Aalener Nachrichten

Sinnlich, farbenfroh und naturverbu­nden

Die Kunsthalle Weishaupt in Ulm ist wieder geöffnet und überrascht mit einem sommerlich­en Zwischensp­iel

- Von Florian Bührer

- Es ist so weit: Die Kunsthalle Weishaupt hat wieder geöffnet. Wegen des Coronaviru­s musste die geplante Ausstellun­g mit dem Schweizer Bildhauer Beat Zoderer in den Herbst verschoben werden. Auf die Schnelle hat das Team die Schau „Intermezzo“mit Werken aus der Sammlung realisiert. Das sommerlich­e Zwischensp­iel überrascht. Am Ende gibt es für die Besucher einen Rat für die Zukunft mit auf den Weg.

Hätte es das Coronaviru­s nicht gegeben, würden in den beiden Ausstellun­gsetagen jetzt Skulpturen des Schweizer Bildhauers Beat Zoderer stehen und seine Objekte an den Wänden hängen, gefertigt aus bunten Alltagsgeg­enständen wie Klebeband, Schaumstof­f oder farbigen Büroordner­n. Ein „anarchisch-ironisches Spiel mit dem Erbe der Konkreten Kunst“, schreibt die Kunsthalle auf ihrer Homepage dazu. Normalerwe­ise steht in Ulms „Neuer Mitte“meist das Konkrete und Minimalist­ische im Vordergrun­d. Das aktuelle Zwischensp­iel ist so naturverbu­nden und sinnlich wie wohl selten eine Ausstellun­g in der Kunsthalle.

Für Leiterin Kathrin WeishauptT­heobold und ihr Team ist es „ein heiteres und zugleich ernsthafte­s Intermezzo“, das sie da aus der Sammlung zusammenge­tragen haben. Ein Raum steht ganz im Zeichen der Natur und widmet sich den Themen Pflanzen und Wasser. Hier hängen Andy Warhols großformat­ige Blumenvari­ationen „Flowers“oder Imi Knoebels „Gartenbild“, – eine Installati­on aus Aluminiumt­eilen, bei der die leuchtende­n Farben an einen üppigen, bunten Blumengart­en erinnern.

Erstmals zeigt die Kunsthalle zwei Landschaft­sbilder von Julian Schnabel. Dabei wandert der Blick über einen strahlend blauen Himmel, über hügelige Landschaft­en und saftiges

Grün. Eine Idylle, passend für ein Wochenende im Freien, wären da nicht die Farbklecks­e, die irritieren und Raum für Spekulatio­nen lassen. Ist die unberührte Natur nur noch eine schöne Vorstellun­g? Existiert ihre Ewigkeit nur in unseren Köpfen?

Medien- und epochenübe­rgreifend stehen sich Arbeiten von unterschie­dlichen Künstlern gegenüber. Die Ausstellun­g erfolgt einer thematisch­en, nicht einer kunsthisto­rischen Anordnung. Im Raum der Stille hängen eine Farbfeldma­lerei von Mark Rothko und drei große Kissenbild­er von Gotthard Graubner. Von Rothkos abstrakten vibrierend­en Farbfläche­n ist es nur ein Sprung zu Graubners monochrome­n „Farbkörper­n“, wie er sie nennt. Bei ihm kommt noch das Körperhaft­e hinzu, hat er doch mehrere Schichten Farbe auf Polster aufgetrage­n und diese auf Leinwände gespannt.

Im zweiten Obergescho­ss blickt man unmittelba­r auf die Spiegelarb­eiten des Konzeptkün­stlers Robert Barry, die den Raum optisch vergrößern. Tritt man nah genug an sie heran, so ergeben sich aus den weißen Flächen auf dem Glas einzelne, von jedem Zusammenha­ng befreite Wörter, wie etwa „doubt“, „loved“oder „desperate“. Der Betrachter ist plötzlich nicht mehr nur mit seinem Spiegelbil­d konfrontie­rt, sondern auch mit mehreren seelischen Zuständen. Ob er will oder nicht, ist er nun Teil des Kunstwerks.

Im letzten Raum hängt die sechsteili­ge Serie großformat­iger SchwarzWei­ß-Fotografie­n von Jürgen Klauke mit dem Titel „Sich selbst optimieren­des System“. Klauke bringt dabei Kabel zum Schwingen, bis diese Bild für Bild aus den Fugen geraten. Er spielt damit auf die Anfälligke­it eines Systems an. Gegenüber hängen großformat­ige Kohlezeich­nungen von Robert Longo. Seine fotorealis­tischen Werke haben etwas Wahrhaftes und Dokumentar­isches. Seine „Erde“beispielsw­eise ist mit Wolken überzogen. Es könnten aber genau so gut Feuerstürm­e sein.

Schon vor Jahren entstand die Neonarbeit „Get the Future“des italienisc­hen Künstlers Maurizio Nannucci. Steht man im passenden Winkel, spiegelt sich nun auf dem Glas der Bilder drumherum der plakative Appell. Sprichwört­lich erscheint er heute in einem neuen Licht.

 ?? FOTO: KUNSTHALLE WEISHAUPT ?? Andy Warhols „Flowers“(links) und Julian Schnabels Landschaft­sbilder (rechts) hängen derzeit in der Kunsthalle Weishaupt. Heiter, bunt und verspielt – so macht das Haus mit „Intermezzo“Lust auf den Sommer.
FOTO: KUNSTHALLE WEISHAUPT Andy Warhols „Flowers“(links) und Julian Schnabels Landschaft­sbilder (rechts) hängen derzeit in der Kunsthalle Weishaupt. Heiter, bunt und verspielt – so macht das Haus mit „Intermezzo“Lust auf den Sommer.

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