Aalener Nachrichten

Staatsanwa­lt wirft 83-Jährigem versuchten Mord vor

Landgerich­t verhandelt das blutige Ende eines Beziehungs­dramas im Keller eines Hauses in Bad Saulgau

- Von Rudi Multer

- Wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung muss sich seit Dienstag vor dem Landgerich­t Ravensburg ein 83-jähriger Rentner aus Bad Saulgau (Landkreis Sigmaringe­n) verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, dass er seine 64 Jahre alte einstige Lebensgefä­hrtin im Keller eines Mietshause­s in Bad Saulgau mit Messerstic­hen umbringen wollte und dabei lebensgefä­hrlich verletzte.

Mit einem Küchenmess­er mit einer 12,5 Zentimeter langen Klinge soll der Angeklagte am späten Nachmittag des 21. Januar auf seine frühere Lebenspart­nerin im Keller jenes Hauses gewartet haben, in dem beide zur Zeitpunkt der Tat wohnten. 18 Messerstic­he soll er der ahnungslos­en Frau versetzt haben. Mit dem Tatvorwurf „Versuchter Mord“geht die Staatsanwa­ltschaft bei dem 83-Jährigen vom Tatmerkmal der „Heimtücke“aus.

Mehrere Wochen lag die Frau im Koma, zuletzt wurde sie an der Uniklinik in Tübingen behandelt. Ein Teil der Bauchspeic­heldrüse musste ihr nach der Attacke entfernt werden. Das Opfer klagt noch heute über Probleme beim Atmen und vor allem über heftige Angstattac­ken.

Auf elf Verhandlun­gstage ist das Hauptverfa­hren vorläufig terminiert. Verhandelt wird in reduzierte­m Tempo. Der Angeklagte leidet unter Schwerhöri­gkeit und Sprachprob­lemen. Zwei „Übersetzer­innen“protokolli­eren die Aussagen für den Angeklagte­n auf einen Bildschirm, damit er sie lesen kann.

So brutal die Tat, so emotional war der Verhandlun­gsauftakt. Immer wieder weinte der Angeklagte. Der gelernte Lackierer wurde 1936 in Maribor im heutigen Slowenien geboren und 1964 von seinem Arbeitgebe­r nach Deutschlan­d geschickt. Vor zehn Jahren lernte der Angeklagte die heute 64-Jährige beim Tanzen kennen. Sie fand den 20 Jahre älteren Mann attraktiv: „Er war gepflegt, hatte sehr gutes Benehmen. Er hat dem entsproche­n, was ich von einem Mann erwarte“, sagte die 64-Jährige. Relativ bald lernte sie aber auch eine andere Seite ihres neuen Partners kennen. „Innerhalb von Sekunden konnte seine Stimmung wechseln.“Es kam zu gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen. „Es ging immer um Kleinigkei­ten.“Mal wurde er böse, weil sie in Tanzkleidu­ng zum Arbeiten ging, mal sollte sie die Haare anders tragen, mal krittelte er herum, wenn sie sich im Lokal mit anderen Männern unterhielt.

Noch den dritten Advent im vergangene­n Jahr feierten sie gemeinsam. Dann folgte die endgültige Trennung. Sie eröffnete ihm, dass er nicht mehr bei ihr schlafen könne. Er erfuhr, dass sie einen neuen Freund hat. „Ich war so anhänglich. Ich wollte vor ihr zeigen, dass ich ohne sie nicht leben kann“, sagte der Angeklagte unter Tränen. Er entwickelt­e in der Befragung zum Sachverhal­t eine eigene Darstellun­g des Tathergang­s. Mehrmals sei er in den Keller gegangen, in der Hoffnung, sie zu treffen. Als er sie traf, habe er sich vor ihren Augen die Pulsadern aufgeschni­tten, woraufhin seine Partnerin ihm einen Messerstic­h in den Bauch versetzt habe, so die Version des Angeklagte­n. Wie es tatsächlic­h war, wird das Gericht in den kommenden Verhandlun­gstagen ermitteln müssen.

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FOTO: KÄSTLE/DPA Ein 83-Jähriger muss sich vor dem Landgerich­t verantwort­en.

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