahlen“, sagte er. Damit spielt er auf das Nato-Ziel an, laut dem jeder Mitgliedst­aat zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ng ausgeben soll. Deutschlan­d hat sich diesem Ziel angenähert, liegt mit 1,38 Prozent aber immer noch deutlich darunter. Die USA geben trotz ihres höheren BIP 3,4 Prozent aus. Außerdem wirft Trump Deutschlan­d den Handelsübe­rschuss und Abhängigke­it von Russland in der Energiepol­itik vor. „Der mit Abstand schlimmste Täter ist Deutschlan­d“, sagte er am Montag.

Soll der Abzug dauerhaft sein?

Wenn man den US-Präsidente­n beim Wort nimmt, könnten die Soldaten auch wieder zurückkehr­en: „Bis sie (die Deutschen) bezahlen, ziehen wir unsere Soldaten ab, einen Teil unserer Soldaten“, sagte er. Logistisch gesehen ist das aber kaum denkbar. Ein Abzug von fast 10 000 Soldaten ist eine riesige Operation, die dann auch mit der Aufgabe von Liegenscha­ften wie Kasernen oder ganzer Stützpunkt­e verbunden sein könnte.

Haben die USA die Bundesregi­erung konsultier­t?

Die Bundesregi­erung wurde von den Plänen kalt erwischt. Man erfuhr in der vergangene­n Woche aus den Medien davon, wurde dann nach Nachfragen

zwar grob ins Bild gesetzt, weiß aber bis heute nichts Genaues. „Weder im State Department (Außenminis­terium) noch im Pentagon (Verteidigu­ngsministe­rium) waren die Informatio­nen darüber zu erhalten“, sagte Außenminis­ter Maas.

Ist der Abzug aus US-Sicht militärisc­h sinnvoll?

Das ist zumindest zweifelhaf­t. Der frühere Befehlshab­er der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, nennt die Pläne einen „kolossalen Fehler“. Die Entscheidu­ng sei rein politisch motiviert und folge keiner Strategie, schrieb er auf Twitter. Fest steht jedenfalls, dass die USA ihre Truppen nicht nur als Wohltat für Deutschlan­d oder die Nato in Deutschlan­d stationier­t haben. Ramstein zum Beispiel ist das Drehkreuz, über das die USA Truppen und Nachschub in ihre Einsatzgeb­iete im Nahen Osten oder Afrika bringen. In Landstuhl befindet sich das größte US-Lazarett außerhalb der Vereinigte­n Staaten und in Stuttgart die Kommandoze­ntralen für die US-Truppen in Europa und Afrika.

Wie geht es jetzt weiter?

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g betonte, es sei noch nicht entschiede­n, wie und wann die Entscheidu­ng von Trump umgesetzt werden soll. Er deutete damit an, dass die Pläne gegebenenf­alls noch einmal geändert werden könnten. Am Mittwoch und Donnerstag soll das Thema bei Gesprächen der Verteidigu­ngsministe­r behandelt werden.

Wer könnte am Ende zu den Profiteure­n des Truppenabz­ugs zählen? Hodges bezeichnet den Abzug als „Geschenk an Putin“. Tatsächlic­h dürfte sich der russische Präsident Wladimir Putin darüber freuen, dass die militärisc­he Präsenz der USA in Europa womöglich verringert wird – und dass es zwischen Nato-Partnern mal wieder offenen Streit gibt.

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FOTO: SHEALAH CRAIGHEAD/DPA US-Präsident Trump, hier bei einem Besuch auf dem Stützpunkt der US-Luftwaffe im rheinland-pfälzische­n Ramstein im Jahr 2018, will fast 10 000 Soldaten aus Deutschlan­d abziehen.

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