„Provokation von Donald Trump belastet das transatlantische Verhältnis massiv“
- Welche Folgen der Abzug der USTruppen aus Deutschland haben könnte, hat Sebastian Heilemann die GrünenVerteidigungsexpertin Agnieszka Brugger gefragt.
Frau Brugger, wie wirkt sich der Abzug von 9500 US-Soldaten auf die Sicherheitslage in Deutschland und Europa aus?
Was unsere tägliche Sicherheit betrifft, wird sich dadurch erst einmal nichts ändern. Aber diese neue Provokation von Donald Trump belastet das transatlantische Verhältnis massiv. Das ist wirklich ein neuer Tiefpunkt in den ohnehin schon schwierigen Beziehungen seit seinem Amtsantritt.
Wird der Abzug Deutschland wirtschaftlich schaden?
Der wirtschaftliche Schaden ist für die betroffene Region nicht besonders groß, es bedeutet natürlich etwas weniger Menschen in den lokalen Geschäften. Donald Trump schadet vor allem dem eigenen Militär und diese Ankündigung wirkt wie eine kindische Racheaktion. Die Standorte in Stuttgart, Ramstein und Landstuhl sind von großer Relevanz für die US-amerikanischen Operationen in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten. Deshalb hat die Ankündigung auch Widerstand bei der eigenen Partei und den Generälen provoziert.
Was bedeutet die Entscheidung für die Stabilität der Nato?
Schon vor diesem Affront hat Donald Trump mehrfach bewiesen, dass er kein Interesse an einer engen Abstimmung mit den Partnern hat. Die Nato ist in einer existenziellen Krise, weil es eine Reihe von ungelösten internen Konflikten gibt. Eigentlich bräuchte es eine ehrliche, auch kritische Debatte unter Partnern gerade mit Blick auf die europäischen Standorte. Wir müssten dringend über den völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg oder die in Rheinland-Pfalz stationierten US-Atomwaffen sprechen. Ich habe aber keine Hoffnung, dass solche auch schwierigen Debatten mit diesem Präsidenten Sinn machen.
Wie sollte die Bundesregierung jetzt reagieren?
Reisende sollte man nicht aufhalten, die Bundesregierung sollte mit Blick auf diese konkrete Entscheidung gelassen bleiben. Bei Donald Trump muss man zudem immer abwarten, wie und ob dieser Abzug wirklich umgesetzt wird. Gleichzeitig muss die Bundesregierung auch irgendwann einmal die Botschaft senden: Wir schauen nicht einfach so zu, wenn Donald Trump uns beleidigt und die internationale Friedensordnung gefährdet. Das betrifft zum Beispiel die Debatte um den Abzug der hier stationierten US-Atomwaffen, wo sich die Bundesregierung ängstlich wegduckt.
Die Truppen sollen nun in Polen aufgestockt werden. Welches Signal sendet das nach Moskau? Sollte es keinen Abzug, sondern eine Verlegung geben, könnte im Zusammenspiel mit anderen viel problematischeren Entscheidungen unterm Strich unsere Sicherheit in Europa durchaus beeinträchtigt werden. Donald Trump killt ständig internationale Verträge im Bereich der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Zuletzt hat er das Open-SkiesAbkommen aufgekündigt, das gegenseitige Kontrollflüge mit Russland möglich macht und so Vertrauen stärkt. Wenn dauerhaft und in größerer Zahl US-Truppen in Polen stationiert werden, stellt das die Nato-Russland-Akte und damit ein zentrales Dokument für unsere Sicherheit in Europa infrage. Da müssen wir in Europa auch endlich lernen, mehr mit einer Stimme zu sprechen und selbstbewusster internationale Verträge zu verteidigen.